Nur in deinen Armen: Roman
ich dir nicht sagen. Wirklich nicht. Aber«, sie sprach plötzlich so schnell, dass ihre Worte ganz undeutlich wurden. »Ich habe eine entsetzliche Befürchtung.« Sie griff nach Phyllidas Händen. »Wenn Mr Cynster die Briefe findet, wird er sie Mr Crabbs geben!«
»Warum sollte er das tun?«
»Mr Crabbs ist sein Anwalt, er kennt ihn!«
»Ja, aber …«
»Und selbst, wenn er sie nur Papa gibt, dann wird Papa sie Mr Crabbs zeigen - sie haben sich immerhin gestern Abend auf der Farm getroffen. Du weißt doch, dass Papa alles tun würde, nur damit Robert mich nicht heiratet!«
Dagegen konnte Phyllida nichts sagen, aber … »Ich verstehe noch immer nicht, warum …«
»Wenn Mr Crabbs die Briefe liest, wird er Robert aus seiner Firma werfen! Und wenn Robert seine Ausbildung nicht beenden kann, werden wir niemals heiraten können!«
Langsam bekam Phyllida eine Ahnung, was in den Briefen stehen könnte. Sie wünschte, sie könnte Mary Anne versichern, dass alles nicht so schlimm war - wenigstens nicht, wenn man es mit einem Mord verglich. Doch leider war sie nicht sicher, wie niederschmetternd diese Enthüllungen wären - nicht für Mr Crabbs.
Mary Anne versuchte, sie zu schütteln. »Du musst diese Briefe einfach zurückbekommen!«
Phyllida betrachtete ihre großen Augen, in denen die Panik so deutlich geschrieben stand, selbst in dem schwachen Licht. »Also gut. Ich werde sie schon bekommen. Aber ich habe den Schreibtisch noch nicht gefunden. Unten im Haus ist er nicht, also muss ich auf eine Gelegenheit warten, um die oberen Räume zu durchsuchen.«
Mary Anne machte einen Schritt zurück und bemühte sich, ihre Fassung wiederzufinden. »Du wirst doch niemandem etwas davon sagen, nicht wahr? Ich glaube, ich könnte es nicht ertragen, wenn ich Robert nicht heiraten kann.«
Phyllida zögerte, und Mary Annes Augen wurden noch größer. Phyllida seufzte auf. »Ich werde es niemandem sagen.«
Ein schwaches Lächeln stahl sich um Mary Annes Lippen. »Danke.« Sie drückte Phyllida an sich. »Du bist eine wundervolle Freundin.«
8
»Was wolltest du mir eigentlich sagen?« Lucifer warf Phyllida einen Blick zu, die neben ihm auf dem Kutschsitz des Wagens saß. »Als wir gestern Abend zusammen auf der Terrasse waren.«
Sie befanden sich auf dem Weg nach Chard, die Schwarzen von Lucifer trabten dahin, hinten im Wagen stand ein Picknickkorb. Er hatte am späten Vormittag einen Besuch auf der Farm gemacht, und ohne größere Schwierigkeiten war es ihm gelungen, Phyllida dazu zu überreden, ihn auf diesem Ausflug zu begleiten.
Er hatte ihr einige Meilen lang Zeit gelassen, um die Unterhaltung vom gestrigen Abend noch einmal anzuschneiden, doch das hatte sie nicht getan.
Im leichten Wind wehten die Bänder ihrer Haube, als sie ihn jetzt ansah. »Auf der Terrasse?«
Der Ton ihrer Stimme behauptete, dass sie sich nicht mehr an diesen Augenblick erinnern konnte. »Aber du hast doch gesagt, es gäbe da etwas, das ich wissen müsste.«
Und sein Ton sagte ihr, dass er ihr das nicht abnahm.
Nach einem Augenblick angespannten Schweigens hob sie das Kinn. »Ach ja, jetzt weiß ich es wieder. Ich wollte dir sagen, dass mein Wunsch, den Mörder von Horatio zu finden, genauso stark ist wie deiner und dass du dich darauf verlassen kannst, dass ich dir helfe, wo ich nur kann.«
Er zog die Augen zusammen und betrachtete den Teil ihres Gesichtes, der unter der Haube noch zu sehen war. Endlich sah sie auf, doch sie vermied seinen Blick. Ihr ruhiger Gesichtsausdruck verriet ihm nichts. Und da er im Augenblick alle Hände voll zu tun hatte, um seine übermütigen Schwarzen im Zaum zu halten, gab es nichts, was er tun konnte, um sie zu zwingen, ihm in die Augen zu sehen.
Ein wenig verächtlich betrachtete er sie. »Ich habe bereits gewusst, dass du entschlossen bist, den Mörder von Horatio zu finden, und ich habe auch die Absicht, dich dabei um deine Hilfe zu bitten. Genau das tue ich jetzt in diesem Augenblick.«
Flüchtig sah sie zu ihm auf. »Indem du mich gebeten hast mitzukommen, damit ich dir helfen kann, mit den Stallburschen zu sprechen?«
»Fällt dir sonst noch jemand ein?«
»Hmm.« Sie schien ein wenig besänftigt, auch wenn er nicht wusste, warum.
Wer hatte nur diese entsetzlichen Hauben erfunden? Ein Gentleman mittlerer Größe hatte die größten Schwierigkeiten, das Gesicht einer Lady zu sehen, wenn sie saß oder neben ihm stand.
Als er ihr einen weiteren schnellen Blick zuwarf, stellte er fest, dass sie über
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