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Körper beginnt, heftig zu zittern und ich stoße ein entsetztes Keuchen aus.
Das Bild ist in dunklen Farben gehalten, und man sieht, wie sich eine Frau über einen am Boden liegenden Mann wirft. Obwohl man das Gesicht der Frau nicht sehen kann, weiß ich, dass es Kriemhild ist. Und sie wirft sich über den toten Siegfried. Schlagartig kehrt das Entsetzen meines Traumes aus der letzten Nacht zurück und ich fühle mich von einer tiefen, mir unerklärlichen Trauer überwältigt.
Mir schießen Tränen in die Augen und ich schlucke schwer. Ich sehe die Situation wieder vor mir, wie ich mich über den am Boden liegenden Siegfried beuge, mein Gesicht in seiner toten Brust vergrabe und nichts mehr tun kann als schreien, vor lauter Schmerz, dass ich die Liebe meines Lebens verloren habe. Der Traum ist so realistisch gewesen, dass ich kaum fassen konnte, dass es nur ein Traum gewesen sein soll. Und jetzt ist da dieses Bild voller Trauer und Schmerz, das genau diesen Zustand ausdrückt, von dem ich dachte, es wäre nur ein Traum gewesen. Nur ein Traum.
Markus und Florian sind zuerst ein Stück weiter getrödelt, nun, als sie bemerken, dass ich nicht nachkomme, kommen sie wieder zu mir zurück.
„ He Hilda, hast du was Interessantes entdeckt?“, fragt Florian.
Ich deute auf das Gemälde. „Das hier ist seltsam. Genau diese Situation habe ich heute Nacht erlebt. Also im Traum.“
Es fällt mir schwer, meine Gedanken zu ordnen, und meine Stimme klingt brüchig. Irgendwie kann ich es nicht fassen, dass diese schreckliche Szene aus meinem Traum hier in Form eines Ölgemäldes an der Wand hängt.
„ Hä? Wie jetzt? Du hast davon geträumt, dass du das Bild hier siehst?“ Florian sieht mich argwöhnisch an, in seinem Blick liegt eine Mischung aus Verwunderung und Sorge, mein Geisteszustand scheint ihm nicht ganz geheuer zu sein.
„ Nein“, antworte ich und versuche, den Kloß in meinem Hals wieder loszuwerden. „Guck mal genau hin. Der Mann, der hier am Boden liegt, ist Siegfried. Und die Frau, die sich über ihn beugt, ist Kriemhild. Und das habe ich heute Nacht geträumt. Ich war Kriemhild und habe die Leiche von Siegfried vor meiner Tür gefunden. Und ich habe mich genauso wie sie über ihn gebeugt. Und ich habe fürchterlich geweint, weil ich Kriemhild war und ihren Schmerz über den Verlust ihres Ehemannes gefühlt habe.“
Markus sieht mich bewundernd an. „Also von allen, die jemals hier in der Villa die Sammlung betrachtet haben, bist du die einzige, die auf Anhieb weiß, was auf dem Bild zu sehen ist. Jedem anderen muss man die Situation erst erklären. Sofern sich überhaupt jemand dafür interessiert, da das Gemälde auf den ersten Blick eher unspektakulär ist.“
„ Mein Sohn, den wahren Wert der Dinge erkennt man niemals auf den ersten Blick.“ Wiesenthal und George sind unbemerkt wieder an uns heran getreten.
„ Sieh mal George, das hier habe ich heute Nacht geträumt! Erinnerst du dich?“, frage ich meinen besten Freund. Er betrachtet nachdenklich das Bild.
„ Honey, wie könnte ich jemals diesen Schrei vergessen. Und das hier hast du also gesehen?“
„ Ach, dann hast du heute Nacht so geschrien? Krass!“ Florian sieht mich begeistert an. Während George den etwas verdattert guckenden Wiesenthal über den Hintergrund unseres Gespräches aufklärt, sehe ich mir wieder das Bild an.
Unglaublich, wie sehr es meinem Traum ähnelt. Und warum habe ich denn nur so etwas geträumt?
„ Markus?“, beginne ich.
„ Was ist los?“ Er sieht mich aufmunternd an.
„ Also, ich habe hiervon geträumt und es war ein sehr realistischer und erschreckender Traum. Und jetzt hängt hier ein Bild, auf dem genau das zu sehen ist. Ich verstehe das nicht…“ Ich breche ab. Eigentlich weiß ich selbst nicht genau, worauf ich hinaus will.
„ Na, wahrscheinlich hast du entweder mal irgendwo eine Abbildung dieses Gemäldes gesehen, das wieder vergessen, aber im Unterbewusstsein gespeichert und dann kam es im Traum wieder zum Vorschein. Oder du hast eben eine sehr bildhafte Phantasie und hast dir selbst anhand der literarischen Vorlage das Traum-Bild im Kopf zusammengereimt.“ So wie er das sagt, hört es sich zwar logisch und plausibel an, folgen kann ich ihm dennoch nicht.
Im Gegenteil, jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Abbildung? Literarische Vorlage?
„ Wie jetzt?“, frage ich ein wenig verdattert und wenig eloquent nach.
„ Warum übernimmst du nicht die Führung und ich erkläre deiner
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