Nur in deinen Armen: Roman
Minuten nachdem die Ladys es sich dort gemütlich gemacht hatten. In diesen fünfzehn Minuten hatten sie Mary Anne gelauscht, die ein Stück auf dem Klavier gespielt hatte. Sobald die Gentlemen den Raum betraten, schloss Mary Anne das Klavier und mischte sich unter die Gäste, die sich miteinander unterhielten. Phyllida ging zu ihr hinüber.
Mary Anne sah sie kommen, und sofort lag ein beunruhigter Blick in ihren blauen Augen. » Nein !«, zischte sie, noch ehe Phyllida ein Wort sagen konnte. »Du musst doch verstehen, dass es ganz unmöglich ist. Du musst diese Briefe finden, du hast es versprochen !«
»Ich hätte geglaubt, dass du mittlerweile begreifen würdest …«
» Du bist diejenige, die nicht begreift! Wenn du die Briefe erst einmal gefunden und sie mir zurückgegeben hast, dann kannst du ihm noch immer alles sagen, wenn du so sicher bist, dass es nicht anders geht.« Mary Anne rang die Hände, dann sah sie an Phyllida vorbei. »Oh, gütiger Himmel! Da ist Robert - ich muss ihn retten, ehe Papa ihn in die Enge treibt.«
Mit diesen Worten eilte sie zur anderen Seite des Raumes.
Phyllida sah ihr nach, dabei runzelte sie ein wenig verärgert die Stirn. Noch nie hatte sie Mary Anne so aufgeregt gesehen. »Was um alles in der Welt steht nur in diesen Briefen?«
Sie sah sich in dem Zimmer um, überprüfte, ob einer der Gäste vielleicht etwas brauchte, ob sie ihre Rolle als Gastgeberin spielen musste, doch dann stellte sie fest, dass Lucifer auf sie zukam. Sie wartete, bis er neben ihr stehen blieb und dann zusammen mit ihr die Gäste betrachtete.
»Deine Busenfreundin, Miss Farthingale - wie stehen die Dinge zwischen ihr und Collins?«
»Die Dinge?«
Er warf ihr einen schnellen Blick zu. »Farthingale sah aus, als würde er einen Schlag bekommen, als Collins mit Mr Crabbs hier ankam. Und Mrs Farthingale machte zuerst einen betroffenen Eindruck, doch dann presste sie grimmig die Lippen zusammen und gab sich ihrem Schicksal hin. Ich bin dem Beispiel deines Vaters gefolgt und habe mich den ganzen Abend über ablenken lassen - es würde mir sehr helfen, wenn ich wüsste, welches Spiel hier überhaupt gespielt wird.«
Phyllida sah ihm in die Augen. »Die beiden sind verliebt, wir alle hoffen, dass es ohne eine Tragödie enden wird.« Sie sah zur anderen Seite des Raumes, wo sich Robert Collins mit Henrietta Longdon unterhielt, die offensichtlich neben Mary Anne auf der chaise saß. »Mary Anne und Robert haben sich ineinander verliebt, als sie sich zum ersten Mal gesehen haben. Das war vor sechs Jahren. Die beiden passen perfekt zusammen bis auf eines.«
»Collins hat kein Geld.«
»Genau. Mr Farthingale hat den beiden verboten, sich zu treffen, aber auch wenn Robert in Exeter lebt, sehen sie sich doch immer wieder, und Mary Anne war bis jetzt äußerst hartnäckig.«
»Seit sechs Jahren? Die meisten Eltern hätten längst nachgegeben.«
»Mr Farthingale ist sehr stur. Genau wie Mary Anne.«
»Und wer wird gewinnen?«
»Mary Anne. Glücklicherweise wird Robert schon sehr bald die nötigen Voraussetzungen für eine Registrierung als Anwalt geschaffen haben. Crabbs hat ihm bereits eine Stelle angeboten. Und wenn Robert erst einmal als Anwalt arbeitet, kann er auch eine Frau unterhalten, dann wird Mr Farthingale kapitulieren, weil er keine andere Wahl mehr hat.«
»Also ist Farthingales Getue nur eine Schau?«
»In gewisser Weise schon. Es wird von ihm erwartet, es ist ja nicht so, als könne man Robert nicht vorzeigen.« Er war vielleicht ein wenig zu sanftmütig, zu konservativ, zu wenig bestimmend, doch er kam aus einem akzeptablen Elternhaus. »Die Farthingales haben Robert heute Abend hier nicht erwartet. Jeder weiß Bescheid, und wir alle bemühen uns, die Situation nicht noch zu verschlimmern.«
»Und was ist heute Abend geschehen?«
Phyllida blickte zu Lady Huddlesford hinüber, die am Kamin Hof hielt. »Ich bin mir nicht sicher. Wahrscheinlich hat meine Tante, die in jedem Jahr zwei oder drei Monate hier verbringt, es vergessen und hat in ihrer Unschuld Robert zusammen mit Crabbs eingeladen.«
»Aber …?«
Phyllida verzog den Mund. »Unter dem sorgfältig aufrechterhaltenen Äußeren ist sie ziemlich romantisch. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sie sich einbildet, sie würde den beiden Liebenden den Weg ein wenig ebnen.«
»Ah.«
In diesem einzigen Wort lag sein ganzer Zynismus. Phyllida blickte auf - und entdeckte Percy, der auf sie beide zukam.
Er nickte Lucifer zu, doch er sah
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