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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramiro Pinilla
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haben.
    »Großer Gott!«, entfährt es meiner Sekretärin mit einem Schaudern.
    Eigentlich müsste ich jetzt die üblichen Ermittlerfragen stellen, um herauszufinden, was Bidane im Gegensatz zu Eladio weiß. Doch das vage Gefühl, dass dies kein echtes Verhör sein würde, hält mich davon ab. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sie seit unserer Ankunft sehnlichst darauf wartet, dass ich ihr ganz
bestimmte
Fragen stelle, was ich anscheinendbisher noch nicht getan habe. Vielleicht ist der richtige Augenblick aber auch einfach noch nicht gekommen. Irgendetwas ist hier jedenfalls äußerst seltsam, und furchtbar gern würde ich das mit Koldobike besprechen, aber das geht jetzt leider nicht, denn Bidane hat uns gebeten, ihr zu helfen, auch wenn sie uns noch nicht gesagt hat, wie. Doch wie immer dem auch sei: Diese Nacht würde ich gegen keine tauschen, die meine Idole je erlebt haben.
    »Wie spät ist es?«, frage ich.
    »Fünf vor halb eins.«
    Koldobike hat den Ärmel ihrer Windjacke hochgeschoben, um auf ihre Armbanduhr zu blicken. Wir sind wieder in der guten Stube, Bidane gönnt uns eine Pause, vielleicht will sie aber auch nur unser Beisammensein in die Länge ziehen, bevor sie uns schlafen schickt. Apropos schlafen: Auf unserer Runde durchs Haus habe ich nirgends Gästebetten gesehen, einzig ein stattliches Ehebett. Aber vielleicht will sie sich jetzt darum kümmern, denn auf einmal verlässt Bidane wortlos den Raum.
    »Wo sollen wir eigentlich schlafen?«, flüstere ich meiner Sekretärin zu. »Auf dem Boden?«
    Koldobikes Gesicht ist finsterer als alles um uns herum.
    »Mir geht da etwas ganz anderes durch den Kopf«, wispert sie unheilvoll. »Soll ich dir mal was sagen? Sie hat uns in eine Falle gelockt. Sei wachsam, Sam, den Gesetzen des Krimis zufolge lauert Eladio Altube dir bestimmt in irgendeiner Ecke mit einem Knüppel auf, und ich muss mir dann meine platinblonden Haare raufen.«
    »Deine Ängste zeigen mir, dass du jetzt auch davon überzeugt bist, dass der Mordanschlag nur vorgetäuscht war. War er für die Zwillinge so wichtig … und ist er das für den Überlebenden immer noch?«
    Auf einmal nähern sich wieder Bidanes Schritte. Siekommt mit einer großen Schüssel Feigen herein. Unsere Henkersmahlzeit?
    »Es war ein gutes Feigenjahr«, sagt sie. »Greift zu.«
    Koldobike nimmt zwei, ich eine, dann sehen wir uns an. Sollen wir warten, bis Bidane sich eine in den Mund steckt und uns damit beweist, dass sie nicht vergiftet sind? Doch ihre Hände ruhen im Schoß, sie macht nicht die geringsten Anstalten, in die Schüssel zu greifen. Mutig schließt Koldobike die Augen und knabbert vorsichtig an einer. Ich tue es ihr nach.
    »Da essen ja die Spatzen mehr«, kommentiert Bidane lächelnd. Beschämt essen wir unsere Feigen auf und greifen sogar noch einmal zu. »Ihr müsst euch stärken, schließlich haben wir noch den Dachboden vor uns.«
    O Gott, Müdigkeit vorzuschützen ist also sinnlos. Abgesehen davon, dass kein Mensch daran denken könnte, wenn er Bidane so verschreckt und fahrig sähe. Verständnislos schüttele ich dennoch den Kopf.
    »Ehrlich gesagt habe ich noch nie von einem Mörder gehört, der über den Dachboden gekommen wäre.«
    Zitternd zeigt Bidane auf die Schüssel auf dem Tisch.
    »Im Dach sind überall Löcher. An der Südwand stehen einige alte Feigenbäume, deren Äste bis zum Dach reichen, und wenn der Wind weht, gehen schon mal mehrere Dachziegel kaputt.«
    Warum hat sie nicht schon längst Eladio darum gebeten? Koldobike hätte aber wahrscheinlich auch dafür eine Erklärung parat:
Sam, auf ihr lastet die Angst von beiden.
    Bidanes Petroleumlampe schwebt ein paar Meter vor uns die laut knarzenden Stufen hinauf; die Holzwürmer haben hier ein wahres Konservatorium gebaut.
    Das Licht der Petroleumlampe reicht bei Weitem nicht bis zum Ende des Dachbodens, dem Hall unserer Schrittezufolge muss er riesig sein. Und er ist keineswegs leer: Wir bahnen uns einen Weg durch das Gerümpel ganzer Generationen, das niemand mehr benützen wird, sich aber auch niemand wegzuwerfen traut. Irgendwann bleibt Bidane stehen und senkt die Petroleumlampe.
    »Hier, seht, eine Pfütze.«
    Aber es ist kein Loch im Dach zu entdecken. Das gleiche Spiel wiederholt sich noch ein paar Mal.
    »Aber da sind keine Löcher«, halte ich ihr vor. »Und selbst wenn, so hoch reicht keine Leiter.«
    »Aber er könnte die Äste der Feigenbäume hochklettern!«, ruft Bidane verzweifelt.
    Das ist durchaus plausibel, wie

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