Nur eine Liebe
Flöte, Beweis meiner Furcht, aber ich hatte dieses Stück schon früher gespielt, und ich konnte es wieder tun. Ich hatte es zu Hause mit Sam geübt, er hatte die Akkorde gesummt, die er auf dem dunklen Flügel spielen würde, weil er meiner Musik zugehört hatte und mich mit einem solchem Staunen angesehen hatte, dass ich hätte fliegen können.
Ich hatte es hundertmal gespielt, während Sam meine Haltung korrigiert und mich daran erinnert hatte, dass Kälte meine Sinne schärfen würde. Jetzt auf der Bühne richtete ich mich auf und ließ meine Flöte singen.
Eine melancholische Melodie schwebte über die Bühne, der tiefe Flügel jagte ihr nach. Ich spielte Einsamkeit und Furcht, Sehnsucht nach unbenennbaren und glänzenden Dingen. Der Klang umfing die Menschen, drang durch Zelte und erwärmte die Luft, während ich sicherer wurde. Meine Flöte streckte sich, warm und voll und silbern, und ich spielte, wie ich noch nie zuvor gespielt hatte.
Musik wuchs, verwandelte sich in die reicheren Klänge von Mut und Hoffnung und Verlangen. Der Flügel bot die Grundlage, ermutigte mein Spiel, hob es und offenbarte irgendwie neue Schichten der Stimme der Flöte.
Ich spielte von Sonnenuntergängen und Schnee, von der Bewegung der Blätter und ihrem Fall und von der Erwartung eines Kusses.
Musik hallte über den Marktplatz, schallte aus Lautsprechern, damit die Leute aufsahen, sich umsahen. Freunde und Lehrer lächelten. Ratsmitglieder neigten den Kopf, ihre Mienen undeutbar. Fremde zeigten eine Palette von Gefühlen, von denen ich einige nicht sehen wollte, daher wandte ich mich wieder meinen Noten zu, wandte mich Sam zu, und er lächelte.
Die Musik keuchte mit einem Kuss, schwoll vor Angst an und dräute lange und leise und einsam, wo ich meine Erfahrungen im Tempel verarbeitet hatte. Schwere Akkorde waren quellender Rauch über der Bühne, und ich endete mit den vier Noten, mit denen der Walzer begann, den Sam für mich komponiert hatte, als wir uns zum ersten Mal begegnet waren, ein eindringliches Echo von erwachender Liebe.
Ich senkte meine Flöte, und niemand auf dem Marktplatz rührte sich.
Sie warteten, was genau das war, worauf ich gehofft hatte, aber es war viel beängstigender, wenn es tatsächlich geschah und alle Augen auf mich gerichtet waren.
Ich hatte gespielt. Ich konnte auch dies tun.
Mit pochendem Herzen ging ich um meinen Notenständer herum und trat vor das Mikrofon. Ich hob das Kinn und fand die Worte, die ich geübt hatte; es war nicht viel, weil andere den größten Teil des Redens übernehmen würden. Ich musste nur einen Eindruck hinterlassen.
»Ich bin Ana, eine Neuseele. Die Musik, die ihr gerade gehört habt, ist von mir, und das« – ich hielt meine Flöte hoch, die im Sonnenlicht glänzte – »hat überlebt, obwohl jemand versucht hat, es zu zerstören und mich daran zu hindern, heute für euch zu spielen.«
Ein paar Leute in der Menge traten von einem Fuß auf den anderen. Einige wandten sich wieder ihren Einkäufen zu.
»Ich bin angegriffen worden«, sagte ich und hob die Stimme. »Menschen haben Steine nach mir geworfen. Mich verprügelt. Gerüchte über mich verbreitet. Alles als Reaktion auf einen Verstoß: Ich wurde geboren. Das Gleiche wird Lideas Baby zustoßen und Gerals und vielleicht einigen Kindern von euch. Die Reaktionen auf unser neues Wissen – dass mehr Neuseelen geboren werden – waren unterschiedlich und kompliziert. Einige Menschen waren freundlich. Andere nicht. Ich kann nicht verlangen, dass uns alle akzeptieren. Ich weiß, das wird nicht geschehen. Aber dies ist meine Bitte an euch, ihr Menschen von Heart, und an den Rat: Beschützt Neuseelen. Bevor ihr uns als belanglos abtut, gebt uns die Chance zu beweisen, dass wir wertvoll sind.«
Ich lächelte – irgendwie – und ging auf Sarit zu, die breit grinsend an einer Säule wartete. Sam stand auf, um zu sprechen, und ich versuchte, mich zu entspannen. Mein Teil war vorüber. Alle anderen würden den Rest erledigen.
»Du warst toll, Glühwürmchen«, flüsterte Sarit. Sie nahm meine Flöte und ging hinein, um sie wegzuräumen, während ich Sam zuhörte.
Seine Worte waren wie ein Lied. »Ich bin Ana zum ersten Mal begegnet, als sie einem Schwarm Sylphen entkommen ist, indem sie in den Endsee gesprungen ist. Das war das Erste, was ich über sie wusste: Sie würde lieber ihr eigenes Schicksal wählen. Am nächsten Tag trafen wir auf eine weitere Sylphe. Um mich zu retten, hat sie sich die Hände
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