Nur ein kleiner Sommerflirt
oder?«
Ich höre mich schon an wie ein Botschafter für die Vereinigten Staaten.
Snotty schwingt ihren Rucksack über die Schulter und geht.
» Schalom , Amy. In zehn Minuten ist Abfahrt.«
Na toll, jetzt habe ich zwei Möglichkeiten: Snotty beweisen, dass sie falsch liegt, und zum Camping mitkommen, um nicht das Gesicht zu verlieren. Oder im Moschaw bleiben, dumm rumhängen und mit Ron und Onkel Schleim glatzkörperige Schafe hüten.
Ich gehe in Saftas Zimmer und setze mich zu ihr auf die Bettkante. Mein ganzes verkorkstes Leben wirbelt mir durch den Kopf und ich bin total durcheinander.
»Ich brauche deinen Rat.«
Sie lächelt mich freundlich an, wie immer. Ich bin so froh, dass ich sie habe, auch wenn wir uns viel zu spät kennengelernt haben.
»Es ist so«, sage ich und hole tief Luft. »Meine Mom will ihren Freund heiraten, diesen Kerl, den ich nicht besonders leiden kann. Ron … weißt du, dein Sohn, von dem war ich immer enttäuscht, weil er, um ganz ehrlich zu sein, kein fester Bezugspunkt in meinem Leben war. Ich stehe gerade mit beiden auf Kriegsfuß und weiß nicht mehr, wer ich bin und wo ich hingehöre. Und jetzt kommt auch noch dazu, dass O’snot mit ihren Freunden einen Campingtrip macht und ich irgendwie mal rauswill und ihr beweisen möchte, dass ich das packe, also überlege ich, ob ich mitfahren soll oder nicht.«
Safta wiegt nachdenklich den Kopf hin und her. Anscheinend versteht sie mein Dilemma und wägt das Für und Wider ab.
»Für ein sechzehnjähriges Mädchen musst du gerade ganz schön viel verdauen.«
Ich atme aus. »Wohl wahr.«
»Vielleicht tut es dir ganz gut, mal eine Weile wegzufahren. Die Idee mit dem Zeltausflug finde ich nicht verkehrt. Israel ist ein ganz besonderes Land, Amy. Vielleicht findest du, wonach du suchst.«
Sie hat recht. Ich brauche eine Auszeit. Ich küsse Safta auf die Wange und verlasse das Zimmer. In der Tür bleibe ich noch einmal stehen und drehe mich um. »Ich bin froh, dass du meine Safta bist.«
Sie neigt den Kopf und lächelt. »Ich auch.«
18
Allein gegen den Rest der Welt – kennt ihr dieses Gefühl?
Mein Herz rast, als ich einen leeren Rucksack am Fußende meines Bettes entdecke. Den muss ich vorher übersehen haben. Wahrscheinlich haben sie ihn mir da hingestellt. Hastig stopfe ich ein paar Klamotten hinein und gehe nach draußen.
Vor dem Haus klettern die anderen bereits hinten in einen offenen Jeep, der ein bisschen an einen Pritschenwagen erinnert. Vorne hat er eine Fahrerkabine und hinten eine Ladefläche, doch zu beiden Seiten sind Sitze angebracht, und oben entlang läuft eine Art Geländer.
Ich entdecke Snotty, die mir ein Halblächeln schenkt. Ja, ja, ich weiß. Sie hat jetzt Oberwasser, weil sie mich dazu gebracht hat, auf diesen Trip mitzukommen. Irgendwie. Eigentlich hatte ich von Anfang an vor mitzukommen.
Ron tritt mir in den Weg. »Ich möchte nicht, dass du mitfährst«, sagt er. »Du bist zu jung und gerade geht dir zu viel im Kopf rum.«
Als mir bewusst wird, dass schon alle eingestiegen sind und nun unserer Diskussion zuhören, verkrampfe ich mich. »Willst du mir das jetzt verbieten?«
»Das habe ich so nicht gesagt …«
»Ich will aber.«
Avi, der auf dem Fahrersitz saß, steigt aus, geht zu Ron und nimmt ihn beiseite, sodass ich nicht hören kann, was sie reden. Ich frage mich, was er wohl sagt. Was sie beide sagen.
Nach ein paar Minuten schütteln Ron und Avi sich die Hand, dann kommt Ron zu mir. Es ist ihm anzusehen, dass er schlechte Laune hat.
»Und?«
»Avi hat mir versprochen, dass er auf dich aufpasst«, sagt Ron. Damit geht er ins Haus zurück, weil Doda Yucky nach ihm ruft.
»Ich kann auf mich selbst aufpassen«, versichere ich Avi, als Ron außer Sichtweite ist.
»Steig ein«, befiehlt Avi.
»Ich mag es nicht, wenn man mich rumkommandiert.«
»Und ich mag es nicht, wenn sich wegen einer verwöhnten Ami-Zicke mein Sommerurlaub verzögert«, sagt er so leise, dass nur ich es verstehen kann.
Wenn Blicke töten könnten, dann würde ich jetzt eine Leiche anstarren. Von wegen verwöhnte Ami-Zicke! Ich bin nicht verwöhnt. Das weiß ich, weil meine Eltern es beide darauf anlegen, mein Leben zu zerstören. Genau. Der eine hat mich zu dieser Reise gezwungen, um mir zu beweisen, was für ein toller Dad er ist. Aber jede Wette, dass er nach diesem Urlaub wieder zu seinem bequemen Junggesellendasein zurückkehrt. Und meine Mom wollte mich den Sommer über loswerden, damit sie sich mit einem
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