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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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mit den Schlangengedärmen und beim Schafetreiben geholfen.
    Aber er ist auch arrogant, unhöflich und total ungehobelt.
    Könnte so einer auf mich stehen?
    Oder andersrum gefragt: Könnte ich auf so einen stehen?

20
    Etwas vorzutäuschen ist auch eine Methode, um seinen Kopf durchzusetzen.
    Wir sitzen alle um das Lagerfeuer, das dank der drei Jungs kräftig lodert, und hören Avi beim Gitarrespielen zu. Ich muss zugeben, er hat eine sehr schöne Stimme. Natürlich habe ich nicht den blassesten Schimmer, was er da singt, weil es auf Hebräisch ist. Wer hätte geahnt, dass die Abschleim-Räusper-Sprache zu Musik so schön klingen könnte.
    Er sieht mich nicht an, während er singt. O’dead und Snotty singen mit, ganz leise, passend zur Stimmung der Nacht. Doo-Doo und Ofra halten Händchen und bewegen sich zum Klang der Gitarre leicht hin und her.
    Snotty und O’dead sitzen sich gegenüber. Er starrt sie beim Singen mit großen, runden Augen an, doch sie merkt es gar nicht.
    Als das Lied aus ist, sage ich zu Avi: »Das ist ein wunderschöner Song. Hast du ihn geschrieben?«
    Ich habe noch immer den Klang des letzten Tons im Ohr, als Avi antwortet: »Ja.«
    »Um was geht es da?«, frage ich.
    Sein Gesicht wird ernst. »Um einen Jungen, der einen wichtigen Menschen verliert.«
    Ich nehme automatisch an, dass es sich dabei um ein Mädchen handelt, und könnte mich dafür ohrfeigen, dass mich plötzlich eine Woge der Eifersucht überrollt. Ich antworte nichts. Es wird still. Ich glaube noch immer, dass er mich hasst, aber irgendwie beschleicht mich auch so ein komisches Gefühl, als würde in seinen Worten eine Art Schmerz mitschwingen.
    Mir fällt wieder ein, was Ofra gesagt hat, und ich frage mich, wie ich seine wahren Gefühle für mich ergründen kann. Nicht, dass die mich wirklich interessieren würden, aber wie heißt es so schön: Es ist immer gut zu wissen, woran man ist.
    Bisher hat alles darauf hingedeutet, dass ihn meine Anwesenheit in Israel nervt und er mich für verzogen hält (was ich nicht bin).
    Noch immer herrscht Schweigen. Es ist, als würden alle darauf warten, dass etwas zwischen mir und Avi passiert. Liebe oder Hass. Krieg oder Frieden. Ich gönne ihnen nicht die Genugtuung, einen Blick hinter meine Fassade zu werfen. Verdammt noch mal, ich will die meiste Zeit nicht mal selbst wissen, wie es in mir aussieht oder wohin – dank meiner Eltern – mein Leben mal wieder steuert.
    Moms Plan, in die Vororte rauszuziehen, habe ich, so gut es geht, aus meinem Gedächtnis verbannt. Als Nächstes fällt ihr wahrscheinlich ein, dass sie mit diesem Kerl Kinder will. Ich mag vielleicht nur eine dumme Sechzehnjährige sein, aber eines weiß ich sicher: Ich werde nicht – noch mal für alle zum Mitschreiben –, ich werde NICHT dreckige Windeln wechseln.
    Allein der Gedanke an einen Umzug verursacht mir ein flaues Gefühl im Magen. Vielleicht nehmen Jessicas Eltern mich für die beiden letzten Schuljahre bei sich in der Wohnung auf. Ich könnte sogar Miete zahlen mit dem Geld, das Ron für mich angelegt hat. Unter normalen Umständen würde ich dieses Geld nicht anrühren, aber seit ich in Israel bin, gehört der Begriff Stolz nicht mehr zu meinem Wortschatz. Warum sollte sich daran etwas ändern, wenn ich nach Hause komme?
    Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie die anderen in ihre Schlafsäcke gekrabbelt sind.
    Nur ich habe keinen. Suchend sehe ich mich um. Seit Moron in der Armee ist, sind wir drei Jungs und drei Mädchen. Ich könnte bei Ofra unterkriechen, aber sie und Doo-Doo haben sich einen Platz etwas abseits der Gruppe gesucht und ihre Schlafsäcke mit dem Reißverschluss zusammengezippt. Bis heute Abend wusste ich nicht mal, dass sie ein Paar sind.
    Avi packt seine Gitarre in den Gitarrenkoffer. Snotty frage ich ganz sicher nicht, ob ich bei ihr schlafen kann – sie war schließlich diejenige, die mich dazu verleitet hat, überhaupt zu diesem kleinen Überlebenstraining mitzukommen.
    Avi merkt, dass ich dumm rumstehe und den anderen zusehe. Das nervt, weil ich von ihm echt kein Mitleid brauche. Na toll, jetzt kommt er auch noch zu mir rüber. Statt auf ihn zu warten, brennt in meinem Gehirn eine Sicherung durch, und ich fasse einen Entschluss. Zugegeben, mein Plan ist nicht gut durchdacht und erfordert einiges an Manipulation, aber ich denke, er wird zum Ziel führen.
    Ich ignoriere Avi und knie mich hastig neben O’dead.
    »O’dead«, sage ich zuckersüß und

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