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Nur eine Liebe

Nur eine Liebe

Titel: Nur eine Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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Glastüren entfernten.
    »Nein. Ja.« Ich gab ihr meinen Flötenköcher, damit ich den Mantel ausziehen konnte. Niemand würde mich ernst nehmen, wenn ich in all diesen Kleidungsschichten aussah wie ein dick eingemummeltes Kind. Ich konnte für eine Weile zittern, wenn ich dafür die Aufmerksamkeit der Leute gewann.
    »Oh, hübsch!« Sarit legte meinen Mantel über die Lehne eines Stuhls und fing an, mir das Haar zu flechten. »Wann hast du dieses Kleid bekommen?«
    Ich strich die grauen Falten aus Wolle und synthetischer Seide glatt, die mir bis zu den Knöcheln reichten – und ein paar dicke Strumpfhosen verdeckten, damit meine Beine nicht froren. Die Ärmel lagen eng an den Handgelenken an, feine, fingerlose Handschuhe bedeckten meine Hände, und ich hatte mir einen Schal um den Hals gelegt. Das Blau passte zu der Rose, die Sarit in meinen Zopf steckte.
    »Es ist eins von Sams Kleidern. Von früher. Wir mussten es stark ändern, damit es passte.« Vor einigen Generationen war er – sie? – größer und fraulicher gewesen und hatte viele Kleider getragen. Wenn man in den meisten Leben ein Junge war, nutzte man die Gelegenheit, Kleider zu tragen, wenn sie sich bot. »Aber ich dachte, heute würde es perfekt passen.«
    »An dir sieht es perfekt aus.« Sarit trat zurück und bewunderte ihr Werk mit meinem Zopf. »Wunderschön. Jetzt wärm dich auf, oder wir werden böse Blicke von Sam ernten. Ich hole dir deine Noten.«
    Ich nahm meine Flöte aus dem Köcher und spielte Aufwärmübungen und Tonleitern. Draußen spielte Sam ähnliche Übungen auf dem Flügel; der kraftvolle Klang ließ die Reihe von Doppeltüren erzittern.
    Als ich mich aufgewärmt hatte, war Sarit damit fertig, meine Noten zu sortieren, die jetzt auf richtigem Notenpapier geschrieben waren und ein vorläufiges Ende erhalten hatten.
    Sie griff sich den Notenständer, den sie zuvor hier abgestellt hatte, und deutete mit dem Kopf auf die Türen. »Lass uns gehen, Libelle.«
    Ich lachte über den Versuch eines Kosenamens, aber gerade als wir die Tür erreichten, platzte Ratsherrin Sine herein.
    »Ana, endlich. Ich habe dich überall gesucht.« Sie holte tief Luft und warf einen unsicheren Blick auf mein Kleid und die Flöte. »Ich habe kein Glück bei der Suche nach Cris oder Stef gehabt. Es tut mir leid, aber ich bin mir sicher, dass es ihnen gut geht.«
    Ich machte ein finsteres Gesicht und war mir nicht so sicher. »Okay. Was ist mit Deborl und Merton? Und dem Mann, der mich gestoßen hat?«
    Sie trat auf das andere Bein und schüttelte den Kopf. »Ich habe Deborl und Merton von einigen Leuten beobachten lassen, aber es klingt, als hätten sie nichts Verdächtigeres getan, als Schnee zu schippen.«
    Ich schnaubte. »Ich finde es schon verdächtig, wenn sie morgens aufstehen und pinkeln.«
    Sine wand sich. »Es tut mir leid, dass ich nicht mehr helfen konnte.«
    Vielleicht war es wirklich so. Vor allem hoffte ich, dass sie bereit war, sich anzuhören, was ich zu sagen hatte und was meine Freunde zu sagen hatten.
    Sarit ging voraus und brachte meinen Notenständer und die Noten auf den breiten Treppenabsatz. Sie stellte ihn in ausreichender Entfernung zum Mikrofon auf, damit es keine Rückkopplung gab – hoffte ich.
    Ich umklammerte meine Flöte und ging nach draußen, wo ich von kalter Luft, dem reichen Klang des Flügels und dem Verstummen der Gespräche auf dem Markt begrüßt wurde, als die Leute näher kamen, um zuzuschauen.
    »Du kannst das«, murmelte Sam von der Klavierbank. Das Instrument war dunkel, wie von Mitternacht gefärbt; es hob sich tintenschwarz von dem weißen Stein, den Tannenzweigen und den blauen Rosen ab.
    Mein Lächeln fühlte sich gepresst an, falsch, aber als ich hinter den Notenständer trat, der so positioniert war, dass ich sowohl Sam als auch die Menge sehen konnte, die sich unten versammelte, rief ich mir ins Gedächtnis, warum ich dies tun musste. Für Anid und Ariana, die in den Armen ihrer Mütter gehalten wurden, die an einem Zelt mit Fausthandschuhen und Schals standen; für die anderen, die bald geboren werden würden und die Betreuung und Schutz brauchten; für jene, die im Tempel gefangen bleiben und verzehrt werden würden.
    Ich hob meine Flöte.
    Ein Klicken ertönte, als Sarit die Mikrofone einschaltete.
    Sam nickte. Ich atmete tief ein. Ein langer Akkord erklang vom Flügel. Das Geräusch ging durch Stein und in meine Beine, und alles wurde still, als wir zu spielen begannen.
    Anfangs flüsterte meine

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