Nur Fuer Schokolade
Staatsanwalt fügt sich ebenfalls der Entscheidung des Gerichts.
Niedergeschlagen vernimmt er den Wunsch des Vorsitzenden Richters, er möge doch nach einer Pause sein Schluß-
plädoyer halten. Doch dazu ist der Staatsanwalt nicht in der Lage.
»Herr Vorsitzender, dazu bin ich heute nicht imstande, ich ersuche Sie daher, einen Termin am morgigen Tag oder besser übermorgen zu verfügen.«
»Der Termin für das Plädoyer wird auf übermorgen verlegt.«
»Für morgen«, so beschließt das Gericht, »ordnen wir eine nochmalige Tatortbesichtigung mit der Zeugin Janina C. in der Sache Sylwia R. an. Die Sitzung ist geschlossen.«
Damit endet einer der traurigsten Tage im Leben des 1954 in Posen geborenen Staatsanwaltes. Demonstrativ legt er noch im Gerichtssaal seine Robe ab und muß das hämische Grinsen des wahrscheinlich größten lebenden Massenmörders unserer Zeit
über sich ergehen lassen. Beim anschließenden Gang zum Mittagessen, hat er, umringt von einer Schar von Presse-menschen, nur einen Kommentar übrig: »Ich bin müde, sehr müde, der Prozeß zieht sich zu lange hin. Ich bin froh, wenn dieser Prozeß abgeschlossen ist.«
Die vielen Reporter verabschieden sich. Er weiß, daß alle Gazetten Polens morgen über den Verlauf des Prozesses berichten werden. Über seine Niederlage. Doch er ist nicht wütend, eher erschöpft, traurig, vielleicht auch verzweifelt. Es ist ihm nicht gelungen, anhand eines Videos aufzuzeigen, daß Leszek Pekalski sehr wohl die Wahrheil gesagt hat.
Nach einer Zeit, in der sich wenig Neues im Fall Leszek Pekalski ergeben hat, überschlagen sich die Zeitungen am nächsten Tag tatsächlich in den Berichten rund um den Prozeß.
Das Videoband, der Staatsanwalt, der grinsende Leszek – zu dankbar ist das Thema, als daß auch nur eine Zeitung nichts berichten würde. Hier einige Auszüge:
Aus einem Artikel unter der Überschrift »Verbrecher kommen auf die Straße?«:
Wenn der Kongreß nicht die Gesetze ändert, kommen im nächsten Jahr die gefährlichsten Verbrecher, angeklagt wegen Mordes und Vergewaltigungen, auf die Straße. Die Abge-ordneten meinen, daß es schon zu spät sei, die Gesetze zu ändern. Die höchste Gerichtsinstanz Polens sei ja in der Luge, die in einem Gefängnisurteil festgelegte Arrestzeit zu verlängern. Da derzeit keine Möglichkeit besteht, die Banditen, die getötet oder ähnliche Straftaten begangen haben, lebenslang wegzusperren, kann es auch im Falle Leszek P.s möglich sein, daß er wieder auf freien Fuß kommt. Das höchste Gericht in Polen hat jedoch die Möglichkeit, die Gefängniszeit wegen der langzeitigen psychiatrischen Beobachtungen zu verlängern
…. meint Prof. Andzrej G. von der Universität Wolnos …
Trödel, wie eine Reliquie
Der für 20 Verbrechen, darunter 17 Morde, Angeklagte Leszek Pekalski wurde gestern unter verstärkter Bewachung in sportlicher Kleidung im Gerichtssaal vorgeführt.
Diese radikale Veränderung des äußeren Anblicks ist das Verdienst des deutschen Teams von Spiegel TV. Vor ihrer Kamera hat der Angeklagte unlängst auch seine Haltung verändert. Er schrieb sich selbst 14 Morde zu, obwohl er sich vor Gericht zu keinem einzigen bekannte.
Der Staatsanwalt Mieczyslaw Buksa nutzte die Gelegenheit zur Unterstützung der Anklage mit neuen Beweisanträgen, die sich aus der Fernsehreportage und aus polnischen Presse-publikationen ergeben haben, darunter auch der in unserer Zeitung gedruckte Artikel »Reumütig vor dem Urteil«.
Die Richter hörten gestern, am 37. Prozeßtag, daß die Veränderung der Haltung und Einstellung des Angeklagten Ergebnis des Druckes und verschiedener Versprechen der deutschen Fernsehjournalisten sind. Ich bin gezwungen worden … und ich habe schlecht gestanden (bis 14 Morde – die 246 Red.), aber das ist nicht wahr, bekannte der Angeklagte. Er fügte hinzu, daß er außer der Sportbekleidung und dem Pullover vom Spiegel-Team Lebensmittel und pornographische Hefte erhalten hat.
– Er bat mich um meinen Trödel (Hose, Pullover und Strümpfe), und ich habe sie ihm gegeben, sagte der Angeklagte.
Das war alles Trödel …
(Die Zeitung unterlag einem Irrtum, denn bei dem deutschen Team handelte es sich nicht um Spiegel TV – d. A.)
Das Gericht auf Abwegen
Der gestrige Teil der Verhandlungen gegen Leszek Pekalski, angeklagt für 20 Morde, fand in Darskow; Gemeinde Kolczyglowy
statt.
Die Richter des Wojewodschaftsgerichtes in Slupsk, der Angeklagte und der Verteidiger am Ort
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