Nur Fuer Schokolade
seine »Arbeit« gut. Seine Aufzeichnungen, er hat nun seine Kindheit und Jugend niedergeschrieben, beeindrucken Roman. Leszek will nun beginnen, einzelne Taten zu schildern.
Vielleicht, weil er zwischendurch immer Sexvideos sieht, schreitet die Fertigstellung dieses für die Staatsanwaltschaft interessanten Teils der Aufzeichnungen nur langsam voran. Es scheint, als hätte er Angst davor, Erlebtes niederzuschreiben, Details von sich zu geben. Er beschreibt einen Fall, vernichtet das beschriebene Papier, setzt sich wieder hin, beginnt erneut.
Roman wundert sich – was hat dieser Leszek zu verbergen?
Wieso hat er Schwierigkeiten damit, nahezu alltägliche Verbrechen zu schildern, wo er doch die Freiheit in Aussicht hat? Was verbirgt sich hinter diesem kleinen, etwas unbeholfenen Mann, der alles, was sich um ihn herum in der Zelle befindet, zu seinem Eigentum erklärt?
Das Herz scheint Leszek fast stehenzubleiben, als am nächsten Tag die Tür der Zelle geöffnet wird und ihm der Beamte zuruft: »Leszek, Sie haben Besuch! Eine junge Dame!«
»Meine Schwester?« fragt Leszek. erhält aber keine Antwort. Er überlegt kurz. Eine junge Dame, das kann nur seine Zwillingsschwester sein. Freudig folgt er dem Beamten ins Besucherzimmer. Lange, sehr lange hat er schon darauf gewartet, daß ihn jemand besuchen würde. Vor allem wartet er auf seine Zwillingsschwester und auf Onkel Bogdan. So vieles hätte er ihnen zu erzählen. Doch im Besucherzimmer findet er weder die Schwester noch der Onkel vor. Leszek ist enttäuscht. Dafür lächelt ihm eine junge, attraktive Reporterin entgegen.
Leszek ist unsicher und weiß nicht, wie er auf diese Frau reagieren soll. Er will sich gerade zu dem Gefängniswärter umdrehen, als ihn die Reporterin anspricht. »Ich bin Journalistin, meinen Namen kennen Sie ja schon. Und Sie sind Leszek Pekalski?«
»Ja, das bin ich«, gibt er sich zu erkennen. Er fühlt sich geschmeichelt von der Ehre, daß sich eine Reporterin gerade für ihn interessiert. »Ich möchte über Sie schreiben«, sagt sie, und fügt hinzu:
»Sie sind ja jetzt ein berühmter Mann in Polen.«
»Wenn Sie meinen«, ist seine Antwort. Er ist stolz. Berühmt!
Er! Neugierig fragt er: »Was wird denn von mir geschrieben?«
»Daß Sie sehr vielen Mädchen sehr weh getan haben.«
»Da waren die aber alle selber schuld …«. sagt er hastig, bricht aber mitten im Satz erschrocken ab.
»Erzählen Sie weiter«, fordert die Reporterin Leszek auf.
Mit einer Antwort wie dieser hat sie nicht gerechnet. Leszek wird kaltschnäuzig, als er ihr Interesse entdeckt. »Ich werde gar nichts mehr erzählen, wenn ich nicht mindestens zwei Schachteln Zigaretten, und zwar Marlboro, und drei Tafeln Schokolade von Ihnen bekomme. Schokolade esse ich nämlich für mein Leben gerne.«
Sie willigt ein, macht sich schnell – und aufgeregt – auf den Weg zur Kantine, um das Gewünschte zu besorgen. Während Leszek allein mit seinem Wärter im Besucherraum sitzt, überlegt er, was er dieser jungen Frau alles erzählen soll. Die Wahrheit etwa? Während er darüber nachdenkt, vor allem, was Roman dazu raten würde, betritt sie wieder das Zimmer. Sie lächelt ihn an: »Hier sind die gewünschten Sachen.« Sie stellt eine Plastiktüte neben sich. Leszek läßt die Reporterin keine Sekunde aus den Augen. Es ist ihr peinlich, als sie merkt, wie Leszek ihren Körper mustert. Sie ist erleichtert, als er das Schweigen bricht.
»Was soll ich Ihnen denn erzählen?« will er wissen.
»Alles!« lautet ihre kurze Aufforderung. Leszek nickt nur kurz mit dem Kopf und beginnt, zu erzählen. Sie beobachtet ihn sehr genau und bemerkt das nervöse Umherirren seiner Augen einen stechenden Blick, der Menschen Angst machen kann. Sie versucht ständig, diesen kalten Augen auszuweichen, doch es gelingt ihr nicht. Auch Leszek wird unruhig, seine Hände verschwinden unter dem Tisch. Sie ahnt, was er tut. Er erzählt weiter, immer weiter, ohne sie nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Schweiß rinnt ihm über die Stirn, er ist äußerst erregt und sie bekommt Angst. Der Wärter, der Leszek genau beobachtet, bricht die Unterredung ab. Zu gefährlich scheint ihm die Entwicklung.
»Die Besuchszeit ist zu Ende. Kommen Sie, Leszek. wir gehen«, fordert er Pekalski auf. Die Reporterin blickt zur Uhr und stellt fest, daß die ihr gewährte Zeit noch lange nicht zu Ende ist. Außerdem merkt sie, daß Leszek noch weitererzählen möchte. Dem Beamten ist dies zu riskant;
Weitere Kostenlose Bücher