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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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sichere Seite des Zauns.
    »Du hast keinen Schimmer, wo du hier bist, stimmt’s?«, fragt er schroff und nimmt einen weiteren Heuballen in Angriff.
    »Doch«, sage ich. »Auf einem Berg mitten in Israel.« Ach nee!
    »Um genau zu sein, im nördlichen Teil von Israel, nicht in der Mitte. Auf den Golanhöhen.«
    »Und?«
    »Amis«, murmelt er und schüttelt langsam und sichtlich genervt den Kopf.
    »Okay, was ist so Besonderes an den Golanhöhen?«
    »Sagen wir mal so, Syrien ist in dieser Richtung nur ungefähr zehn Meilen weg.« Er deutet irgendwohin. »Für ein jüdisches Mädchen weißt du nicht viel über deine Heimat.«
    Ja, nur dass ich keine Jüdin bin. Aber das verrate ich ihm nicht, weil er mich dann wahrscheinlich noch blöder anmachen würde. Jedenfalls bin ich froh, als er sich umdreht und zurück auf die Schafweide geht.
    »Ärg!«
    Bei dem Geräusch zu meinen Füßen zucke ich zusammen. Ein räudiger, völlig verdreckter Welpe, der vermutlich mal weiß war, haut mir mit Karacho seinen Schwanz gegen die Beine. Als ich ihn ansehe, rollt er sich auf den Rücken und reckt die Pfoten in die Luft.
    »Sorry«, sage ich zu dem Köter, »Aber ich steh nicht so auf Hunde.« Such dir einen anderen Dummen, der seine Hände an deinem versifften, flohverseuchten Bauch reibt. Ein Katzenfreund bin ich übrigens auch nicht. Eigentlich mag ich gar keine Tiere. Und von ganzen Herden von Viechern umgeben zu sein, verursacht mir Juckreiz.
    Ich mache mich langsam auf den Rückweg. Dummerweise folgt mir der Köter.
    »Ärg!«, kläfft das Vieh wieder.
    Ich laufe weiter.
    »Weißt du nicht, dass Hunde ›Wuff‹ machen und nicht ›Ärg‹?«, frage ich ihn. »Was soll das werden? Machst du einen auf Pirat oder was?«
    Der Hund antwortet mir mit einem weiteren »Ärg«. Diesmal schriller als zuvor, als wolle er mich absichtlich ärgern. Also so, wie mein Tag bisher verlaufen ist, würde mich das nicht wundern.
    »Wuff! Wuff! Wuff!«
    Man könnte denken, der Köter verarscht mich, oder? Doch als ich mich zu dem rauen, tiefen Bellen umdrehe, wird mir schlagartig klar, dass der Köter Freunde hat. Viele Freunde.
    Außerdem lag ich falsch damit, dass er völlig verdreckt ist. Diese fünf Hunde starren nur so vor Schmutz – dagegen wirkt der Köterwelpe geradezu gepflegt. Und noch außerdemer sind sie sehr, sehr groß.
    Sie rennen auf mich zu und bellen sich die Kehle aus dem Hals, als hätte ich ihr Junges entführt.
    Panik ist nicht das richtige Wort, um zu beschreiben, was in mir vorgeht. Als mein Leben blitzartig vor meinem inneren Auge vorüberzieht, wäge ich kurz meine zwei Optionen ab. Ich könnte entweder über den Zaun ins Minenfeld hechten oder in den Schafpferch.
    Ich habe keine Zeit zu verlieren, also renne ich, so schnell mich meine verschwitzten, müden, schmerzenden Beine tragen. Während ich rase, bin ich mir nicht einmal darüber im Klaren, für welche der beiden Möglichkeiten ich mich entschieden habe.
    Ich renne schneller und schneller und nehme die hohen »Ärgs« zu meinen Füßen und die tiefen »Wuffs« nicht weit dahinter kaum mehr wahr. Nur noch ein kleines Stück, sagt mir mein vernebelter Verstand. Ich glaube, ich kreische und brülle Obszönitäten, aber ich kann es nicht sicher sagen, weil ich zu sehr mit meinen Beinen beschäftigt bin und mich nicht damit aufhalten kann, auch noch meinen Mund zu zensieren.
    Es erscheint mir wie eine halbe Ewigkeit. Als ich die Weide erreiche, gebe ich noch einmal richtig Gas. Mein Sportlehrer Mr Haraldson wäre stolz auf meinen Sprung. Ich bin letztes Schuljahr nicht mal in der Nähe einer Sporturkunde gekommen, aber mit diesem Satz stelle ich vermutlich gerade einen neuen Weltrekord auf.
    Ich hechte nicht gezielt irgendwohin, nehme alles nur undeutlich und verschwommen wahr. Dann kneife ich die Augen zu. Hoffentlich mache ich bei meiner Bruchlandung kein Schaf platt.
    Doch statt gegen ein Schaf zu knallen, bremst etwas Hartes, Festes meinen Sturz.
    Aus Angst vor dem, was kommt, traue ich mich nicht, die Augen zu öffnen, doch meine Nase ist im Himmel. Der Duft von Jungenschweiß umfängt mich.
    Kein ekliger, grottiger Körpergeruch, sondern dieses zarte Jungs-Moschus-Aroma, das mich tief einatmen lässt.
    Oh-oh, jetzt wird mir klar, was ich hier tue, wo ich bin und wessen Geruch ich inhaliere, als wäre er eine verdammte Rosenknospe – dabei ist es eigentlich nur ein Typ. Ich reiße die Augen auf.
    Fragt mich jetzt nicht, wie es kommt, dass ich rittlings auf

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