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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Donald. Was fiel ihr auf?
    Wenn Donald aus nächster Nähe in die Brust geschossen worden war, dann musste er seinen Mörder gesehen haben. Hatte er Angst gehabt? Es waren keine Anzeichen für eine Abwehrhaltung zu erkennen, und der Schuss hatte ihn mitten in die Brust getroffen – er hatte noch nicht einmal versucht, sich abzuwenden. Hatte er den Täter gekannt, ihn gar als Freund betrachtet?
    Hatte er begriffen, was mit ihm geschah – in jenem Sekundenbruchteil, bevor sein Herz aufhörte zu schlagen? Hatte er in diesem letzten bewussten Moment an Hazel gedacht?
    »O mein Gott!«, flüsterte Gemma. Sie würde es Hazel sagen müssen. Und dann fiel ihr ein, dass Hazel verschwunden war, dass sie sich in den frühen Morgenstunden ohne ein Wort der Erklärung aus dem Staub gemacht hatte.
    Die Angst, die Gemma dazu getrieben hatte, den Wald abzusuchen, überkam sie in einer neuen Welle. Wo
war
Hazel? War auch ihr etwas zugestoßen?
    Nein.
Gemma schüttelte den Kopf. Warum sollte irgendjemand Donald
und
Hazel ermorden? Und außerdem hatte sie nur
einen
Schuss gehört, und Hazel musste bereits lange vorher mit dem Auto weggefahren sein. Hazel war in Sicherheit, sagte sich Gemma, und sie würde sie finden.
    Sie stand vorsichtig auf und versuchte, das Gras und den Farn zu ihren Füßen dabei möglichst zu schonen. Als sie sich den Boden genauer ansah, stellte sie fest, dass er vor Donalds Leiche zwar ein wenig zertrampelt war, doch konnte sie keine Fußspuren ausmachen. Der Untergrund war steinig, und selbst wenn er feucht wäre, dürfte es schwierig sein, brauchbare Abdrücke zu bekommen. Es war nicht eindeutig zu erkennen, aus welcher Richtung der Täter sich dem Tatort genähert hatte, und er war auch nicht so freundlich gewesen, irgendwelche Gegenstände oder Kleidungsstücke zurückzulassen.
    Sie trat ein paar Schritte vor und ging wieder in die Hocke. Jetzt war sie so nahe, dass sie ihn hätte berühren können, und einen Augenblick lang war sie versucht, ihm mit den Fingerspitzen über die Wange zu streichen oder seine Augen zu schließen.
    Stattdessen richtete sie sich langsam auf, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben. Sie konnte es nicht riskieren, eventuelle Spuren an Donalds Leiche zu verwischen, und sie wusste, dass eine letzte menschliche Geste wie diese nur für sie selbst ein Trost gewesen wäre.

8. Kapitel
    Hätt’ ich dich nie geliebt, mein Kind,
    Und hätten wir, vor Liebe blind,
    Uns nie gekannt – uns nie entzweit –
    Wir hätten heut’ kein Herzeleid.
    Robert Burns, »Ein zärtlicher Kuss«
    Gemma zwang sich, auf exakt demselben Weg durch den Wald zurückzugehen, den sie gekommen war. Nur einmal blieb sie kurz stehen, als sie zu der Stelle mit dem platt gedrückten Farn kam. Wer hatte dort gelegen, und wann? Die Spurensicherung würde diese Fragen vielleicht beantworten können.
    Sie ging weiter, doch als nur noch wenige Meter des Waldwegs vor ihr lagen, gab sie dem hartnäckigen Kribbeln zwischen ihren Schulterblättern nach und rannte los. Sie erreichte den Garten im gleichen Moment, als Hazel mit ihrem gemieteten Honda in die Einfahrt einbog.
    Während Gemma auf den Wagen zulief, trat Louise gerade mit einem Arm voll frisch geernteter Kräuter aus dem Gartenhäuschen.
    Louises Begrüßungslächeln schwand, als sie Gemmas Gesichtsausdruck bemerkte. »Gemma, was ist denn? Fehlt Ihnen etwas?«
    »Ich – haben Sie –« Gemma brach ab. So sehr sie sich mühte, sie brachte kein Wort mehr hervor – Hazel war inzwischen aus dem Wagen ausgestiegen und kam auf sie zu.
    »Gemma –«, begann Hazel, als sie vor ihr stand, »ich muss mit dir reden –«
    »Nein. Ich meine –« Gemma musste schlucken; der erdige, durchdringende Geruch der Kräuter schien sie plötzlich ersticken zu wollen. Sie fuhr herum und sah Louises verwirrtes Gesicht; dann wandte sie sich wieder zu Hazel um. »Hazel. Donald ist etwas zugestoßen. Er – er ist tot.«
    »Tot?«, wiederholte Louise tonlos, als habe sie nicht recht verstanden.
    Hazels Pupillen weiteten sich, bis sie die ganze Iris einzunehmen schienen. »Wo –«
    »Draußen auf der Wiese. Er wurde erschossen«, antwortete Gemma betont deutlich.
    Hazel schüttelte den Kopf. »O nein. Das muss ein Irrtum sein. Das ist unmöglich –«
    »Es ist kein Irrtum. Ich – ich habe ihn gefunden. Hazel, es tut mir so Leid.«
    »Nein.« Hazel schüttelte noch heftiger den Kopf. »Du irrst dich. Er kann nicht –«
    »Ich bin mir sicher, Hazel«, sagte Gemma bestimmt.

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