Nur Fuer Schokolade
an Leszek:) »Tut es dir leid, was du den Opfern angetan hast?«
Antwort: »Ein bißchen schon, ein bißchen tut es mir leid.«
Die Psychologin dazu:
»Eine Tat zu bereuen setzt voraus, daß man wirklich erfaßt hat, was man getan hat. Leszek weiß auf einer intellektuellen Ebene, daß er diese Taten begangen hat, aber es ist für ihn nicht wirklich, er weiß nicht wirklich, was er den Frauen und den anderen Opfern für unermeßliches Leid angetan hat.«
Polnische Justizkreise erfahren, daß Leszek Pekalski vor laufender Kamera 14 Morde gestanden hat und daß ein deutsches Fernsehteam im Besitz der Originalbänder ist. Über das polnische Generalkonsulat läßt man eine Kontaktperson in Deutschland wissen, daß die Staatsanwaltschaft dringendst diese Aufnahmen benötigt. Natürlich wird sofort eine Kopie des Bandes angefertigt, um sie den polnischen Justizbehörden zukommen zu lassen. Doch auf dem Postweg ist dies zeitlich nicht mehr zu schaffen, da die Beweisaufnahme in wenigen Tagen abgeschlossen ist. Sobald der Staatsanwalt sein Plädoyer gehalten hat (und dies war für den kommenden Montag vorgesehen), wäre dieser Beweis wertlos.
Der sonst so sichere Staatsanwalt ist deshalb nervös und bittet den Kontaktmann, sofort nach Polen zu fliegen, damit man die Bänder für die Verhandlung verwerten kann. Wieder kommen Zweifel auf – wieso braucht die Staatsanwaltschaft so dringend dieses Video? Hat sie keine Beweise, die Leszek Pekalski – wenigstens für einige seiner Taten – den Weg in die Freiheit versperren?
Am Freitag, den 29. November 1996, sitzt ein Deutscher im Flugzeug nach Danzig. Sein wichtigstes Gepäckstück: die Fernsehaufnahmen. Ein Taxi bringt ihn zum Hotel »Hevelius«.
Am nächsten Morgen wird er auf den Staatsanwalt treffen und ihm die Aufnahmen überreichen.
An diesem Tag aber läßt er sich vom Hotel noch eine Dolmetscherin vermitteln; eine etwa fünfzigjährige, sehr gepflegt aussehende, dunkelhaarige Frau stellt sich noch am selben Nachmittag vor. Sie ist in den Sommermonaten Reiseleiterin und in der übrigen Zeit steht sie Geschäftsleuten zur Verfügung. Die kleine, quirlige Frau ist voller Tatendrang und gespannt darauf, was sie übersetzen soll. Als sie erfährt, was auf sie zukommt, daß sie sich mit dem Staatsanwalt hier im Hotel treffen würde und am Montag ein Besuch bei Leszek Pekalski im Gefängnis vorgesehen sei, wird sie aufgeregt.
»Bei Leszek Pekalski, dem Massenmörder? Im Gefängnis?« fragt sie argwöhnisch.
Als ihr Auftraggeber erklärt, daß er dafür Verständnis hätte, wenn sie nicht mit in das örtliche Gefängnis zu diesem Menschen gehen möchte, schüttelt sie resolut den Kopf: »Nein, den Leszek Pekalski möchte ich schon kennenlernen. Ich bin viel zu neugierig, um mir diese Chance entgehen zu lassen«, erklärt sie und alle Angst weicht in diesem Moment von ihr.
»Ich, beim größten Menschenschlächter Polens. Ich, mit ihm in einem Raum«, sagt sie vor sich hin.
Noch für denselben Spätnachmittag erhalten beide die Zusage, daß der Staatsanwalt ins Hotel kommen will. Er ist angenehm überrascht, weil jemand für seine Zwecke eine weite Reise gemacht hat, um die gewünschte Kassette zu über-bringen. Er erklärt sich bereit, Informationen, die sich nicht auf die noch folgenden Prozeßtage beziehen, preiszugeben. So wird manche Frage, die in Zusammenhang mit Leszek Pekalski immer wieder auftauchte, an diesem Tag erörtert.
Nach drei Stunden verabschiedet er sich und verspricht, sich am nächsten Tag wieder mit dem Duo zu treffen. Auch die Dolmetscherin ist froh, sich zu verabschieden, denn: dieser Tag, der 30. November, ist einer der ganz großen Feiertage Polens. An diesem Tag haben alle Polen Namenstag. »Sie werden ja sehen«, heißt es, »was da bei uns heute Abend los ist im Restaurant, da wird getanzt und gelacht und natürlich auch getrunken bis morgen früh. Am besten, Sie bleiben an der Bar, denn schlafen können Sie heute nacht auf ihrem Zimmer vor lauter Lärm bestimmt nicht.«
Guter Leszek, böser Pekalski
Wieviele Tote bleiben verscharrt?
Am nächsten Tag hat Staatsanwalt Buksa das Video gesehen und ausgewertet. Ungläubig hat er in der Nacht am Bildschirm verfolgt, wie Leszek Pekalski vor der Kamera eines deutschen TV-Teams den Mord an 14 Personen gestanden hat. Ist dies der Beweis, der das Gericht letztendlich von der Tatsache, einen bestialischen Serienkiller vor sich zu haben, überzeugen wird?
Ist dies der Moment in Leszeks Leben,
Weitere Kostenlose Bücher