Nur ein Liebestraum am Mittelmeer
zuging, traf auch Raoul zu ihrer Überraschung bereits ein. Und er wirkte kein bisschen außer Atem. Laura begrüßte den Piloten, stieg ein und legte den Sicherheitsgurt an.
Raoul verstaute die beiden Köfferchen und nahm dann auf dem Sitz des Kopiloten Platz. Kurz unterhielt er sich mit dem Piloten auf Französisch, bevor dieser den Hubschrauber startete. Momente später waren sie in der Luft.
Welch ein atemberaubender Blick auf die Bergwelt! Laura sah die Serpentinenstraße unter sich, jedoch nirgendwo die Rennfahrer. Offenbar nahm der Helikopter nicht Kurs auf Bourg d’Oisons, den Zielort der achten Etappe, sondern flog in entgegengesetzter Richtung.
Sie brauchte Raoul nicht zu fragen. Anscheinend hatte er beschlossen, ohne Zwischenstopp nach Cap Ferrat zurückzukehren. Es war ihr nur zu recht. Sie lehnte sich im Sitz zurück und hatte kaum die Augen geschlossen, da war sie auch schon eingeschlafen.
Als sie wieder aufwachte, war der Hubschrauber bereits gelandet und Raoul ausgestiegen. „Dein Köfferchen ist in der Limousine“, informierte er sie. „Pierre bringt dich zurück zum Haus.“
Laura bedankte sich höflich bei ihm und dem Piloten, bevor sie in den Wagen wechselte. Raoul schloss eilig die Tür hinter ihr, als könnte er sie nicht schnell genug wegfahren sehen.
Noch gestern Abend hatte ich das Gefühl, als würde ich ihm allmählich etwas bedeuten, dachte sie voller Schmerz. Wie sehr hatte sie sich getäuscht. Er hatte nur auf den richtigen Moment gewartet, um sie bloßzustellen. Sein Verhalten tat entsetzlich weh.
Dankend nahm sie vor der Villa von Pierre ihren Koffer entgegen und eilte die Stufen hinauf. Fast wäre sie in der Diele mit Guy zusammengestoßen, der den Wagen gehört hatte und sie begrüßen wollte.
„Was ist los?“, fragte er sofort, als er sie umarmt hatte und anblickte. „Du bist so blass. Ist dir der Flug nicht bekommen?“
„Ich bin nur etwas müde.“ Sie setzte das Gepäck ab.
„Du bist früher zurück, als ich gedacht habe.“
„Raoul wollte das Ende der Etappe nicht mehr verfolgen, denn sein Team war nicht auf der Siegerstraße.“ Eine andere Notlüge fiel ihr auf die Schnelle nicht ein.
Guy lächelte. „Mein Bruder ist schon immer ein lausiger Verlierer gewesen. Nun hast du ihn von seiner schlechtesten Seite kennengelernt.“
Er ahnte nicht, wie recht er hatte! „Wie geht es Chantelle?“
„Sie hat sich etwas hingelegt.“
„Und Paul?“
„Er ist mit dem Rad zu seinem Freund Giles gefahren.“
„Guy …“ Tief atmete Laura ein. „Können wir uns kurz unter vier Augen unterhalten?“
„Natürlich.“
„Wenn du gerade gearbeitet hast …“
„Nichts, was wirklich dringend wäre … Gehen wir in dein Wohnzimmer. Dort sind wir ungestört.“
Ja, die Gästesuite war der einzige Ort, wo Raoul keinen ungehinderten Zutritt hatte.
„Guy“, begann Laura, sobald sie es sich in den Sesseln bequem gemacht hatten. „Ich muss dir etwas Wichtiges sagen.“
„Ich weiß es bereits.“
„Was weißt du bereits?“ Laura war verwundert.
„Das mit Raoul und dir.“
„Es gibt kein Raoul und mich.“ Ihr Herz klopfte viel zu schnell.
„Jean-Luc scheint es zu glauben. Er hat mich heute Vormittag wegen des Lagerhauses angerufen. Da Raoul noch zögert, hat er versucht, mich zu überzeugen, dass es ein guter Kauf wäre. Bei der Gelegenheit hat er mir erzählt, er habe dich und meinen Bruder vor dem Lagerhaus gesehen.“
Von Panik erfasst, richtete Laura sich etwas im Stuhl auf. In ihrem Kopf herrschte Chaos. „Wenn du davon sprichst, dass Raoul mich geküsst hat … Er hat es nur zum Spaß getan. Chantelle hat mich gewarnt. Offenbar hat ihn an dem Tag sein kleiner Dämon geritten.“
Guy lachte leise. „Mein Bruder steckt in letzter Zeit voller Überraschungen.“
„Er ist sehr amüsant. Mit dem Kuss wollte er erreichen, dass Jean-Luc denkt, wir hätten ein Verhältnis. Er hat mit mir gewettet“, fuhr sie fort und griff zu einer erneuten Notlüge, „dass dieses Gerücht binnen Kurzem die Runde machen würde. Und er hat wohl recht behalten.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ihr alle seid so lieb zu mir, einschließlich Raoul, der so freundlich war, mir die Umgebung zu zeigen und mich zur Tour de France mitzunehmen. Es war ein tolles Erlebnis.“
„Ich freue mich, dass du eine schöne Zeit hast.“
„Die habe ich, aber uns beiden ist klar, dass ich deshalb nicht hier bin. Ich wünschte, ich könnte dir von großen Erfolgen bei Chantelle
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