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Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Titel: Nur zu deinem Schutz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Geheimnisse zu haben, wie ich.
    Ich machte mir ein bisschen Sorgen, dass Onkel Myron schon zu Hause sein könnte. Wie sollte ich ihm erklären, dass ich einfach seinen Wagen genommen hatte? Er wusste zwar, dass ich einen falschen Ausweis besaß – zu der Zeit, als er Mom und mich im Trailerpark gefunden hatte, arbeitete ich als Robert Johnson bei Staples, einer Ladenkette für Bürobedarf –, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er es gut fand, wenn ich ihn benutzte, um zu einem Tattoo-Studio oder sonst wohin zu fahren.
    Ich stellte den Wagen in die Garage, aß eine Kleinigkeit und ging anschließend in mein Zimmer, um nach Antoine LeMaire zu googeln, aber es kam nichts Brauchbares dabei heraus. Anscheinend hatte er noch nicht einmal ein Facebook- oder ein Twitter-Account. Ich gab die Adresse bei MapQuest ein. Der Satelliten-Aufnahme nach wohnte er in einer ziemlich schäbigen Gegend, direkt neben einer Bar, die »Plan B Go-Go Lounge« hieß. Ich fuhr mir seufzend durch die Haare und fragte mich wieder einmal, wohin mich meine Suche nach Ashley noch führen würde.
    Nachdenklich betrachtete ich die alten Basketballstars, die an der Wand hingen. »Was hat das alles mit Ashley zu tun?«, fragte ich sie laut.
    Die Poster antworteten nicht.
    Plötzlich hörte ich Schritte über mir und dann Myrons Stimme, die »Mickey?« rief.
    »Hausaufgaben!«, rief ich zurück. Hausaufgaben ist ein fantastisches Wort, um der Kontrolle von Erziehungsberechtigten zu entgehen. Wenn man »Hausaufgaben« ruft, wird man meistens in Ruhe gelassen. Die Methode hat höhere Erfolgschancen als Kreuze, um einen Vampir fernzuhalten.
    Ich starrte auf meinen Laptop, der von den vielen Reisen, die er schon hinter sich hatte, ein bisschen ramponiert war. Dad hatte ihn vor drei Jahren in Peru gekauft, er war also schon mehrfach um die Welt getourt. Ich dachte daran, wie seltsam es war, dass ich außer diesem Computer nichts von ihm besaß. Er hatte mir beigebracht, dass Besitz keinen Wert hat. Ein Ring ist nicht mein Dad. Eine Uhr ist nicht mein Dad. Nichts davon hätte mir Trost spenden können. Ich hatte von ihm gelernt, dass einen »Dinge« niemals glücklich machen können.
    Merkwürdigerweise erschien mir dieser Laptop persönlicher, mehr »er« als irgendein eher klassischer Gegenstand wie ein Ring oder eine Uhr. Er hatte viel Zeit an diesem Laptop verbracht, Briefe und Arbeitsberichte darauf geschrieben und sich über das informiert, was in der Welt passierte. Manchmal dachte ich daran, wie oft seine Finger diese Tastatur berührt hatten.
    Jeder von uns hatte seinen eigenen Ordner – Dad, Mom und ich. Einer spontanen Eingebung folgend, öffnete ich den, der ihm gehörte. Ich ging die Dateien durch und suchte nach denen, die zuletzt geöffnet worden waren. Einen Moment war ich überrascht, als ich eine fand, die erst vor sechs Wochen geöffnet worden war, aber dann fiel mir wieder ein, dass Onkel Myron den Computer nach Hinweisen zum Schicksal seines Bruders durchforstet hatte.
    Die letzte Datei, die mein Vater angelegt hatte, trug den Titel »Kündigungsschreiben«. Ich öffnete sie und stieß auf folgendes Dokument:
    An: ABEONAS ZUFLUCHT
    Mein lieber Juan,
    schweren Herzens muss ich von meinem Amt in unserer wunderbaren Organisation zurücktreten. Ich möchte dir jedoch versichern, dass Kitty und ich auch weiterhin treue Unterstützer bleiben werden. An unserer tiefen Überzeugung für die Sache, der wir uns all die Jahre mit Haut und Haaren verschrieben haben, hat sich nichts geändert. Tatsächlich ist es sogar so, dass wir das Gefühl haben, reicher beschenkt worden zu sein als die jungen Menschen, denen wir geholfen haben. Ich weiß, dass du genauso empfindest. Wir werden dafür immer dankbar sein.
    Jetzt ist es allerdings an der Zeit, dass die Bolitars ihr Nomadenleben aufgeben und sesshaft werden. Ich habe eine Stelle in Los Angeles gefunden. Sosehr Kitty und ich es genossen haben, von einem Ort zum anderen zu ziehen – es ist nie genügend Zeit geblieben, um irgendwo Wurzeln zu schlagen. Und ich glaube, dass es genau das ist, was unser Sohn Mickey jetzt braucht. Er hat sich dieses Leben nicht ausgesucht. Konnte nie dauerhafte Freundschaften schließen oder einen Ort sein Zuhause nennen. Er braucht Normalität und die Chance, all das auszuleben, was ihm wichtig ist, vor allem das Basketballspielen. Also haben Kitty und ich nach langer und reiflicher Überlegung beschlossen, uns mit ihm an einem Ort niederzulassen, an dem er die

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