Nur zu deinem Schutz (German Edition)
die Zähne zusammenzubeißen. »Es tut mir wirklich leid. Ich werde das sofort richtigstellen. Bis später.«
Als ich aufgelegt hatte, fing Ema an zu lachen.
»Was?«, sagte ich.
»Das hat dir dein Onkel abgekauft?«
Ich musste grinsen. »Er hat keine Erfahrung mit so was.«
»Offensichtlich nicht.«
Danach rief ich Rachel noch einmal an und sagte ihr, dass es eine Planänderung gab und das Treffen bei ihr stattfinden müsste. Das Tor zur Einfahrt öffnete sich in dem Moment, als ich um die Ecke gebogen kam. Rachel hatte anscheinend schon ungeduldig auf uns gewartet. Ema war verdächtig still und gab keinen Mucks von sich, als wir langsam auf die riesige Villa zufuhren.
»Ich weiß immer noch nicht, wo du wohnst«, sagte ich zu ihr.
»Im Moment haben wir andere Probleme, findest du nicht?«
Da hatte sie allerdings recht. Als ich vor dem Haus parkte, stand Rachel schon in der offenen Tür. Ema sah sie mit einem Ausdruck an, für den mir kein anderes Wort eingefallen wäre als »resigniert«.
»Hey, was ist los?«, fragte ich.
»Sie ist wunderschön, oder?«
Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, also sagte ich gar nichts, öffnete die Wagentür und stieg aus. Rachel lächelte mir entgegen. Ihr Lächeln verblasste ein bisschen, als Ema auch aus dem Wagen stieg und wir gemeinsam auf sie zugingen. Es lag ein fast hörbares Knistern in der Luft. Rachel musterte Ema. Ema musterte Rachel. Ich räusperte mich unbehaglich.
»Eigentlich wollte Ashley nicht, dass sonst noch jemand von der Sache erfährt«, sagte Rachel.
»Das geht schon in Ordnung«, entgegnete ich. »Ema ist von Anfang an eingeweiht gewesen.«
Rachel wirkte nicht gerade glücklich über meine Antwort. Genauso wenig wie Ema. Ich lenkte das Thema auf den eigentlichen Grund, aus dem wir hier waren.
»Du hast gesagt, du hättest einen Hinweis gefunden?«
Rachel verschränkte die Arme und schwieg.
»Hey, es ist wirklich in Ordnung.«
Sie seufzte und führte uns ins Haus, wo wir uns wieder in den herrschaftlich eingerichteten Salon setzten, in dem wir schon vor wenigen Stunden gesessen hatten. Rachel zeigte auf den Couchtisch, auf dem ein Laptop stand. »Der war im Poolhaus. Ashley hat ihn benutzt, um ihre Mails abzurufen. Ich habe ihren Account geknackt.«
»Wie das?«, fragte ich beeindruckt.
»Na ja …«, druckste Rachel herum. »Ich hab dir ja gesagt, dass mein Vater selten zu Hause ist … aber er weiß trotzdem gern, was ich in seiner Abwesenheit so alles treibe. Deswegen hat er letztes Jahr auf jedem Computer im Haus eine Überwachungssoftware installiert, damit er mich kontrollieren kann.«
»Das ist ja wohl das Allerletzte!«, sagte Ema.
»Total, oder?«
Ema schüttelte den Kopf und murmelte angewidert: »Eltern.«
Erleichtert registrierte ich, wie das Eis zwischen ihnen ein bisschen zu schmelzen begann. Wobei schmelzen möglicherweise noch zu viel gesagt war – antauen traf es vielleicht besser. Aber es war immerhin ein Anfang.
»Allerdings kennt mein Dad sich nicht besonders gut mit Computern aus«, fuhr Rachel fort. »Er hat einfach irgendeine Software im Internet bestellt, ohne genau zu wissen, wie sie eigentlich funktioniert. Dafür habe ich mich ziemlich intensiv damit beschäftigt, und seit ich seine Codes geknackt habe, sieht er nur noch das, was er sehen soll, falls ihr versteht, was ich meine. Nicht dass ich irgendetwas zu verbergen hätte. Genau das ist es ja. Ich hab nichts zu verbergen, aber – na ja, ist ja auch egal.« Rachel streifte sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Jedenfalls konnte ich nachverfolgen, was Ashley am Computer alles gemacht hat, obwohl sie ihren Verlauf gelöscht hat.«
»Und?«, sagte ich.
»Heute Morgen hat sie diese E-Mail bekommen.«
Rachel reichte mir ein Blatt Papier, das sie ausgedruckt hatte. Der Inhalt der Mail war kurz und schmerzlos:
Ash,
stecke richtig tief in der Scheiße. Er denkt, ich hätte dich versteckt. Du kennst ihn und weißt, wozu er fähig ist. Bitte, Ash. Bitte komm zurück und hilf mir.
Unterschrieben war die Mail mit:
Candy
»Bleibt nur eine Frage«, sagte Rachel. »Wer ist diese Candy?«
»Ich weiß, wer sie ist«, sagte ich und versuchte, die Angst niederzukämpfen, die sofort in mir aufstieg. Ich sah keine andere Möglichkeit. Am liebsten hätte ich nie mehr in meinem ganzen Leben auch nur einen Fuß in diesen entsetzlichen Laden gesetzt, aber irgendwie hatte ich geahnt, dass die Geschichte dort enden würde, und deshalb blieb mir nichts
Weitere Kostenlose Bücher