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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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Anrufbeantworter zu hinterlassen, zuckte Rosie zusammen. Sie konnte sich vorstellen, was ihre Mutter dazu sagen würde.
Warum wartest du immer bis zum letzten Augenblick?
    »Ich gehe kurz telefonieren«, sagte sie. Keiner von beiden reagierte.
    Sie nahm das Telefon und setzte sich im Schneidersitz auf den Küchentisch, vor das Filmplakat von
Wild at Heart
. Der Tisch war ihr Lieblingsmöbel, aus solidem Redwood und groß genug, dass Gary morgens die Zeitung darauf ausbreiten und Hugo seine Stifte und Malbücher verteilen konnte. Hier konnten sie eine Familie sein. Außerdem hatte Gary ihn selbst gebaut.
    Ruf an, zwang sie sich, ruf an. Ihre Finger flogen über die Tasten, dann legte sie auf und wählte eine andere Nummer.
    Bilal nahm ab.
    Sie hatte Aisha anrufen wollen, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt. Sie hätte es nicht ertragen, wenn Hector drangegangen wäre.
    »Hi, Rosie. Sammi hat gerade die Kinder ins Bett gebracht. Warte, ich hol sie.«
    Shamira meldete sich. »Himmel, warum haben wir uns bloß Kinder angeschafft?«
    »Wer war es diesmal?«
    »Ibby. Sonja war ein Engel. Ibby ist nur noch am Quengeln. Er will nichts essen, er will nicht ins Bett, er will nicht im selben Zimmer wie seine Schwester schlafen. Sind alle Jungs so?«
    So redeten sie weiter, über ihre Kinder und über ihre Männer. Nach einem Blick auf die Küchenuhr verabschiedete sich Rosie widerwillig. Sie hatten fast eine Stunde telefoniert. Hugo und Gary waren noch im Wohnzimmer, wahrscheinlich schliefen sie inzwischen beide. Sie musste ihre Mutter anrufen. Wieder huschten ihre Finger übers Telefon.
    Bei Anouk ging der Anrufbeantworter an, ihre Stimme klang kühl und gelangweilt. Als Rosie eine Nachricht hinterlassen wollte, ging Anouk dran.
    »Hey.«
    »Hey.«
    Sie hatten seit Wochen nicht gesprochen.
    »Was gibt’s Neues?«
    »Nichts.« Rosie klemmte sich den Hörer unters Kinn. Sie fing an, sich von Garys Tabak eine Zigarette zu drehen, merkte dann aber, dass sie gar nicht rauchen wollte. Sie hatte das Rauchen schon länger aufgegeben.
    »Na ja, wir haben ein Schreiben vom Gericht bekommen. Es gibt jetzt einen Termin für die Anhörung.«
    »Ach, wirklich?« Anouk war nicht anzuhören, was sie dachte.
    Rosie wurde wütend. Sie wollte, dass ihre Freundin etwas sagte, dass sie mir ihr redete. Sie antwortete nicht.
    »Hast du Angst?«
    »Natürlich.«
    Rosie wurde bewusst, dass sie seit Ewigkeiten zum ersten Mal miteinander sprachen, ohne dass Aisha als Vermittlerin dabei gewesen wäre. Sie wünschte, sie hätte nicht angerufen, ihr war fast schlecht vor Nervosität, und sie wollte sich auf keinen Fall ihre Wut anmerken lassen. Aber sie wollte nun mal Anouks Unterstützung.
    »Viel Glück.«
    Sie hätte heulen können. »Danke, sehr nett von dir.«
    »Aber mach dir keine allzu großen Hoffnungen, ja?«
    Das war typisch Anouk, immer eine Spitze, immer Pessimismus verbreiten. Und trotzdem munterten ihre Worte sie auf.
    »Das sagt Gary auch.«
    »Und er hat recht.« Wieder war ihr Tonfall leicht zynisch. »Dann ist er ja bestimmt froh, dass bald alles vorbei ist.«
    Auf keinen Fall durfte sie zugeben, dass sie es Gary noch nicht gesagt hatte. Das wäre zu erniedrigend.
    »Was machst du?«
    »Ich schreibe Rhys seinen Text für morgen. Kaum zu glauben, dass ich schon seit so vielen Jahren meine Zeit mit diesem Mist vergeude.« Anouk lachte laut auf. »Er zeigt mir den Stinkefinger.«
    »Meine Mutter hat heute Geburtstag.«
    »Hast du schon angerufen?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Na komm, bring es hinter dich.« Jetzt klang sie zum ersten Mal warm und freundlich.
    Eine gemeinsame Vergangenheit hatte etwas Beruhigendes. »Ich weiß, ich weiß. Stell dir vor, nach all den Jahren werde ich immer noch nervös, das ist doch nicht zu fassen, oder?«
    »Deine Eltern machen dich fertig.« Ihr Ton wurde wieder kühler, bekam eine fast brutale Direktheit. »Ruf sie einfach an. Wahrscheinlich fühlst du dich danach beschissen, aber so sind Mütter eben.«
    So waren Mütter nicht. Sie jedenfalls wollte nicht so sein. »Rachel war nicht so.«
    »Ich weiß, ich weiß. Meine Mutter war eine Heilige«, erwiderte Anouk sarkastisch.
    »Okay, dann mache ich jetzt mal Schluss und rufe sie an.«
    »Braves Mädchen.« Anouk zögerte und fügte dann schnell noch hinzu: »Willst du dich danach nochmal melden?«
    »Nein, nein, wird schon nicht so schlimm. Wir sollten uns alle mal wieder treffen.«
    Alle sollte bedeuten: Anouk, Aisha und sie. Ohne die Männer. Was

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