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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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eingefangen haben. Zu dem Zeitpunkt war mir noch gar nicht bewusst, dass ich ein Amulett trug, doch als ich das kleine gelbe Flackern aufgenommen hatte, überkam mich eine große Erleichterung. Nein, Erleichterung ist nicht das richtige Wort, denn ich war danach immer noch verzweifelt. Ich denke mal, es war mehr wie bei einem Menschen, der am Verdursten ist und einen Fingerhut voll Wasser bekommt. Es war hochwillkommen, doch ich brauchte mehr, und erst da fiel mir auf, dass mir etwas fehlte. Allerdings war mir nicht klar, was ich getan hatte, und so folgte ich weiter dem Drang nach Osten.
    Schließlich landete ich vor St. Paul’s. Es war dunkel und die Straßen waren fast menschenleer. Der Drang, auf das Gebäude zuzugehen, war jetzt geradezu schmerzhaft, und so stieg ich die Stufen hoch. Ich blickte auf die Vorderfront und auf die gewaltigen Türen, als ich merkte, dass eine dunkle Gestalt erschienen war, die gerade durch die geschlossenen Türen gekommen war. Jemand in einem langen dunklen Umhang. Jemand wie ich.«
    »Matthew?«, vermutete ich.
    »Ja. Er war von dem Anführer dazu beordert worden, die Neuankömmlinge in dem Pferch einzusammeln.«
    »Der Anführer? Dann war Matthew damals nicht der Anführer?«
    »Nein, als ich zur Versunkenen wurde, war ein Mann namens Arthur der Anführer.«
    »Ach ja? Der einzige Arthur, den Callum mir gegenüber erwähnt hat, ist ein Typ, der Hochzeiten heimsucht. Aber das war auch schon alles. War er das vielleicht? Was ist mit ihm passiert?«
    »Ich habe keine Ahnung. Er war Anführer, bis ich gegangen bin.«
    »Callum hat mir erzählt, dass sie manchmal einen neuen Anführer wählen. Ich denke mal, sie haben ihn wahrscheinlich abgewählt. War er sehr lange Anführer?«
    »Eine ganze Weile schon. Aber Zeit ist da drüben sehr schwer abzuschätzen, daher bin ich mir nicht sicher. Vielleicht haben sie ihn wegen seines Benehmens abgewählt. Arthur und ein anderer Versunkener hatten einen … also ein Streit war es nicht direkt, aber sie kämpften darum, über etwas die Kontrolle zu haben.«
    »Was war das?«
    »Mein Mensch.«
    »Was? Dein Mensch?«
    »Ja, der Mann, der das Amulett gefunden und eine Verbindung zu mir hergestellt hat. Traditionsgemäß wird er dann mein Mensch. Er war meine Chance, diesem Leben zu entkommen, zu sterben, jedenfalls hatte ich das erwartet. Doch Arthur und Lucas hatten beide beschlossen, dass sie gehen durften. Arthur, weil er nach seiner Schätzung schon am längsten dort war, und Lucas, weil er der Ekelhafteste war.«
    »Ich kenne Lucas, oder besser, ich kannte ihn. Er hat eine Möglichkeit gefunden zu entkommen.«
    Überrascht hob sie die Augenbrauen. »Na, wenn einer das geschafft hat, dann er.« Erst nach einigen Sekunden sprach sie weiter. »Also, sie erklärten mir, was passiert war. Natürlich glaubte ich ihnen nicht. Das alles wirkte so grotesk. Aber ich war da, und das Amulett, fest mit meinem Handgelenk verschmolzen, wartete darauf, mich zu versklaven. Die nächsten Jahrzehnte sind dann ein wenig verschwommen. Es wurde zu einem endlosen Kreislauf von Erinnerungen suchen und erbeuten, um das Amulett aufzufüllen und gesund zu bleiben. Wie gesagt, merkte ich, dass ich die Erinnerungen bevorzugte, die ich von Menschen gesammelt hatte, die getrunken hatten und die nun wirklich nicht zu bemerken schienen, dass ihre Gedanken abhandengekommen waren. Ich wartete auf der Straße vor den Kneipen und Bars und erwischte die Leute, wenn sie aufbrachen. Ich denke mal, dass sie sich morgens einfach nicht mehr an den Abend davor erinnern konnten. Ich wurde darin ziemlich gut, und weil nur ich betrunkene Gedanken mochte, hatte ich auch nicht viel Konkurrenz.
    Doch eines Tages änderte sich alles. Am späten Nachmittag ging ich gerade am Strand entlang zur King’s College University Bar, wo die Studenten immer früh zu trinken anfingen, als ich plötzlich diese besondere Vision hatte. Das Gesicht eines Manns im mittleren Alter, der ganz intensiv auf etwas blickte, das ich nicht sehen konnte.« Sie zögerte und seufzte dann. »Armer Daniel, das hatte er nicht verdient.«
    »Dann war er der Typ, den du um… umgebracht hast?«
    »Umgebracht. Ja, letztendlich hab ich das. Und ich bereue es jeden Tag des Lebens, das ich hier führe.« Sie schaute weg, unfähig, meinen Blick zu ertragen.
    »Und wo in der Themse hat er das Amulett gefunden?«
    »Er ist das Ufer in der Nähe von Kew entlanggegangen, als er es am kleinen Strand angeschwemmt liegen sah. Um es zu

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