Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
kam zögernd. „Danke.“
„Ich liebe meinen Bruder“, fuhr Bonnie ruhig fort. „Sie verstehen ihn. Das schafft nicht jeder.“
„Ihn verstehen?“ Lee schüttelte den Kopf. „Mir kommt es vor, dass ich ihn umso weniger verstehe, je mehr ich über ihn herausfinde. Er hat mir in einer Ansammlung von Felssteinen mehr Schönheit gezeigt, als ich je selbst gefunden hätte. Und doch schreibt er über Horror und Ängste.“
„Und das halten Sie für einen Widerspruch?“ Bonnie zuckte die Schultern und lehnte sich zurück. „Es ist ganz einfach, Hunter sieht beide Seiten des Lebens. Er schreibt über die dunkle, weil sie die fesselndste ist.“
„Und er lebt …“ Lee machte eine die Küche umfassende Handbewegung.
„In einem trauten, kleinen Haus, versteckt in den Wäldern.“
Das Lachen kam ganz natürlich. „Ich würde es nicht gerade traut nennen, aber es ist ganz bestimmt nicht das, was man von dem führenden Schriftsteller des Landes über Horror und übersinnliche Geschichten erwartet.“
„Der führende Schriftsteller des Landes über Horror und übersinnliche Geschichten muss ein Kind großziehen.“
„Ja.“ Lees Lächeln verblasste. „Ja, Sarah. Sie ist entzückend.“
„Nein.“
„Sie ist der Mittelpunkt in seinem Leben. Manchmal wirkt er etwas überbeschützend. Hat er Ihnen von ihr erzählt?“
„Nein, nichts.“
Es gab Zeiten, da wurde Bonnies Liebe und Bewunderung für Hunter von Ärger überlagert. Diese Frau war in ihn verliebt, war nur einen Schritt davon entfernt, sich unwiderruflich an ihn zu binden. Jeder Narr kann das sehen, dachte Bonnie. Jeder Narr außer Hunter.
Der Jeep hielt draußen vor dem Haus. Vater und Tochter waren zurück.
„Ich glaube, ich bin froh, dass du sie mitgebracht hast“, meinte Sarah auf der letzten Strecke des Heimwegs.
„Du glaubst?“ Hunter sah zu seiner Tochter hinüber, die nachdenklich durch die Windschutzscheibe blickte.
„Sie ist schön, wie eine Prinzessin.“ Sie fuhr mit der Zunge über die Zahnklammer. „Du magst sie, das kann ich sehen.“
„Ja, ich mag sie sehr.“ Er kannte jede Nuance der Stimme seiner Tochter, jeden Ausdruck, jede Geste. „Das bedeutet aber nicht, dass ich dich weniger mag.“
Sie sah ihn lange an. Sie brauchte keine weiteren Worte, um sich seiner Liebe sicher sein zu können. „Wahrscheinlich musst du mich mögen“, entschied sie, halb im Scherz. „Weil wir beide aneinander kleben. Ich glaube nicht, dass sie mich mag.“
„Warum sollte Lenore dich nicht mögen?“ gab Hunter zurück.
„Sie lächelt kaum.“
Nicht genug, stimmte er ihr still zu, aber doch jeden Tag mehr.
„Wenn sie entspannt ist, lächelt sie.“
Sarah zuckte die Schultern. Sie war nicht überzeugt. „Sie, nun sie sieht mich echt komisch an.“
„Deine Grammatik ist entsetzlich.“
„Sie tut es aber.“
Hunter runzelte ein wenig die Stirn, als er in die staubige Zufahrt zu seinem Haus einbog. „Sie war einfach nur überrascht. Ich hatte ihr nichts von dir erzählt.“
Sarah starrte ihn einen Moment lang an, dann stemmte sie ihre alten Turnschuhe gegen das Armaturenbrett. „Das war nicht sehr nett von dir.“
„Vielleicht nicht.“
„Du solltest dich entschuldigen.“
Er warf seiner Tochter einen milden Blick zu. „Wirklich?“
Sie tätschelte Santanas Kopf, der sich von hinten über die Lehne vorbeugte und den Kopf auf ihre Schulter legte. „Wirklich. Mir sagst du immer, ich muss mich entschuldigen, wenn ich gemein war.“
„Ich war zunächst der Meinung, dass du sie überhaupt nichts angehst.“ Zunächst, fügte Hunter im Stillen hinzu. Die Dinge hatten sich geändert. Alles hatte sich geändert.
„Du sagst immer, dass ich mich entschuldigen muss, auch wenn ich es erklären kann“, unterstrich Sarah unbarmherzig. „Und obwohl ich es hasse, mich zu entschuldigen.“
„Frechdachs“, murmelte er und zog die Bremse.
Mit einem jauchzenden Lachen warf sich Sarah an ihn. „Ich bin froh, dass du wieder zu Hause bist.“
Er hielt sie einen Moment fest an sich gedrückt, nahm ihren Duft auf – Gras und Blumenshampoo. Es schien unmöglich, dass zehn Jahre vergangen waren, seit er sie das erste Mal gehalten hatte. Damals hatte sie nach Puder gerochen und nach Zerbrechlichkeit und frischem Leinen. Es schien unmöglich, dass sie mittlerweile halb erwachsen und die Zeit so kurz gewesen war.
„Ich liebe dich, Sarah.“
Zufrieden kuschelte sie sich einen Moment an ihn, dann hob sie pfiffig lächelnd den
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