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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramiro Pinilla
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nicht mehr dasselbe.«
    »Du hast vielleicht nicht mehr so viel Spaß daran, aber du machst dennoch weiter.«
    Er blickt zu Boden.
    »Leonardo ist noch immer bei mir. Ich fühle mich ihm ganz nah. Das Schwein, das ihn umgebracht hat, konnte mir meinen Bruder nicht wegnehmen. Nicht ganz jedenfalls.«
    »Aber du fühlst dich von ihm noch immer verfolgt, nicht wahr? Sag, wie versuchte er es beim dritten Mal?«
    Sein Blick trifft mich wie ein Pfeil.
    »Mit Algen«, erklärt er wutentbrannt.
    »Mit Algen?!«
    »Vor Jahren haben Leonardo und ich eine Weile lang dieses Grünzeug gesammelt, das bei stürmischer See an Land gespült wird, und es von ein paar Männern mit Ochsenkarrenin eine Fabrik bringen lassen, die daraus irgendwelchen Dreck für Labore gewonnen hat … Wenn ich jetzt so daran denke, hätte die Gemeinde uns für die Reinigung des Strands eigentlich bezahlen müssen … 1941, in einer Winternacht, bin ich jedenfalls wieder mal an den Strand runter, um dieser glücklichen Zeiten mit meinem Bruder zu gedenken – da bekam ich plötzlich einen so heftigen Schlag auf den Kopf, dass ich augenblicklich ohnmächtig wurde. Als ich wieder zu mir kam, war ich unter etwas Wabbligem begraben. Ich bekam kaum Luft, denn die schwere, triefende Masse drückte auch auf meinen Kopf, und sobald ich den Mund aufmachte, hatte ich das Zeug zwischen den Zähnen. Um mich aus diesem schleimigen Grab zu befreien, bot ich meine ganze Kraft auf, aber dieser Drecksack häufte immer neue Algen auf mich und sprang auch noch darauf herum. Erst als meine Kräfte schon zu schwinden begannen, ließ er davon ab, und als ich endlich meinen Kopf rausstrecken konnte, sah ich auch, warum: Vorne am Wasser gingen drei Männer den Strand entlang, die ihn verscheucht haben mussten. Ruhig blieb ich liegen, bis sie vorbei waren, denn befreien konnte ich mich nun alleine.«
    Drei Mal war es also schon am Strand passiert. Hier und bei Apraiz’ Felsen am anderen Ende.
    »Dennoch wirkst du nicht so, als hättest du Angst vor einem weiteren Mordversuch. Glaubst du, dass er dich jetzt endgültig in Ruhe lässt?«
    »Du weißt nicht, wie es in mir drinnen aussieht.«
    »Ich an deiner Stelle würde mich nachts jedenfalls nicht mehr an den Strand wagen«, sage ich, worauf er nur gleichgültig mit den Schultern zuckt. »Hast du jemanden im Verdacht?« Wieder zuckt er wortlos mit den Schultern. »Klar, ihr treibt mit unheimlich vielen Geschäfte … beziehungsweise du, aber letztlich fing ja alles an, als dein Bruder nochlebte. Traust du dich nicht, seinen Namen zu nennen? War es Félix Apraiz?«
    »Die Leute sind viel zu empfindlich.«
    »Wer auch immer es ist, so scheint er jedenfalls eine Vorliebe für den Strand zu hegen.«
    »An den Strand kommen viele runter.«
    »Apraiz müsst ihr beiden aber ganz besonders auf den Keks gegangen sein.«
    »Die Leute in Getxo sind unheimlich empfindlich.«
    »Du denkst an einen anderen, nicht wahr?«
    »Und du hast dich auf Félix Apraiz versteift. Bin gespannt, was er dazu sagt.«
    »Wie kommst du darauf, dass ich ihn treffen will?«
    In Altubes Äuglein blitzt Spott auf.
    »Bist du nun Privatdetektiv oder nicht?«

6 Ein paar Sätze erfinden
    Die obere Hälfte der Tür sieht noch irgendwie nackt aus. Bei meinen Idolen steht auf der Glastür zu ihrem Büro immer ihr Name, weshalb ich meinen auch draufpinseln sollte: »Samuel Esparta · Privatdetektiv«. Einen Laden doppelt zu nutzen, birgt schließlich immer ein Risiko. Nicht dass irgendeiner, der meine Hilfe bei der Lösung eines Falls benötigt, über das Ladenschild »Buchhandlung Beltza« so verwirrt ist, dass er daran vorbeigeht. Unseren Stammkunden – viele sind es ohnehin nicht – würde der neue, in unaufdringlichen Lettern gehaltene Schriftzug gar nicht auffallen, und alle anderen, normalen Kunden würden denken, dass ein Buchhändler eine Art Ermittler von Büchern ist, und sich je nach Naturell hineinwagen oder auch nicht. Doch die, die ausdrücklich Samuel Esparta suchen, würden wissen, dass sie nun vor der richtigen Tür stehen, und mich wenig später dann sagen hören: »Schießen Sie los.«
    Beschwingt öffne ich die Tür und begrüße Koldobike mit dem bei uns üblichen »Was gibt’s?«
    »Wir hatten Besuch.«
    Im selben Moment sehe ich auch schon das Chaos: Die leergeräumten Regale und die überall auf dem Boden herumliegenden Bücher verraten mir, wer uns seine Aufwartunggemacht hat – seit dem Einmarsch von Francos Truppen haben sie uns unter

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