Nur ein kleiner Sommerflirt
mit meinem Mund ganz nah an O’deads Ohr ran, bevor ich loslege. Zuerst mache ich so einen lang gezogenen Laut, der eigentlich gar nicht nach Schnarchen klingt, sondern eher wie ein lauter Atemzug.
Mit geschlossenen Augen hole ich tief Luft und atme aus, wobei ich die Zunge hinten gegen den Gaumen vibrieren lasse.
O’dead verändert seine Position – wahrscheinlich, damit ich aufwache. Nur funktioniert das leider nicht, weil ich ja nicht wirklich schlafe.
Ich schnarche etwas lauter. Diesmal mit ein bisschen zusätzlichem Nasenschnorcheln und Rachengeräusch. Nicht zu viel und nicht zu wenig.
So mache ich ein paar Minuten lang weiter und ignoriere sein Hin- und Herwälzen und Gezappel in dem Schlafsack, der maximal für eineinhalb Personen ausgelegt ist. Für diese Vorstellung hätte ich echt einen Oscar verdient. Manch einer würde vielleicht einwenden, dass es nicht nett ist, andere so auszuschmieren. Aber ich sage: Schlaf hat Vorrang. Und wenn ich nicht genug Schlaf bekomme, dann bin ich morgens noch unausstehlicher als sowieso schon.
Schwer Einatmen. Laut ausschnaufen. Nase-Rachen-Kombination. Leises Ausatmen. Nur die Nase. Lautes Ausatmen. Schweres Schnaufen. Normales Ausatmen.
Ich variiere ständig die Reihenfolge, damit es echt klingt. Genial, oder?
Jetzt kommt das Finale. Außer mir weiß das nur noch keiner.
Schweres Schnaufen. Leises Ausatmen.
Los geht’s …
Atemstillstands-Röcheln, so laut wie möglich. Normales Ausatmen. Das kenne ich von Marc. Mom glaubt, ich wüsste nicht, wann er bei uns übernachtet, weil er immer schon so gegen fünf Uhr früh das Haus verlässt. Dabei ist der Typ lauter als eine Zugkatastrophe. Ich frage mich, wie Mom das erträgt. Mich hält es jedenfalls die halbe Nacht wach und mein Zimmer liegt am anderen Ende des Gangs.
Ich gebe einen weiteren dieser abartigen Erstickungsanfall-Schnarcher von mir, und O’dead beginnt tatsächlich, aus dem Schlafsack zu kriechen.
Ziel erreicht.
Ich höre ihn weggehen und blinzle aus einem Auge, um ihm nachzuspionieren, wohin. Bestimmt fragt er Snotty, ob er bei ihr im Schlafsack übernachten darf. Ha! Ich bin so raffiniert.
Doch während ich unauffällig einäugig die Umgebung absuche, bekomme ich plötzlich so ein komisches Gefühl, als würde mich jemand beobachten. Dann wird mir klar, warum. Avi starrt mich aus seinen unendlich tiefen braunen Augen mit so einem Ich-habe-dich-durchschaut-Blick an.
Er geht mir langsam wirklich auf den Zeiger.
Ich gebe ein missbilligendes Knurren von mir, schließe schnell mein Auge und stelle mich wieder schlafend.
21
Wäre der Mensch fürs Wasser gemacht, hätte er Flossen.
»Amy, wach auf.«
Beim Klang von Snottys Stimme blinzle ich in die grelle Morgensonne.
»Ich schlafe«, sage ich, mache die Augen zu und drehe mich um.
»Du kannst später schlafen«, meint Snotty. »In fünf Minuten brechen wir auf.«
Ich stöhne, weil ich wie gesagt kein Frühaufsteher bin. Verdammt, manchmal bin ich sogar gar kein Aufsteher. Ich wälze mich wieder zurück und sehe Snotty mit zusammengekniffenen Augen an.
»Ich dachte, dieser Campingtrip wäre so eine Art Urlaub?«
»Ja. Und?«
»Warum sollte man dann aufstehen, ehe man muss?«
Snotty beugt sich vor und zieht mir das Kissen mit einem Ruck unter dem Kopf weg. Der dabei übrigens auf einen Stein knallt.
»Aua!«, schreie ich. »Gib das wieder her!«
Doch sie hört mir nicht zu, sondern hat mir schon den Rücken zugewandt und geht. Mit – wie ich hinzufügen möchte – meinem Kissen unter ihrer muffigen Achsel.
Okay, es ist nicht wirklich mein Kissen. Aber heute Nacht war es meins und es war richtig flauschig und weich und hat tröstlich gerochen. Ich weiß, das gibt es vermutlich gar nicht, aber so hat es sich eben für mich angefühlt – oder angerochen.
Widerstrebend stehe ich auf und tappe zu den anderen zum Jeep.
»Es ist noch viel zu früh«, sage ich mit jämmerlicher, verschlafener Stimme.
Niemand antwortet mir, alle sind mit Packen beschäftigt. Und alle sind bereits angezogen. Was ist los mit diesen Leuten, dass sie schon bei Tagesanbruch aufstehen und diverse Aktivitäten entwickeln?
»Bereit zum Abmarsch«, sagt Avi zu mir.
Ich breite die Arme aus, um auf meinen Pyjama hinzuweisen. »Sehe ich aus, als wäre ich bereit?«
»Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Ich habe dich nicht gefragt, ob du fertig bist. Ich meinte, wir fahren. Jetzt. Es dreht sich nicht immer alles um dich, Amy.«
Ich zeige ihm mein
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