Nur in deinen Armen: Roman
stehen. Das Gebäude vor ihnen war teilweise aus Holz gebaut, heruntergekommen und ein wenig schäbig.
»Ja, das ist das Red Bells.«
»Und Juggs ist der Wirt.«
Phyllida ging weiter. »Er wird dafür bezahlt, dass er manchmal Häftlinge unterbringt, deshalb sollten Sie in Ihrem Urteil nicht zu hart sein.«
Lucifer verkniff sich eine Antwort darauf. »Was ist dann passiert?«
»Ich habe dafür gesorgt, dass jemand Papa gerufen hat, dann bin ich in das Bells gegangen.« Sie sah ihn an. »Woran erinnern Sie sich denn noch?«
»Nicht an alles, aber es reicht. Sie sind geblieben, bis Ihr Vater gekommen ist, und dann ist er nach Hause geritten, um einen Wagen zu schicken. Als Nächstes erinnere ich mich deutlich, dass …« Er sah ihr tief in die Augen, während seine Erinnerungen zurückkehrten, »ich mitten in der Nacht aufgewacht bin.«
»Ja, und das war auch alles.« Sie ging schneller weiter. »Sie waren ruhelos, aber Ihr Kopf war in Ordnung - es waren nur die schlimmen Schmerzen.«
Lucifer beobachtete sie genauer. Warum hatte sie die Gelegenheit nicht genutzt und ihm davon erzählt, dass sie an seinem Bett Nachtwache gehalten hatte? Immerhin hatte er sie in eine Lage gebracht, in der sie ihm dankbar sein musste, warum also hatte sie sich nicht revanchiert?
Sie schlenderten an einigen hübschen Häuschen vorüber auf einem sanft geschwungenen Weg. Endlich kam das Herrenhaus in Sicht.
»Also gut«, meinte er. »Ich kenne jetzt Ihre Geschichte. Ich weiß auch, dass Sie in Horatios Zimmer waren, ehe ich es betrat und dass Sie auch noch dort waren, nachdem ich niedergeschlagen worden bin.«
»Sie wissen gar nichts.«
Er sah sehr selbstgefällig aus, wie sie aus den Augenwinkeln beobachtete.
»Sie können auf keinen Fall wissen, dass ich das war, nur wegen einer Berührung.« Der Blick, mit dem sie ihn ansah, war zugleich wütend und ein wenig unsicher.
»Doch, das kann ich. Ich weiß, dass Sie das waren.«
»Sie können auf keinen Fall sicher sein.«
»Hmm … vielleicht nicht. Warum berühren Sie mich nicht einfach noch einmal so, damit ich feststellen kann, ob ich sicher sein kann.«
Sie blieb stehen und wandte sich zu ihm, ihre Augen sprühten Funken. »Hoi! Miss Phyllida!«
Sie drehten sich beide um. Ein untersetzter Mann mit einer ledernen Schürze und einer Weste kam über den Dorfanger auf sie zu.
»Ist das der Schmied?«
»Ja, das ist Thompson.«
Thompson kam näher. Er ließ den Blick nicht von Lucifer, dann nickte er höflich. »Sir.« Er nickte auch Phyllida zu, doch dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Lucifer. »Ich möchte mich entschuldigen, wenn Sie vielleicht ein paar blaue Flecken abbekommen haben, als wir Sie auf meinen Wagen geladen haben. Natürlich haben wir geglaubt, Sie seien der Mörder, und Sie waren auch nicht gerade leicht, aber ich möchte, dass Sie mir das nicht übel nehmen.«
Lucifer lächelte ihn an. »Das tue ich nicht. Und so schnell bekomme ich auch keine blauen Flecken.«
»Gut.« Thompson atmete erleichtert auf, dann griente er breit. »Dann ist es also gut. Auch wenn das keine sehr nette Begrüßung für Sie hier im Dorf war, ganz besonders nicht mit dem Schlag auf den Kopf.«
Phyllida wand sich insgeheim. Sie blickte über die Straße zum Herrenhaus.
»Hat Sir Jasper denn schon irgendwelche Vermutungen, wer der Mörder sein könnte, Sir?«
Beide antworteten wie aus einem Mund. »Nein.« Doch erst jetzt wurde Phyllida wirklich verlegen, weil sie bemerkte, dass die Frage gar nicht an sie gerichtet gewesen war.
Lucifer schien belustigt. »Sir Jaspers Untersuchungen über den Fall dauern noch an«, fügte er hinzu.
»Aye, also gut …«
Phyllida wartete, während Thompson auf die Schmiede auf der anderen Seite des Dorfangers deutete und Lucifer versicherte, dass er ihm gern beistehen würde, den Mörder in Eisen zu legen, oder dass er ihm seine Pferde zu seiner Verfolgung zur Verfügung stellen würde.
Noch einmal nickte Thompson ihnen beiden zu, dann verschwand er wieder über den Dorfanger.
Phyllida ging weiter, und Lucifer schlenderte elegant und lässig neben ihr her. »Das scheint ein friedlicher kleiner Ort zu sein«, murmelte er.
»Normalerweise schon.« Sie bemerkte, dass sein Blick über den Dorfanger und den Entenweiher auf dem Hügel ging.
Sie umgingen den Teich und seine Bewohner und landeten schließlich am Tor des Herrenhauses. Lucifer musste sich ducken, um den Ranken der Glyzinie auszuweichen, die vom Torbogen herunterhingen.
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