Nur noch diese Nacht
hatten sich geliebt, fantastischen Sex gehabt, waren alles füreinander gewesen, was eine Achtzehnjährige und ein Mann von zweiundzwanzig sich hätten wünschen können. Doch geheiratet hatten sie, weil sie schwanger war. Ohne das wäre ihre heiße Romanze wohl nach ein, zwei Jahren verglüht, und jeder wäre seiner Wege gegangen – ohne die Bürde einer Vergangenheit, die keiner von ihnen gewollt hatte.
Ryan hatte wie ein Ehrenmann gehandelt, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Und, ja, nach der Fehlgeburt hatte er sich in die Arbeit geflüchtet. Aber er hatte sie nicht verlassen.
„Du hast alles getan, was ich zugelassen habe – und mehr. Nachdem ich gegangen war, musst du erleichtert gewesen sein. Warum auch nicht … so wie ich dich behandelt habe?“ Claire zögerte, dann zwang sie sich auszusprechen, was überfällig war: „Glaube mir, Ryan, es tut mir schrecklich leid. Ich habe mich so verhalten, weil ich zornig war. Zornig auf die Ungerechtigkeit des Schicksals, auf meine Eltern, die mich im Stich gelassen haben, als ich sie am meisten brauchte.“
„Deine Eltern waren selbstsüchtige Menschen, die zu Gefühlen wie Liebe, Zuwendung oder Verantwortung gar nicht fähig waren. Da ist es nur zu verständlich, dass du wütend auf sie warst.“ Selbst nach all den Jahren konnte Ryan sich darüber empören.
„Mag sein. Aber mit solchen Empfindungen musste ich vorher nie fertig werden. Ich war so verwöhnt. Aber ich war nicht nur wütend auf sie …“
„Du warst auch wütend auf mich.“ Er hatte es gewusst. Das machte alles nur noch schlimmer.
„Ja.“ Claire konnte ihm nicht in die Augen sehen, während sie über die Wunden der Vergangenheit sprach. „Weil du an dem Schicksalsschlag nicht zerbrochen bist. Du warst wesentlich stärker als ich und konntest dein Leben weiterführen, hattest deine Arbeit, während mir nichts blieb.“
„Nichts“, wiederholte Ryan so resigniert, dass es umso mehr schmerzte.
„Ich wusste, dass du mich nur geheiratet hast, weil ich schwanger war. Aber nachdem ich das Baby verloren hatte …“
„Dachtest du, ich wäre wie deine Eltern, weil du deinen Teil des Handels nicht erfüllt hättest? Ich habe dich geliebt.“
„Ich hatte unser beider Leben zerstört und fühlte mich schuldig.“
Aufgebracht packte Ryan sie bei den Schultern und schüttelte sie. „Du hattest keinen Grund, dich schuldig zu fühlen.“
„Ich war schrecklich zu dir, Ryan. Als du mir helfen wolltest, habe ich mich geweigert, auch nur mit dir zu sprechen. Dich anzusehen. Zu berühren.“
„Claire, für dich war das Leben innerhalb weniger Monate zur Hölle geworden. Du warst erst achtzehn. Ja, du hast mich von dir gestoßen, aber ich habe nichts dagegen unternommen. Und dann ließ ich dich einfach gehen.“
„Als ich für mich keine andere Möglichkeit mehr sah.“
„Meine Güte, du stellst es ja so hin, als seist du dankbar dafür gewesen, dass ich mich so verhalten habe.“
„Ja, so kann man es nennen. Ich musste mir ein eigenes Leben aufbauen und dich in deinem wieder Tritt fassen lassen. Durch dein Verhalten konnte ich das.“
Ungläubig sah Ryan sie an – er spürte, dass da noch mehr war.
Und es stimmte ja. Jetzt durfte sie ihm nur noch das Eine gestehen.
„Ich habe dich geliebt“, flüsterte Claire im schmerzlichen Wunsch nach Heilung. Doch darum ging es hier nicht. Was gerade zwischen ihnen geschah, war noch mehr – als schon die Nächte in seinen Armen – der Abschied. „Alles hätte ich dafür gegeben, um für immer mit dir zusammenzubleiben, Ryan. Ich habe diesen Verlust betrauert wie den Verlust unseres Babys. Aber es gibt nun einmal Dinge, die nicht sein sollen.“
Zärtlich legte Ryan die Arme um sie und zog sie an sich. Und zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, ebenso viel Kraft zu geben, wie sie empfing.
Als Claire erwachte, spürte sie Ryans Hand auf ihrem Bauch. Er ließ die Finger so leicht über ihre nackte Haut gleiten, dass er sie kaum berührte. Er hatte sich seitlich aufgestützt und betrachtete sie im gedämpften Licht der Nachttischlampe.
Er schien nicht zu ahnen, dass sie wach war.
„Es sind keine da“, sagte sie leise.
Ryan blickte ihr in die Augen und hielt in der Bewegung inne.
„Schwangerschaftsstreifen. Danach suchst du doch, stimmt’s?“
„Ich war auf einmal neugierig. Bisher ist mir nichts aufgefallen, aber …“
Schwangerschaftsstreifen waren ja auch nicht gerade das, wonach ein Mann während leidenschaftlicher
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