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Nur Fuer Schokolade

Nur Fuer Schokolade

Titel: Nur Fuer Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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erreichbar ist. Sie können Leszek, mit Handschellen an das Fenster des Wagens gekettet, nicht sehen, da man ein Spalier von Polizeibeamten vom Wagen bis zum Eingang des Gebäudes gebildet hat. Leszek steigt mit über den Kopf gezogener Jacke aus dem Wagen, so daß es unmöglich ist, sein Gesicht zu sehen. Sein Weg zum Gerichtssaal ist abgesperrt, keinem Reporter gelingt es, in seine Nähe zu kommen.
    Weil die erste Anwältin die Pflichtverteidigung Leszeks ablehnte, sind zwei männliche Strafverteidiger vom Gericht bestellt. Sie haben bereits ihre Plätze eingenommen, als Leszek den Saal betritt. Noch immer hat er seine Jacke nicht vom Kopf genommen. Der Angeklagte, von kleiner Statur, vornüber geneigt, in sich zusammengesunken, mit einem unruhigen Glitzern in den Augen und sehr, sehr blaß, bittet den Richter:
    »Bitte, lassen Sie kein Bild von mir in der Presse und im Fernsehen veröffentlichen. Danke.«
    »Nehmen Sie die Jacke vom Kopf«, ist die knappe Antwort des Richters.
    Leszek verbirgt sein Gesicht mit den Händen.
    Der Staatsanwalt verliest in fünf Stunden eine 250 Seiten lange Anklageschrift. Demnach soll Leszek Pekalski 17
    Menschen getötet haben. Nur um sich ein wenig im Saal umschauen zu können, legt Leszek sein Gesicht leicht frei.

    Durch seine gespreizten Finger glitzern unheimliche Augen, er mustert seine Umgebung genau.
    Nach zweistündiger Verlesung der Anklage, die die ersten acht Morde betreffen, verschwindet plötzlich seine Schüchtern-heit – er nimmt die Hände vom Gesicht, fängt an, in den Zuhörerraum zu lächeln und für die Fotografen zu posieren. In der ersten Pause sagt er zu einem seiner Wächter, daß er für ein entsprechendes Honorar bereit wäre, ein Interview zu geben.
    Nach Verlesung der Anklageschrift erhält Leszek Pekalski die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft zu äußern. Seine Augen wandern kurz von einer Seite zur anderen, dann schaut er wieder auf seine Hände. Nachdem er sich nochmals der Beamten versichert hat, erklärt er: »Ich habe die ganzen Menschen nicht getötet, über die der Herr Staatsanwalt sprach. Ich habe nur vierzehn Menschen getötet.«
    Er gibt an, daß ihn die Polizei dazu gebracht habe, alle diese Morde zu gestehen. Dabei hält er den Kopf gesenkt und spricht ganz leise, als wolle er nur zu sich selbst sprechen. Er zählt sorgfältig auf, womit man ihn zum Geständnis gebracht hat: Schokolade, Zigaretten, Süßigkeiten, Kaffee, Zucker – da er gerne gesüßten Kaffee trinkt –, Kassettenrecorder, Kassetten, Alkohol und immer wieder Schokolade. Immer wieder besteht er darauf, nur vierzehn Menschen getötet zu haben. Er zögert und stottert zwar, beantwortet aber alle Fragen des Gerichts höflich.
    Ihm ist die Situation offensichtlich klar: hier wird über ihn gerichtet, hier wird über Leben und Tod bestimmt.
    In den nächsten Tagen des Prozesses folgen die Beweisaufnahme und die Vorführung des Filmmaterials der Tatortbesichtigungen. Einer dieser Videofilme erregt Leszek Pekalski besonders. Es ist die Rekonstruktion des Mordes an Iwona R. Die Staatsanwaltschaft hat im Rahmen einer Tatortbesichtigung am 18. August 1993 den Angeklagten aufgefordert, den Mord an Iwona R. mit einer Gummipuppe nachzustellen. Die Rekonstruktion fand genau an der Stelle in Slok bei Belchatow statt, an der Iwona R. ihr Leben lassen mußte. Man sieht, wie Leszek, in Handschellen, die Puppe vom Staatsanwalt ausgehändigt bekommt. Er freut sich.
    Der Staatsanwalt: »Wir haben hier diese Puppe. Zeigen Sie mir, was Sie mit Iwona getan haben.«
    Daraufhin überreicht er ihm die Originalhandtasche des Opfers und fragt weiter: »Was hatte sie an?«
    Leszek: »Die Kleidung war von dunkler Farbe … ich kann mich nicht mehr erinnern. Weil ich sehr erregt war.«
    »War es dunkel?«
    Leszek: »Ja, es war … dunkel.«
    »Als Sie sie ermordeten, war es da hell oder dunkel?«
    Leszek: »Es war finster. Ja, der Tag brach an und ein wenig wurde es heller. Ja, winzig … winzig (er stottert). Ja, bißchen Tagesanbruch.«
    »Und der Verdächtige führte diese Frau zu dieser Stelle, und was war weiter?«
    Leszek: »Und dann schlug ich sie. Ich … war sehr erregt und ich warf sie um. Ja, ich warf sie um. Ja, und sie lag auf dem Rücken. In dieser Position, in der sie liegt, ja, ich befriedigte mich. Ich zog sie ganz nackt aus. Ich habe keine Zweifel, was die Nacktheit angeht.« (Dabei legt er die Gummipuppe behutsam auf die Erde und streift mit seiner Hand

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