Nur Fuer Schokolade
sagen, das mache ich. Ich glaube, für sie bin ich kein schlechter Mensch. Die Polizei ist an allem schuld, sie behauptet all die schrecklichen Dinge, sie wollten einen großen. berühmten Mörder aus mir machen. Sie haben mich ausgetrickst. Sie haben mich gezwungen, die vielen Morde zu gestehen. Ich habe nichts getan, ich bin kein großer Mörder.
Ganz bestimmt nicht. Ich komme bestimmt in den Himmel.
Glauben Sie mir, ich habe niemanden getötet. In allen Zeitungen steht, ich bin ein unersättlicher Teufel, aber das stimmt nicht, ich bin kein Teufel. Ich habe nichts getan, ich bin ganz brav!«
»Leszek, erzählen Sie uns über Ihre Jugend« – damit sind wir bei seinem Lieblingsthema.
»Ich habe eine sehr schwere Jugend gehabt, ich bin am 12. Februar 1966 in einem kleinen Dorf geboren. Meine Mutter war nicht verheiratet mit meinem Vater, und ich glaube, daß ich deshalb eine so schwere Kindheit gehabt habe. Auch meine Großmutter mochte mich nicht, ich glaube, sie war ein böser Mensch. Ich erinnere mich, ich wollte einmal spielen, aber meine Großmutter wollte das nicht und sie war böse auf mich.
Dann hat sie meine kleine Hand genommen und auf die heiße Herdplatte gedrückt. Das war diese Hand, ja, diese«, sagt er und deutet dabei auf seine rechte Hand. »Als meine Mutter ins Krankenhaus kam und ich sie besuchen wollte, hat sie mich weggeschickt, und dann ist sie gestorben und ich konnte nie mehr mit ihr sprechen, warum sie mir so vieles angetan hatte.
Ich glaube, sie hat mich nicht geliebt, sie war böse auf mich, daß ich ihr Kind war. Immer hat sie mich weggeschubst und geschlagen. Sie hat mich immer in Heime gesteckt, weil sie mich nicht mochte.«
Leszek Pekalski ist schlau, was wie eine unverbrauchte, noch nie gehörte, alles entschuldigende Geschichte klingen soll, ist einstudiert. Über eine Stunde lang beteuert er immer wieder seine Unschuld. Zwischendurch gähnt er gelangweilt und lächelt die Anwesenden an. Ja, er gibt sogar eine Heirats-annonce vor laufender Kamera auf:
»Ich bin doch ein junger Mann und ich komme bestimmt bald frei, weil ich niemandem etwas getan habe. Ich möchte eine Frau, die zu mir paßt, sie sollte nicht viel reden, ich mag nur solche Frauen, die nicht viel reden. Wie sie aussieht ist mir egal, denn ich weiß, daß ich nicht schön bin, aber ich weiß, daß ich ein braver Mensch bin.«
Die beiden Beamten in der Ecke verfolgen Leszeks Aussagen genau und schütteln nur immer wieder den Kopf.
Leszek bemüht sich nach Kräften, den Eindruck des braven Burschen zu vermitteln. Alle Anwesenden sind der Meinung, daß er an diesem Tag nichts mehr über seine Taten preisgibt.
Also wird sein Gesprächspartner ungemütlicher und konfrontiert ihn mit Beweisen und Zeugenaussagen, mit Tatzeiten und Namen der Opfer. Leszek gibt keine Antwort, blättert in den Pornoheften, zählt die Schokoladentafeln.
Er wird nachdenklich und seine bisherige Ruhe verwandelt sich in Nervosität. Sich ständig im Gesicht kratzend, beginnt er, mit dem Oberkörper vor- und zurückzuwippen. Er stampft mit den Beinen auf den Boden und betrachtet jeden einzelnen.
Das Bild des braven, unschuldigen Leszek bekommt Risse.
Dann kommt eine Frage, mit der er wohl nicht gerechnet hat:
»Welche Frauen lieben Sie am meisten, Leszek?«
Nach einer kurzen Pause sagt er: »Ich mag Rothaarige und Schwarze.«
»Warum keine blonden Frauen?«
»Blonde Frauen gefallen mir auch, aber nicht so sehr, sie sind so gewöhnlich.«
Ein klarer Seitenhieb auf die junge Dolmetscherin, die Leszek sehr wohl gefällt mit ihren blonden Haaren. Er will Desinteresse anzeigen: seine Taten, wenn es denn welche waren, sollen nichts mit dieser Situation zu tun haben. Er versucht, Abstand zu gewinnen, doch er wird unruhig. Er fängt an, im Zimmer einige Schritte auf und ab zu gehen.
Das Interview wird zum Kammerspiel: guter Leszek, böser Pekalski, was soll man glauben? Die Spannung steigert sich ins Unerträgliche, Leszek schwitzt zum ersten Mal und wirkt äußerst unsicher. Man merkt ihm an, er will ein Interview geben, aber ohne Geständnisse irgendwelcher Taten, einfach über sein Leben.
Mit dieser Situation hat er nicht gerechnet, er war sich sicher, die Schokolade leichter zu verdienen. Er setzt sich wieder und nachdem er seine Unschuld beteuert hat, merkt er, daß man seinen Geschichten und Ausflüchten mit größter Skepsis begegnet.
Da sucht er nach seinem Betreuer, springt wieder vom Stuhl und geht auf ihn zu. Er fragt ihn,
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