Nur Fuer Schokolade
Dominanz über sein Opfer, er will die totale Macht. Denn nur diese Macht macht es ihm möglich, sein Opfer uneingeschränkt für seine Zwecke zu gebrauchen. Vorausgesetzt, er trifft auf keinen Widerstand.«
Auch Dr. Dr. Janusz H., der psychiatrische Gutachter, der Leszek Pekalski untersuchte, kommt zu Wort:
»Leszek Pekalski wurde immer wieder von Frauen abgewiesen. Die Möglichkeit, sich auf einem ganz normalen Wege zu befriedigen, war für ihn nicht gegeben. Die Entwicklung Leszeks und seine Außenseiterrolle geht vor allem auf seine reduzierte Gefühlswelt zurück. Er hatte nie gelernt, positive Emotionen zu erleben. Wie zum Beispiel die Liebe von anderen Menschen, die Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen. Sympathie und andere emotionale Gefühlszustände kannte er nicht. Dieser Mangel ist einer der schwerwiegendsten.«
In der Zwischenzeit ist auch das Interesse der polnischen Presse an diesem Fall wieder gestiegen. In großen Lettern wird auf den Termin hingewiesen, an dem Janina vor Gericht zu erscheinen hat. So ist es nicht verwunderlich, daß an diesem Tag die Zuhörerplätze überfüllt sind. Es gibt auf den Gängen nur ein Thema: Wird Janina heute die Wahrheit sagen oder bei ihrer Aussage bleiben?
Durch ein Spalier Neugieriger wird sie als Angeklagte von einem Polizeibeamten zur Saaltür geführt. Ihr Vater folgt ihr mit gesenktem Kopf in geringem Abstand. Diesmal nimmt Janina nicht am Zeugenstand Platz, sondern sie setzt sich auf den Stuhl, auf dem noch Tage zuvor Leszek Pekalski saß. Auch ihn hat man zum Gerichtsgebäude gebracht und er verbringt schon einige Zeit in einer Verwahrzelle im unteren Stockwerk.
Die beiden Polizeibeamten, die damals Janina vernommen haben, sitzen auf der Zeugenbank und warten auf ihren Auftritt.
»Ruhe, Ruhe« ruft die Protokollführerin in den Saal und kündigt das Gericht an. Die Richter erscheinen und alle im Saal erheben sich. Noch einmal muß der Vorsitzende die Zuhörer zur Ruhe ermahnen, bevor der Prozeß beginnen kann.
Nachdem der Staatsanwalt die Anklageschrift verlesen hat, wendet sich der Vorsitzende an die Angeklagte.
»Angeklagte. Sie haben die Ausführungen des Staatsanwaltes gehört. Sie müssen sich dazu nicht äußern, oder wollen Sie sich dazu äußern?«
Den Kopf nach unten richtend und mit leiser Stimme beginnt Janina C. mit Ihrer Aussage:
»Hohes Gericht, ich habe in meiner Aussage als Zeugin die Unwahrheit gesagt!«
Die Sensation ist perfekt, das Gericht muß mit der Räumung des Saales drohen, damit der Prozeß weitergeführt werden kann. Stockend, den Tränen nahe, fährt die Angeklagte fort:
»Ich bin an diesem Abend mit Sylwia zu dem vereinbarten Platz gegangen, ich war viel zu neugierig, was dort geschehen würde. Sylwia wollte unbedingt, daß ich mitgehe, ich glaube, sie hatte doch ein wenig Angst davor, sich mit diesem Mann alleine zu treffen.«
»Sie geben also zu, die Unwahrheit bei Ihrer Zeugenaussage vor Gericht – und das unter Eid – gesagt zu haben.
Angeklagte?«
»Ja, das gebe ich zu« stammelt Janina C. und ihr Schluchzen wird immer stärker.
»Aber warum haben Sie denn nicht damals schon die Wahrheit gesagt. Sie hätten sich doch wirklich vieles ersparen können?«
Janina blickt zu ihrem Vater und fährt nach einer Weile fort:
»Ich hatte solche Angst vor meinem Vater. Er hat mich damals geschlagen, als er davon erfuhr, daß ich am Abend mit Sylwia diesen Mann getroffen habe. Meine ganze Familie machte mir Vorwürfe, daß es sich nicht gehöre, in meinem Alter, sich mit einem Mann am Waldrand zu treffen. Sie warfen mir vor, was die Leute des Dorfes von mir denken würden, wenn sie dies erfahren würden, und daß ich dann nie einen Mann bekommen würde.«
Dabei beginnt Janina zu weinen. Tränen laufen über ihr Gesicht, als sie dem Gericht ausführlich schildert, wie ihre Eltern reagierten, als sie alles von diesem Abend mit Sylwia beichten mußte. Ihr Vater sei damals völlig außer sich geraten, wiederholt sie immer wieder. Sie schluchzt so sehr, daß das Gericht Mühe hat, sie überhaupt zu verstehen. Sie kann kaum mehr sprechen, als sie die Worte wiedergibt, von denen sie nie geglaubt hätte, daß sie je ein Fremder erfahren würde.
»Du … du bist eine Hure. Eine Hure! Treibst dich in deinem Alter mit fremden Männern im Wald herum. Eine Schande bist du für deine Mutter und für mich, sagte mein Vater und schlug mich unentwegt. Und dabei habe ich doch gar nichts Unanständiges getan. Ich bin
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