Nur eine Ohrfeige (German Edition)
irgendetwas zustößt.« Der Hund leckte ihr fröhlich über das runzlige Gesicht.
»Er muss operiert werden.«
Connie nickte.
»Kannst du noch bleiben?«
»Ich sollte eigentlich auf Hugo aufpassen.«
»Connie, wenn du gehen musst, ist das in Ordnung. Dann schicke ich sie in die Notfallklinik.«
Sie schüttelte den Kopf. »Soll ich die Narkose vorbereiten?«
»Danke.« Einen Moment lang dachte sie, Aisha würde sie küssen. Aber sie lächelte nur und winkte die alte Dame herein, um ihren Terrier zu impfen. Connie stellte den Anrufbeantworter an. Sie wog den Kelpie, nahm seine Daten auf und steckte ihn in einen Käfig.
»Das wird schon wieder.« Die Hundebesitzerin wollte ihren Hund nur ungern allein lassen und folgte ihr. Sie kniete sich vor dem Käfig hin und ließ sich die Finger lecken. Connie redete ihr noch einmal gut zu: »Ihrem Hund geht es bald wieder gut.«
Die Frau stand auf. »Danke. Ich gebe Ihnen sämtliche Nummern, unter denen Sie mich erreichen können.«
Connie notierte sie auf einem Zettel.
Die Frau verabschiedete sich von ihrem Hund, und Connie brachte sie zur Tür. Kaum war sie draußen, schloss Connie ab und rannte ins Büro zu ihrem Handy. Erst wollte sie Rosies Nummer wählen, hielt dann aber inne und rief stattdessen Richie an.
»Was gibt’s?«
»Ich muss Aisha bei einer Operation helfen.«
»Cool. Was ist passiert?«
»Rich, ich hab keine Zeit. Kannst du alleine auf Hugo aufpassen?«
Pause. Bitte, Rich, bitte.
»Klar, kein Problem. Mach ich.«
»Danke. Ich sag Rosie, sie soll ihn bei dir vorbeibringen.«
»Ach was. Ich geh selbst rüber.«
»Rich, du bist der Beste.«
Er machte ein unidentifizierbares Geräusch. Offenbar war er peinlich berührt. »Jetzt mach mal halblang.«
Sie legte auf und rief Rosie an.
Bisher hatte sie bei so gut wie keiner Operation assistiert. Als sie in der Praxis angefangen hatte, war sie gerade fünfzehn geworden, und in den ersten sechs Monaten beschränkten sich ihre Pflichten darauf, Käfige zu säubern, Geschirr zu spülen und am Empfang zusitzen. Nach und nach hatte Tracey sie dazu ermuntert, mehr Verantwortung zu übernehmen, sich um die Tiere zu kümmern und bei der Behandlung dabei zu sein. Connie hatte das Gefühl, alles andere als zimperlich zu sein. Sie hatte keine Probleme damit, den Tieren Pillen oder subkutane Injektionen zu verabreichen. Aber vor OPs hatte sie immer noch Respekt. Sowohl Aisha als auch Brendan hatten ihr erklärt, wie wichtig es war, die Narkose zu überwachen, und sie darauf vorbereitet, im Falle eines negativen Verlaufs die nötigen Maßnahmen zu ergreifen. Die Realität sah allerdings ganz anders aus: Die Beatmungsschläuche und Anzeigen der Überwachungsgeräte erschienen ihr wahnsinnig kompliziert, und der Gedanke, es könnten Komplikationen auftreten und das Tier könnte ins Koma fallen, lähmten sie. Damit war sie Aisha keine große Hilfe. Während sie die letzte Klientin abfertigte, fand Connie eine Liste, die sie vor Monaten auf dem Computer erstellt hatte. Mit Traceys Hilfe hatte sie sich alles notiert, was sie im Falle einer Operation brauchte. Sie holte das Operationsbesteck, die Handschuhe und das Skalpell raus und bereitete die Spritzen für den Hund vor.
Sie hatte Tiere immer gemocht, obwohl sie als Kind nie eines gehabt hatte – ihre Eltern waren zu oft umgezogen. Aber ihre Tante liebte Katzen, und auch Connie hatte irgendwann ihr aristokratisches Wesen respektieren gelernt und sie für ihre Unabhängigkeit und sture Trägheit bewundert. Sie würde sich weder von Bart noch von Lisa trennen. Eines Tages aber wollte sie einen Hund haben. Einen großen, freundlichen, sabbernden Hund, mit dem sie lange Spaziergänge unternehmen und der nachts neben ihr schlafen würde.
Der Kelpie hatte sich in die Ecke verkrochen und winselte. Seine feuchten Augen blickten traurig. Er roch nach Angst, als würde er jeden Moment in den Käfig machen. Connie warf einen Blick auf das Post-it, wo sie den Namen der Besitzerin und ein paar andere Informationen notiert hatte. Der Hund hieß Clancy. Sie kniete sich hin, öffnete die Käfigtür und kraulte ihn vorsichtig hinter denOhren. »Ist schon gut, Clancy«, flüsterte sie, und der Hund leckte ihr bereitwillig die Hand. Sie holte ihn näher heran, zog die Spritze mit den Zähnen auf und stieß die Nadel ins dicke Fell im Nacken. Er zuckte nicht ein bisschen zusammen. Sie steckte die Kappe auf, klemmte sich die Spritze hinters Ohr und holte die nächste aus der
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