Nur Fuer Schokolade
für Sie bei Gericht ein gutes Wort einlegen, wird der Richter vielleicht eine Zeitstrafe verkünden und von einer Verurteilung zur Todesstrafe absehen.«
Sie blickt ihn an und fügt hinzu: »…und Sie wollen doch nicht gehenkt werden, oder?«
»Ohne ein umfangreiches Geständnis in dieser Sache werde ich für die Todesstrafe plädieren und Sie werden sie wahrscheinlich auch erhalten.« Der Staatsanwalt weiß sehr genau, daß man die Todesstrafe so gut wie abgeschafft hat: sie wird seit Jahren nicht mehr vollzogen. Aber woher soll Leszek das wissen?
Wie ein Hammer treffen ihn die Worte »Todesstrafe« und
»Erhängen«. Er kann nicht mehr klar denken, immer wieder kreisen diese Worte in seinen Gedanken.
»Wir wissen längst«, fügte der Staatsanwalt hinzu, genau erkennend, daß er Leszek dort hat, wo er ihn haben will. »daß Sie ein armer Kerl sind, eine schwere Jugend hinter sich haben.
Nie eine Frau bekamen. Ich habe die Akte B. nochmals sehr genau studiert und Sie haben gesehen, daß das Gericht Sie sehr milde behandelt hat.«
Dies erweckt Vertrauen bei Leszek. Ein Geständnis wird für ihn zur einzigen Möglichkeit, dem Tod zu entrinnen. Er hat Angst.
»Und Sie versprechen mir, daß ich nicht gehängt werde?«
»Ja. Aber ich will alles ganz genau wissen, haben Sie verstanden?«
»Ja.« Leszek zögert, fügt dann aber hinzu: »Ich erzähle es Ihnen ganz genau.«
Die Kripobeamtin schaltet ein Tonbandgerät ein. Leszek Pekalski, inzwischen scheinbar völlig ruhig geworden, fängt mit seiner Erzählung an. Es ist still in dem Raum. Was folgt, ist eine detailreiche Schilderung dessen, was Sylwia R. am Tag ihres Todes widerfahren ist. Leszek Pekalski nennt Daten, die nur der Täter wissen kann, beschreibt, was er getan hat. Er faßt sich dabei immer wieder an die Hose, streichelt sich, redet sich selbst in Rage, ist erregt. Angewidert blicken sich die beiden Zuhörer an. Während der Schilderungen umklammert Leszek die Tafel Schokolade. Als er am Ende seiner Ausführungen ist, wirkt er entspannt. Er wartet offensichtlich darauf, vom Staatsanwalt gelobt zu werden, da er ja nun das gewünschte Geständnis abgelegt hat.
»Muß ich dafür wirklich sitzen, Herr Staatsanwalt?« fragt Leszek, doch er bekommt keine Antwort. Der Staatsanwalt ruft statt dessen zwei Gefangenenwärter: »Bringen Sie diesen Kerl in seine Zelle zurück.«
Leszek ist zwar enttäuscht vom schnellen Ende des Gesprächs – er hat noch viele Fragen zur Todesstrafe, doch bezahlt gemacht hat sich für ihn das Geständnis: die Tafel Schokolade. Als er danach allein in seiner Zelle sitzt, freut er sich sogar – er ist sich sicher, daß er noch viele Tafeln bekommen wird. Er weiß sehr genau, daß die beiden Beamten noch öfter kommen werden, nachdem man sein Geheim-versteck entdeckt hat, sehr oft sogar.
Und so ist es auch: Jedes Mal, wenn sie Leszek besuchen und ihn glauben lassen, sie hätten genügend Beweise gegen ihn, legt er Teilgeständnisse ab – jedoch nicht ohne vorher sein Honorar zu kassieren. Längst bittet er nicht mehr darum, er fordert es ein. Manchmal eine Tafel, manchmal mehrere. Er gesteht und gesteht und kein Ende ist abzusehen.
Der Staatsanwalt ist inzwischen besessen von diesem Fall, immer mehr Greueltaten ordnet er Leszek zu. Immer mehr kommt er zu der Einsicht, daß dieser Mann eine grauenhafte Blutspur durch ganz Polen legte. Vom Ostseestrand bei Danzig bis nach Niederschlesien läßt sich inzwischen seine Spur verfolgen. Die Zahl der Opfer ist zu diesem Zeitpunkt völlig unklar. Unklar ist auch, wie es diesem Mann gelungen ist, über zehn Jahre lang unbehelligt sein Unwesen zu treiben – und das fragen sich auch, nachdem sich die Medien eingeschaltet haben, die Bürger des Landes.
Leszek aber wird immer bockiger und anspruchsvoller.
Längst haben ihn seine Mithäftlinge aufgeklärt, daß es nicht gut sei, alles zuzugeben, auch nicht für ein paar Tafeln Schokolade. Und so kommt der Tag, an dem er gegenüber dem Staatsanwalt sagt, daß er nichts mehr gestehen werde. »Auch nicht für Schokolade.«
Für den Staatsanwalt zeichnet sich ab, daß es noch viel zu ermitteln gibt in Sachen Leszek Pekalski. Er vermutet, daß noch viele Opfer unter der Erde liegen, von denen man noch gar nichts weiß und deren Verschwinden ohne den Täter wohl nie aufgeklärt werden können. Immer wieder stellt er sich die bange Frage, wie dem beizukommen wäre – ohne die Mithilfe von Leszek? Dieser schweigt, spricht nur noch mit
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