Nur ein Kuss von dir
ist echt wichtig. Ich muss sie finden.«
Die drei sahen sich an und schienen gleich in Gekicher auszubrechen. »Bitte, es ist wirklich wichtig!«, drängte ich.
Schließlich schaute mich die Älteste direkt an. »Sie ist weggegangen, kurz nachdem wir angekommen waren. Ungefähr fünf Minuten danach. Ich hab aber nicht gesehen, wohin.«
Fünf Minuten. Genug Zeit, um bei irgendjemand anderem einzusteigen oder sich irgendwo auf dem Parkplatz zu verstecken. Schnell bedankte ich mich und suchte schon die Reihen der geparkten Autos ab in der Hoffnung, dass Catherine gerade noch jemanden zum Mitnehmen überreden musste. Aber ständig kamen neue Wagen und andere fuhren ab. Es war ziemlich aussichtslos.
Am Ende einer Reihe hielt ich an und schnappte mit den Händen auf den Knien nach Luft. Aber gleich machte ich mir klar, dass ich keine Zeit verlieren durfte. Ich wollte zur Ausfahrt gehen, und die abfahrenden Wagen überprüfen. Dort kamen sie alle vorbei, und wenn sie nicht bereits weg war, könnte ich sie vielleicht noch aufhalten. Beim Rennen fischte ich mein Handy aus der Tasche und rief Grace an.
»Hi«, antwortete sie fröhlich. »Dauert nicht mehr lang. Ich bin jetzt fast ganz vorne in der Schlange.«
»Sie ist weg«, japste ich atemlos, wollte aber beim Sprechen nicht stehen bleiben.
»Weg?«
»Hat eine Notiz zurückgelassen. Weg. Ich renne grad zur Ausfahrt und checke die abfahrenden Wagen.« Schnell holte ich Luft. »Guckst du da drin nach, ja?«
»Mist! Dieses verlogene kleine Mist…«
»Keine Zeit. Geh los und such.«
»Mach ich. Ich ruf dich zurück.« Grace würde es zügig und gründlich machen, und ich wusste, dass sie in kürzester Zeit überall nachgesehen haben würde. Ich überquerte jetzt den Parkplatz für Busse und Laster direkt an der Tankstelle. Davor sammelte ein Mann in Uniform den Abfall ein. Ich rannte auf ihn zu. Als ich näher kam, sah er erschrocken hoch.
»Ich suche nach einem Mädchen, ungefähr zwanzig, lange dunkelblonde Haare. Sie hat Jeans an und ein Schlabbertop. Ist sie hier vielleicht vorbeigekommen?«
Verständnislos blickte er mich an. »Tut mir leid«, sagte er in mühsamem Englisch. »Ich nicht verstehe.«
Für einen Erklärungsversuch war ich zu ungeduldig. »Macht nichts«, rief ich beim Weiterrennen über die Schulter zurück. Kurz darauf war ich an der Ausfahrt und spähte in alle Wagen, die vorbeikamen. Aber es waren Hunderte, und dazu kamen noch die Busse und Laster. Es war bestimmt kein Problem, sich in einen Bus zu schmuggeln. Catherine konnte schon meilenweit entfernt sein. Außerdem sah ich ein, dass sie bestimmt nicht in den Servicebereich gegangen war, denn dort hätte Grace sie entdeckt. Es war hoffnungslos.
Ich ließ mich auf den Bordstein sacken und legte den Kopf in die Hände. Ich konnte es nicht fassen. Wie schnell aus dem Hochgefühl bei dem Gedanken, für immer mit Callum zusammenzukommen, tiefste Verzweiflung geworden war. Wäre ich von dem Gespräch mit Max nicht abgelenkt gewesen, hätte ich bemerkt, dass sie abhauen wollte. Vor Schuld und Enttäuschung stieß ich ein lautes Wimmern aus, und Tränen strömten mir übers Gesicht. Mit beiden Fäusten hämmerte ich auf den Bordstein und weinte.
Kurz darauf hielt ein Wagen neben mir an. Durch meine Haare spähend, sah ich auf dem Wagendach das Blaulicht.
»Nicht schon wieder«, murmelte ich unter Tränen vor mich hin, langte nach einem Papiertaschentuch und versuchte, mich unter Kontrolle zu bringen.
»Miss, was ist denn los?«, fragte der Polizist freundlich und hockte sich neben mich.
»Ich … ich hab jemanden verloren«, versuchte ich zu sagen, aber es kamen nur unverständliche Geräusche hervor. Ich putzte mir lautstark die Nase und versuchte es noch einmal. »Hab jemanden verloren. Wollte sie nach London mitnehmen, aber sie ist weggerannt.«
»Ich verstehe. Und wie alt ist diese Person?«
»Ungefähr zwanzig.«
»Fehlt irgendwas? Hat sie Ihnen etwas gestohlen?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte wirklich nicht, dass die Polizei da mit reingezogen wurde. Und solange sie nicht den gesamten Verkehr auf der Autobahn anhalten würde, könnte sie sowieso nicht helfen.
»Es scheint, dass sie nur bis hierher mitgenommen werden wollte und uns dann abserviert hat.«
»Na, wenn sie sich nur aus dem Staub gemacht hat, kann ich nicht viel tun, tut mir leid.« Er musterte mich einen Moment von oben bis unten. »Sind Sie verletzt?«, fragte er dann. Wieder schüttelte ich nur den Kopf und
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