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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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Mann. In ein paar Tagen.« Richie lächelte zu ihr rüber. »Oder, Connie?«
    Sie wollte sagen: Nein, ich muss lernen. Ich hab keine Zeit. Wenn du mit Hugo spielen willst, kümmere dich gefälligst selbst darum. Stattdessen sagte sie nichts.
    Hugo wischte sich die Tränen ab. »Versprochen?«
    »Versprochen.« Er schlang die Arme um Richie und lief dann zu Connie.
    »Versprochen?«
    Sie zögerte. Er sah sie mit seinen blauen Augen an. Sie packte ihn und gab ihm einen Kuss. »Versprochen.«
    Er war verschwitzt und roch wie ein kleiner Junge, so wie Richie.
     
    Sie liefen durch den Park. Connie schwieg absichtlich, mit eisernem Blick, aber das schien Richie nicht aufzufallen. Er summte eine Melodie. Connie war genervt.
    »Hör auf damit.«
    »Womit?«
    »Du summst total schief.«
    »Was hast du eigentlich?«
    »Leck mich.«
    »Selber.«
    Sie blieb mitten auf dem Weg stehen. Ein junger Mann mit borstigem grauen Haar und circa einem halben Dutzend Ringen im rechten Ohr, Typ Rockstar, schob einen Kinderwagen und hielt ein hüpfendes kleines Mädchen an der Hand. Es redete auf ihn ein, irgendetwas über die Schule, und Connie trat beiseite, als sie an ihnen vorbeikamen. Richie sah dem Mann nach.
    Dann drehte er sich wieder zu Connie um. Er lächelte nicht mehr. »Was ist los, Con?«
    Sie brachte kein Wort heraus. Er kam auf sie zu und legte ihr den Arm um die Schulter. Sie schlug ihn weg.
    »Was hast du denn?«
    »Du hast das Foto rausgenommen, oder?«
    Er wurde erst bleich, dann rot und stieß einen albernen schwachen Pfiff aus, wie ein verängstigter Vogel. Am liebsten hätte sie ihm eine geknallt.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    Er war ein verdammter Lügner.
    »Du hast das Foto genommen.« Daran bestand kein Zweifel. Er war es gewesen, dieser Feigling. Er hatte sie angelogen. Mit langen wütenden Schritten lief sie weiter. Er versuchte mitzuhalten.
    »Connie, was hab ich getan?«
    Sie antwortete nicht. Ihre Augen wurden feucht, und sie kniff sich in die Hände, um nicht loszuweinen. Aber sie kam nicht dagegen an, die Tränen rollten los. Richie packte sie am Arm. Als sie sich wehrte, drückte er noch fester zu.
    »Wenn du mich nicht loslässt, schreie ich.«
    Sie hatten das Ende des Parks erreicht, auf der anderen Seite der Hoddle Street erstrahlte die Haltestelle im Licht der Straßenlaternen. Eine Bahn fuhr vorbei. Richie hielt sie immer noch am Arm fest, er schaute kurz nach rechts und zog sie über die Straße auf die Verkehrsinsel. Sie wollte nach ihm treten und weglaufen. Aberinzwischen weinte sie, und in ihr war kein Funken Energie mehr. Richie wartete auf eine Lücke im Verkehr und rannte dann mit ihr auf die andere Straßenseite. Er zerrte sie unter die Eisenbahnbrücke und schob sie durch das Loch im Zaun und über die Gleise. Sie hörte einen Zug kommen und dachte kurz, wie es wäre zu stolpern und überfahren zu werden. Er würde alles mit ansehen müssen. Es wäre seine Schuld und er würde damit leben müssen. Sie stellte sich ihre Beerdigung vor und seinen verstörten, panischen Blick. Es geschähe ihm nur recht, wenn er schuld an ihrem Tod wäre. Er zog sie auf den Damm hoch, setzte sie auf einen Steinblock und sich daneben. Ihr Arm schmerzte. Der Zug donnerte vorbei und fuhr in den Bahnhof ein.
    Als sie sich zu ihm umdrehte, um ihn anzuschreien, dass sie ihn hasste, stellte sie fest, dass auch er weinte. Plötzlich erschrak sie. Sie wollte, dass alles wieder gut war, dass sich die Scham, Angst und Traurigkeit in Luft auflösten. Sie wollte die letzte halbe Stunde ungeschehen machen. Wieder mit ihm im Garten sein, ausgestreckt in der Sonne liegen, dem Gelächter und dem Aufprallen des Balls lauschen. Sie schluckte, und dann wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt. Erschrocken legte Richie den Arm um sie. Sie wollte, dass alles wieder in Ordnung kam.
    »Hector hat mich vergewaltigt.«
    Ihr Schluchzen übertönte ihre Worte, und sie musste sie wiederholen. Geschockt ließ Richie den Arm sinken und strich ihr dann unbeholfen über die Schulter, um sie zu trösten. Das Schluchzen wurde weniger. Sie kam sich vor wie in einem Film. Als schwebte sie über ihnen beiden, sah auf sie hinunter und dirigierte die Szene.
    »Wann?« Richie war kreidebleich. »Wie, ich meine …« Er stockte, schluckte und versuchte es nochmal. »Erzähl mir, was passiert ist, Con.«
    Connie wusste plötzlich nicht weiter. Sie wollte nichts mehr sagen. Sie wollte keine Fragen beantworten, darauf war sie nicht

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