Nur Fuer Schokolade
sei er für den Fund verantwortlich. Und vor ihm sitzt dieser Mensch, grinsend, freundlich, demütig.
Kaminski schreit ihn schließlich an. Leszek zuckt erschrocken zusammen.
»Wir haben in Ihrem Bettkasten blutverschmierte Kleidungsstücke gefunden! Frauenkleidung!«
Leszek stöhnt kurz, versucht, dem Blick des Staatsanwaltes auszuweichen.
»Wir glauben, daß die alle Ihnen gehören!«
Leszek blickt nicht auf, gibt aber fast trotzig zur Antwort:
»Ja, die sind mein Eigentum.«
»Tragen Sie Damenwäsche?« Der Staatsanwalt tut verblüfft.
Damit hat er nicht gerechnet.
»Nein, aber sie gehören mir. Sie sind alle mein Eigentum!«
Der Anwalt ringt nach Luft, muß sich beherrschen, würde am liebsten aufspringen und sein Gegenüber schlagen. Vor Wut, Empörung, Haß – und Zorn über sich selbst. »Bringen Sie den Mann ins Gefängnis, ich werde mich morgen mit ihm beschäftigen«, weist er die Beamten an. Leszek steht auf, tritt zwischen die beiden Beamten und verabschiedet sich artig.
»Auf Wiedersehen, Herr Staatsanwalt«, sagt er und verläßt dessen Büro. Wutschnaubend sieht der Leszek hinterher, wie er die Tür des Büros hinter sich schließt.
»Auf Wiedersehen, ja …« dabei denkt der Staatsanwalt laut nach. Vor ihm auf dem Schreibtisch liegt noch immer die Akte des getöteten Mädchens.
»Der Oberstaatsanwalt ist da. soll ich ihn hereinbitten?«
fragt unvermittelt seine Sekretärin.
Nach einer kurzen Unterredung, bei der er seinem Leiter eine Zusammenfassung der Ereignisse – aus seiner Sicht – schildert, erhält er die Anweisung, sich auf diesen Fall zu konzentrieren.
Er ist zufrieden. Schon am nächsten Tag will er gut vorbereitet sein – es gilt also, sich wieder in den Fall Sylwia R.einzuarbeiten. Er will Leszek zu einem Geständnis bringen.
Leszek Pekalski wird noch am selben Tag in das Gefängnis nach Slupsk, einer Stadt im Norden Polens, gebracht. Er ist kleinlaut, spricht kein Wort, ohne daß er gefragt wird. Man weist ihm die Zelle 53 zu. Leszek befindet sich zum ersten Mal in einem richtigen Gefängnis.
Völlig apathisch steht er in dem kleinen Raum und betrachtet die Einrichtung. Ein Tisch, ein Doppelstockbett, ein Einzelbett und ein kleines Wandregal. Noch immer hält er seine Ausstattung, Decken, eine Tasse und ein Eßgeschirr, die man ihm gegeben hat, in seinen Händen. Er ist völlig unfähig die Gegenstände abzustellen, zu sehr beeindruckt ihn die Atmosphäre, die in diesem Raum herrscht. Leszek ist umgeben von grauen Wänden, einer schweren Eisentür und einem kleinen Fenster, das er ohne Stuhl nicht erreichen kann. Er betrachtet die Sprüche an der Wand, die offensichtlich seine Vorgänger hinterlassen hatten, und liest halblaut: »Alles ist vergänglich, auch lebenslänglich!« Und: »Tröste dich mit mir, ich saß auch acht Jahre hier!«
Nachdenklich legt er die erhaltenen Utensilien ab und rückt den kleinen Tisch unter das Fenster. Er klettert hinauf und sieht nur eine große Wiese, umrahmt von einem Weg. Die Wiese endet an einer großen, hohen Mauer, die mit Stacheldraht gekrönt ist. Er steigt vom Tisch und setzt sich auf das Bett. Vor ihm auf dem Tisch liegen ein leeres Blatt Papier und ein Kugelschreiber. Was soll er damit? Er legt es beiseite.
Plötzlich folgt lautes Schlüsselklirren und die schwere Zellentür wird krachend geöffnet. Ein sehr streng wirkender, uniformierter Gefängnisbeamter herrscht ihn an: »Leszek Pekalski?« Noch bevor Leszek antworten kann, klärt ihn der Beamte auf, wie der Tagesplan im Gefängnis abzulaufen hat.
Er hört sich alles genau an, denn er erkennt, der Blick des Beamten duldet kein Nachfragen.
»Alles verstanden?« – Leszek nickt nur mit dem Kopf.
Bevor der Beamte die Zelle verläßt, dreht er sich noch einmal zu Leszek um und sagt: »Auf dem Blatt Papier, das auf dem Tisch liegt, möchte ich bis morgen Ihren Lebenslauf stehen sehen. Verstanden!«
Laut krachend schließt sich die Tür hinter dem Wärter, und Leszek steht allein in dem Raum, der für lange Zeit sein Zuhause werden soll. Die Nacht ist angebrochen. Punkt zehn Uhr wird das Licht gelöscht. So liegt Leszek mit weit aufgerissenen Augen im Bett und starrt an die Decke. Nur ein kleiner Lichtstrahl durch das Fenster erhellt den Raum ein wenig. Die Gitterstäbe malen verwinkelte Gestalten an die Decke, graues Schattenspiel zeichnet sich an den Wänden ab.
Er dreht sich zur Seite und versucht zu schlafen, was ihm erst nach Stunden gelingt. Er vergißt, weshalb
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