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Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Titel: Nur zu deinem Schutz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Highschool in Ruhe beenden und anschließend studieren kann.
    Und danach? Wer weiß das schon? Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so ein Leben führen würde. Mein Vater hat gern ein jüdisches Sprichwort zitiert: Der Mensch plant und Gott lacht. Kitty und ich hoffen, dass wir eines Tages zurückkehren können. Ich weiß, dass niemand jemals wirklich Abeonas Zuflucht verlässt. Und ich weiß, dass ich dir viel zumute. Aber ich hoffe, dass du unsere Entscheidung verstehst. Kitty und ich werden alles tun, um die Übergangsphase so reibungslos wie möglich zu gestalten.
    In ewiger brüderlicher Verbundenheit,
    dein Brad

    Ich las den Brief noch zweimal mit von Tränen verschwommenem Blick. Oben hörte ich Myron herumfuhrwerken, aber ich ignorierte ihn. Das meiste von dem, was in dem Brief stand, wusste ich bereits. Er enthielt keine wirklichen Überraschungen. Aber als ich ihn jetzt so vor mir sah, jedes Wort von der Hand meines toten Vaters geschrieben, tat das so weh, als würde eine Hand mein Herz zusammenquetschen.
    Ja, ich hatte das Nomadenleben sattgehabt. Ich hatte mich nach einem normalen Leben gesehnt, nach Beständigkeit, danach, eine ganze Saison lang für ein Basketballteam zu spielen und mein Können mit echten Teamkollegen zu messen, dauerhaft Freundschaften zu schließen, nicht ständig die Schule wechseln zu müssen und mich nach der Highschool vielleicht an einem College zu bewerben.
    Tja, herzlichen Glückwunsch, Mickey. Du hast bekommen, was du wolltest.
    Ich dachte daran, wie unser Leben in dem Moment gewesen war, als mein Vater diesen Brief geschrieben hatte. Es war uns so gut gegangen. Mom und Dad waren glücklich gewesen, sie hatten sich geliebt. Dank mir und dem, was ich mir gewünscht hatte, war Dad jetzt tot, und das Einzige, was Mom noch liebte, kam aus einer Nadel. Und die Wahrheit – die ungeschminkte Wahrheit – war, dass das alles ganz allein meine Schuld war.
    Gut gemacht, Mickey.
    Schritte polterten die Stufen zum Keller herunter. »Mickey?«, rief Myron.
    Ich wischte mir über die Augen. »Hausaufgaben!«
    »Du hast Besu-huch.« Myron sang es fast.
    »Was?«
    »Hier ist eine junge Dame, die zu dir möchte.«
    Ich wirbelte herum und sah Myron in der Tür stehen. Auf seinem Gesicht lag das breiteste, blödeste und einfältigste Lächeln, das ich jemals an einem menschlichen Wesen gesehen hatte. Eine Sekunde später tauchte Rachel Caldwell hinter ihm auf.
    »Hi«, sagte sie.
    »Hi«, sagte ich. Flirtkanone.
    Myron strahlte uns an wie der Moderator einer Spielshow. »Soll ich euch eine Schüssel Popcorn machen?«
    »Nein danke«, lehnte ich hastig ab.
    »Was ist mir dir, kleine Lady?«
    Kleine Lady ? Ich wollte sterben.
    »Für mich auch nicht, Mr Bolitar, vielen Dank.«
    »Nenn mich ruhig Myron.«
    Er blieb in der Tür stehen und lächelte wie ein zufriedener Vollidiot. Ich sah ihn an. Er rührte sich nicht von der Stelle. Ich kniff die Augen zusammen und hoffte, er würde den Wink verstehen. Er verstand ihn. »Oh … tja dann«, stammelte er. »Dann werde ich euch beide mal allein lassen und wieder nach oben gehen.« Für den Fall, dass wir vielleicht nicht wussten, wo »oben« war, deutete er mit dem Daumen auf die Treppe.
    »Super«, sagte ich und warf ihm einen auffordernden Blick zu.
    Onkel Myron war fast schon an der Treppe angekommen, als er sich noch einmal umdrehte. »Ähm, falls ihr nichts dagegen habt, lasse ich die Kellertür offen stehen. Um genau zu sein, würde ich sie auch offen stehen lassen, wenn ihr etwas dagegen hättet. Es ist nicht so, als würde ich euch nicht vertrauen, aber ich denke, Rachels Eltern würden es zu schätzen wissen, wenn …«
    »Absolut richtig«, unterbrach ich ihn. »Lass die Tür ruhig offen.«
    »Versteht mich bitte nicht falsch. Ich bin mir sicher, dass ihr vernünftig seid und nicht vorhabt, irgendetwas Unüberlegtes zu tun. Na ja, wie dem auch sei …«
    Ich fragte mich, ob mir irgendetwas im Leben noch einmal so unfassbar peinlich sein würde. »Danke, Myron. Du kannst jetzt gehen.«
    »Wenn ihr es euch anders überlegt, wegen des Popcorns, meine ich …«
    »… wirst du der Erste sein, der es erfährt«, beendete ich den Satz für ihn. »Bis später dann.«
    Als Myron endlich den Rückzug antrat, drehte ich mich zu Rachel um und verdrehte die Augen. Sie unterdrückte ein Kichern.
    »Tut mir leid«, entschuldigte ich mich. »Mein Onkel ist eine totale Nervensäge.«
    »Ich finde ihn nett«, sagte Rachel. »Sind eigentlich alle in

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