Nur nicht aus Liebe weinen
an.
„Verdammt, wo bist du nur so lange gewesen?“ Anklagend streckte er ihr die Abendzeitung entgegen. „Hast du denn nichts davon gehört? In Kensington wurde heute ein Drogendealer erschossen, der einige Geiseln in seiner Gewalt hatte. Laine, das war genau dort, wo du arbeitest. Ich habe schon das Schlimmste befürchtet.“
„Der ganze Block war abgesperrt. Wir konnten erst zur Arbeit, als alles vorbei war. Und das bedeutete Überstunden. Wie du siehst, geht es mir gut. Aber das kann dir ja gleich sein. Schließlich hast du ja selbst gesagt, dass du nicht mein Kindermädchen bist. Also lass mich bitte endlich in Frieden. Mein Tag war schrecklich, und ich habe keine Lust, mich von dir auch noch anschreien zu lassen. Ich möchte nur noch baden und dann in mein Bett“, funkelte sie ihn an.
Er musterte sie eine ganze Weile, und langsam wurden seine Züge sanfter. „Hast du schon was gegessen?“
Laine überlegte kurz. „Nein, noch nicht.“
„Dann nimm du dein Bad, und ich koche dir etwas.“
Verlegen starrte Laine auf den Teppich. „Tritt jetzt wieder deine ritterliche Seite zutage?“
„Vielleicht. Aber du wirst es überleben. Und jetzt geh endlich, bevor ich es mir anders überlege.“
Laine stutzte plötzlich. „Woher weißt du überhaupt, wo ich arbeite?
„Wenn ich dir schon eine Empfehlung schreibe, wollte ich auch ein bisschen mehr über deinen neuen Arbeitgeber wissen.“
Überrascht starrte sie ihn an. „Du hast sie selbst geschrieben?“
„Darum hattest du mich doch gebeten, oder nicht?“
„Ja, schon.“ Aber du wolltest doch deine Sekretärin damit beauftragen?
„Na also, dann geh jetzt lieber. Oder muss ich etwa das Bad für dich einlassen und dich in die Wanne tragen?“, neckte er sie.
Laine stürmte ins Badezimmer und schlug die Tür zu. Atemlos und völlig verwirrt lehnte sie sich an den Türrahmen. Erst war er wütend, dann plötzlich neckte er sie. Was hatte das zu bedeuten? Und wollte sie wirklich herausfinden, was als Nächstes kam? Zitternd vor Müdigkeit ließ sie sich schließlich in das warme Wasser sinken.
Doch an Entspannung war gar nicht zu denken. Sosehr sie sich auch bemühte, an etwas anderes zu denken – die ganze Zeit hatte sie Daniel und Belinda vor Augen. Wie sie sich eng umschlungen liebten. Wie sie gemeinsam lachten. Wie sie sich ihre intimsten Geheimnisse ins Ohr flüsterten.
Zornig wischte Laine sich eine feuchte Strähne aus der Stirn. Sie musste aufhören, an so etwas zu denken! War das unerfüllbare Verlangen nach Daniels Körper nicht schon qualvoll genug? Das kurze Glück, das die beiden miteinander teilen durften, lag weit zurück. Welche Chance hatte sie gegen eine charmante Schönheit wie Belinda?
Nach dem Baden stand Laine lange Zeit reglos vor dem großen Spiegel in ihrem Zimmer und betrachtete sich prüfend. Bei ihrer zierlichen Statur war es kein Wunder, dass Daniel sie immer als schutzloses Mädchen sah.
Aber Freundlichkeit und Gutmütigkeit reichten ihr nicht. Heute genauso wenig wie damals. Inzwischen lebten sie und Daniel zwar zusammen, führten aber kein gemeinsames Leben. Immer noch liebte sie ihn, durfte es ihm aber nicht zeigen. Sie ertrug die quälende Einsamkeit, um ihre Sehnsucht nach ihm zu verbergen.
Doch dieser unglaublich schweren Last konnte sie nicht mehr lange standhalten.
Sie musste etwas ändern. Nur was? Vielleicht wäre es ein Anfang, zu ihm ins Wohnzimmer zu gehen und mit ihm zu Abend zu essen.
Bislang hatte seine Wut über ihren scheinbaren Verrat immer eine Art Mauer gebildet, die unüberwindbar schien. Die sie davon abhielt, sich ihren Sehnsüchten hinzugeben. Aus Angst, ihr so schwer erkämpftes bisschen Stolz zu verlieren. Doch damit war nun Schluss! Sie würde diese Mauer überwinden. Nur für eine Nacht wollte sie Daniels Nähe ganz und gar spüren. Diesmal sollte er sie wirklich zur Frau machen.
Bevor sie zurück ins Wohnzimmer ging, trug sie einen Hauch von Rouge auf. Es sollte nicht den Eindruck machen, als würde sie sich herausputzen.
Daniel hatte es sich bereits auf einem der beiden Sofas bequem gemacht und sah sich gerade eine Nachrichtensendung an. Als Laine näher kam, erhob er sich, und sie spürte seinen prüfenden Blick auf ihrer Haut. Er stellte sein Weinglas ab, um auch Laine einzuschenken.
„Das Abendessen wird sofort serviert“, sagte er mit einem warmen Lächeln, bevor er in die Küche verschwand.
Gerade als Laine sich in das weiche Sofa schmiegen wollte, entdeckte sie, dass der
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