Nur Wenn Du Mich Liebst
die Antwort, auf die sie gehofft hatte. »Das heißt, ich war die Erste, die angedeutet hat, dass Tracey möglicherweise lügt.«
»Ja.«
»Und Sie haben mir widersprochen, nicht wahr?«
Das Lächeln auf Susans Lippen erstarb. »Ja.«
»Haben Sie mich nicht gefragt, welchen Grund Tracey gehabt haben sollte, ihre Mutter zu töten?«
Susan wand sich auf ihrem Stuhl. »Möglicherweise.«
»Das heißt, es erschien Ihnen unvorstellbar, dass Tracey etwas Derartiges getan haben könnte?«
»Zunächst ja.«
»Und jetzt? Fragen Sie sich nicht noch immer, warum?«
»Einspruch, Euer Ehren.«
»Ich werde die Frage anders formulieren«, sagte Vicki rasch. »Die Anklage hat angedeutet, dass Tracey ihre Mutter getötet haben könnte, weil sie eifersüchtig auf die neue Beziehung ihrer Mutter mit Howard Kerble war. Hat Tracey in Ihrer Gegenwart je irgendetwas gesagt oder getan, das diesen Eindruck bestätigen könnte?«
»Einspruch, Euer Ehren«, sagte Michael Rose noch einmal. »Die Zeugin ist schließlich keine Psychologin.«
»Abgelehnt«, sagte der Richter. »Die Zeugin ist absolut qualifiziert, die Frage zu beantworten.«
»Nein«, gab Susan zu.
»Hat Tracey je etwas gesagt, was bei Ihnen den Eindruck hervorgerufen hat, dass sie über die Verlobung ihrer Mutter unglücklich war?«
»Nein.«
»Sie wirkte vielmehr so, als freute sie sich für ihre Mutter, oder nicht?«
»Sie
wirkte
glücklich.«
»War sie nicht sogar richtig aufgeregt darüber, dass sie die erste Brautjungfer ihrer Mutter sein sollte?«
»Schon möglich.«
»Sie hatten jedenfalls keinen Grund, etwas anderes zu vermuten, oder?«
»Nein.«
»Hat Barbara sich besorgt darüber geäußert, dass Tracey eifersüchtig und unglücklich sein könnte?«
»Nein.«
Vicki wandte sich den Geschworenen zu und setzte eine ratlose Miene auf. »Sie haben ausgesagt, dass Sie Barbara Azinger seit vierzehn Jahren kannten. Wie oft haben Sie sich getroffen.«
»Das war unterschiedlich.«
»Aber Sie waren nicht vierundzwanzig Stunden am Tag zusammen?«
»Natürlich nicht.«
»Wie oft dann? Ein paar Stunden täglich?«
»Wir haben versucht, uns mindestens einmal pro Woche zu treffen.«
»Verstehe. Ein paar Stunden einmal pro Woche. Und trotzdem können Sie mit absoluter Gewissheit beschwören, dass Barbara ihre Tochter nie missbraucht hat.«
»Ja«, sagte Susan störrisch.
»Hat Barbara mit Ihnen je über ihr Sexualleben gesprochen?«
Susan blickte Hilfe suchend zum Staatsanwalt, und er stand auch pflichtschuldig auf und erhob seinen Einspruch.
»Ich lasse die Frage zu«, sagte der Richter.
»Manchmal.«
»Hat sie Ihnen je erzählt, dass sie den sexuellen Kontakt mit ihrem früheren Mann unbefriedigend fand?«
»Ja.«
»Und dass sie während ihrer Ehe regelmäßig einen Orgasmus vorgetäuscht hat?«
»Ja, und? Millionen von Frauen täuschen Orgasmen vor. Das macht sie doch noch nicht zu Kinderschändern. Barbara war eine normale Frau, die normalen Sex mochte.«
»Barbara mochte Sex mit Männern und hatte deshalb keinen Grund, ihre Tochter zu missbrauchen. Wollen Sie das sagen?«
»Ja«, sagte Susan misstrauisch und mit zitternder Stimme, während ihr Blick hin und her zuckte, als hätte sie Angst, in eine Falle getappt zu sein.
»Vielen Dank, Mrs. Norman«, sagte Vicki lächelnd. »Ich habe keine weiteren Fragen.«
33
Am nächsten Montag rief der Staatsanwalt Ron Azinger in den Zeugenstand.
Ron, der im Laufe der Jahre ein bisschen aus dem Leim gegangen war und nicht mehr so forsch wirkte, sagte aus, dass Barbara ungeachtet der Scheidung stets eine vorbildliche Mutter gewesen sei, die mit Tracey ein außergewöhnlich enges Verhältnis gehabt habe, und dass Tracey ihm gegenüber nie etwas davon gesagt hatte, dass ihre Mutter sie in irgendeiner Weise misshandelt oder missbraucht hätte.
»Sie hat sich nie über ihre Mutter beschwert?«, fragte Vicki im Kreuzverhör.
»Nein, nie.«
»Ein Mädchen im Teenageralter, das sich nicht über seine Mutter beschwert? Kam Ihnen das nicht merkwürdig vor?«
Die Geschworenen lachten. Der Staatsanwalt erhob Einspruch.
»Kommen Sie zur Sache, Frau Anwältin«, wies Richter Fitzhenry Vicki an.
»Mr. Azinger, wie oft haben Sie Tracey nach der Scheidung gesehen?«
»Jeden Mittwochabend und jedes zweite Wochenende.«
»Worüber haben Sie geredet, wenn Sie zusammen waren?«
Ron räusperte sich, verschränkte die Arme und hob eine Hand. »Ich weiß nicht genau. Das Übliche, nehme ich an.«
»Hat Tracey von
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