Nur Fuer Schokolade
gerichtspsychiatrischen Abteilung in Krakau. Die Polizei spottet deshalb, daß man ihn »dort wohl ganz verrückt gemacht« habe. Ein weiteres psychiatrisches Gutachten aus Krakau kommt zusammengefaßt zu folgendem Ergebnis:
»Er ist der klassische Fall eines besessenen Sexualtriebtäters, eines seelisch Abartigen, geprägt von schweren Persönlichkeitsstörungen: ein sozialer Außenseiter, der von seiner Umgebung nie akzeptiert wurde und sich mit Gewalt nahm, was ihm die Gesellschaft verweigerte. Ein Narziß, der seine Konflikte und Ängste sexualisierte, in sich aufstaute und so zu einer Bombe wurde, die früher oder später explodieren mußte.
Entweder würde er sich selbst umbringen oder andere.
Psychisch krank scheint er nicht zu sein. Er tötete im Vollbewußtsein.«
Daher ist es ihm völlig egal, ob die Frauen und Männer, die er vergewaltigte noch lebten. Die Psychiatrie spricht hier von »verdinglicht«, was bedeutet, daß Leszek seine Opfer während der Taten zu Objekten degradierte. Mit diesen Objekten konnte er tun, was er wollte, ohne an Schuld oder Reue zu denken.
Und es verschaffte ihm ein Gefühl der Allmacht. Sexualität war ihm dabei nur Mittel zum Zweck, eine Triebfeder, die er nicht steuern kann und auch nicht will. Leszek Pekaiski wird zunächst ab März 1994 in der psychiatrischen Klinik in Krakau untersucht und dann in die dortige Universitätsklinik verlegt.
Dort untersucht man ihn nochmals. Für die Auswertung eines erstellten Gutachtens werden die besten Psychiater, Psychologen, Sexualberater sowie Mitarbeiter der einzigen international anerkannten Jagiellonen-Universität zu Rate gezogen. In diesem Ausnahmefall hat man alle Experten der Psychiatrie eines Landes beauftragt, Gutachten über Leszek Pekalski zu erstellen. Man kommt zu folgendem Ergebnis:
»Leszek Pekalski leidet unter einer Störung, die man als Nekrosadismus bezeichnet. Er tötete und schlug auf die regungslosen Körper ein. Diese Taten beflügelten ihn.«
Leszek Pekalski wird durch das ständige Umherreichen von einem Psychiater zum anderen immer dreister. Er genießt es förmlich, wie man sich um ihn bemüht. Wann in seinem ganzen Leben hätte ihn jemals irgendwer so beachtet? Und nun dreht sich plötzlich alles um ihn, jeder ist darauf bedacht, gut mit ihm auszukommen. Er merkt sehr schnell, wie sich der Wind für ihn gedreht hat. Leszek ist nicht mehr der unbeachtete Dorftrottel, nun wird er gegrüßt, sogar von den Männern in den weißen Kitteln. Auch gestaltet sich der Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt viel angenehmer für ihn als die Haft. Durch seine freundliche Art hebt er sich von den anderen Patienten ab und wird zum gern gesehenen Gast.
Die Freundlichkeit der Pfleger ist nicht mit dem harten Umgangston der Gefängniswärter zu vergleichen. Und oft bekommt er zu hören: »Wenn Sie mir sagen, wie die Morde geschahen, kann ich Ihnen helfen.«
Sehr schnell lernt Leszek einem Psychiater »die Wahrheit« anzuvertrauen, um sie dann bei der Polizei zu widerrufen und sich als Unschuldslamm darzustellen. Dieses Spielchen beherrscht er so souverän, daß es ihm gelingt, sich eineinhalb Jahre in diversen psychiatrischen Anstalten untersuchen zu lassen. (In Deutschland befindet sich ein Mörder zur Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens über seine Schuldfähigkeit circa sechs Wochen in einer Anstalt.)
Es ist egal, ob Leszek den Rat eines Psychiaters oder eines Mitgefangenen erhält, er befolgt sie alle. Niemand mehr weiß, was Wahrheit und Lüge von all dem ist, was Leszek von sich gibt. Vermutlich kann er es selbst nicht mehr unterscheiden.
Leszek Pekalski ist fleißig, er macht seine »Zellenhausauf-gaben«. Fein säuberlich schreibt er Seite für Seite und versieht sie mit Tatortskizzen, so gut er sich erinnern kann. Er schreibt in 130 Tagen auf 57 Seiten ein Protokoll. Jede Seite davon eine Verhöhnung aller menschlichen Werte. Niemand weiß, ob es ihm Freude bereitet, über die Vorfälle genauestens zu berichten. Er kennt keine Tabus, genüßlich schreibt er nieder, wie er – meist junge – Menschen auf die grausigste Art tötete und, fast ausschließlich erst nach deren Tod, schändete. Was hat ihm mehr »Freude« bereitet – das Schänden oder das Töten? Unverständlich ist, warum er junge, hübsche Frauen deformiert und sie erst vergewaltigt, nachdem aller Reiz, der von den Körpern ausgegangen war, zerstört ist. Er zertrümmerte den Kopf eines blutjungen Mädchens, von dem er
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