Nur zu deinem Schutz (German Edition)
lange Diskussionen. Im nächsten Moment stand ich wieder in dem blauen Raum mit der Bühne, vor der die vielen Kissen lagen, und hinter mir fiel die schwere Stahltür ins Schloss. Ich sah Ema und Rachel an, die mir beide signalisierten, dass es ihnen gut ging, und drehte mich dann zu Candy um. Sie sah irgendwie verändert aus, obwohl ich nicht hätte sagen können, was genau anders an ihr war. Sie wirkte viel schmaler und blasser als beim letzten Mal, kaute nervös auf ihrer Unterlippe und wich meinem Blick aus.
»Wo ist Ashley?«, fragte ich.
Candy zuckte wenig überzeugend mit den Achseln. »Woher soll ich das wissen?«
»Ich denke, du weißt es, weil du ihr eine Mail geschrieben hast«, entgegnete ich.
Candy warf trotzig die Haare zurück. »Keine Ahnung, wovon du redest.«
Und ob sie eine Ahnung hatte. »Du hast ihr geschrieben, dass du in Schwierigkeiten steckst. Deswegen ist sie hierher zurückgekommen. Ist doch so, oder?«
Candy schwieg, aber ihr Blick wirkte immer gehetzter. Ich packte sie an den Schultern und schüttelte sie. »Sag mir endlich, wo sie ist!«
Candy begann zu schluchzen.
»Wo ist Ashley?«, fuhr ich sie an.
»Mickey …« Rachel legte mir besänftigend eine Hand auf den Arm.
Ich sah sie an. Als sie den Kopf schüttelte, nickte ich und ließ Candy los. Sie hatte recht. Ich war zu grob gewesen. Ema schob mich ein Stück zur Seite und Rachel legte tröstend den Arm um Candys Schulter und strich ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht.
»Es stimmt doch, dass du Ashley gemailt hast, du würdest in Schwierigkeiten stecken, oder?«, sagte Rachel freundlich.
Candy nickte.
»Was waren das für Schwierigkeiten?«
Candy schüttelte den Kopf und stieß mit erstickter Stimme hervor: »Aber ich wollte nicht, dass ihr wehgetan wird.«
Mir wurde schlecht.
»Das wissen wir«, sagte Rachel beschwichtigend. »Natürlich wolltest du das nicht. Erzähl uns einfach, was passiert ist.«
»Ashley war meine beste Freundin«, schluchzte Candy.
Ema warf einen Blick auf ihre Uhr und sah mich an. Ich wusste, was sie dachte. Diese Typen würden nicht ewig warten, bis Rachel vom »stillen Örtchen« zurückkam. Sie gab mir ein Zeichen, stellte sich an die Tür und lauschte, damit wir rechtzeitig mitbekamen, wenn sie anrückten.
»Du musst uns erzählen, was passiert ist, Candy«, drängte Rachel sie sanft.
Candy nickte und wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. »Ashley und ich haben uns geschworen, dass wir eines Tages zusammen abhauen würden. Sie und ich. Zusammen, versteht ihr? Wir wollten nach Kalifornien und das alles hier für immer hinter uns lassen. Ich weiß nicht mehr, wie oft wir davon geredet haben, obwohl wir ja beide wussten, dass Buddy Ray uns niemals gehen lassen würde. Aber …« Sie schloss einen Moment verzweifelt die Augen. »Aber dann ist Ashley ohne mich abgehauen. Ohne mich . Zuerst habe ich gedacht, Antoine hätte sie sich geschnappt, aber dann ist mir klar geworden, dass sie weggelaufen ist. Und dass sie mich einfach hier zurückgelassen hat.«
»Das muss wahnsinnig hart für dich gewesen sein«, sagte Rachel verständnisvoll.
»Wir hatten uns doch versprochen, dass wir nie ohne die andere gehen würden«, schluchzte Candy. »Er« – sie deutete mit einer Kopfbewegung auf mich – »er hat mir erzählt, dass es Ashley gut geht und dass sie sogar auf der Highschool ist. Wie … wie konnte sie mir das nur antun?«
Mir dauerte das alles zu lang. »Also hast du ihr eine Falle gestellt«, sagte ich.
Sie warf mir einen wütenden Blick zu. »Mir blieb gar nichts anderes übrig. Buddy Ray hat mitbekommen, dass ich dir geholfen hatte. Er hat damit gedroht, mich umzubringen, wenn ich ihm nicht helfe, sie zurückzuholen.« Sie vergrub das Gesicht in den Händen. »Warum hat Ashley mich nicht mitgenommen? Warum hat sie mich im Stich gelassen?«
»Das hat sie nicht. Sie wusste ja selbst nicht, dass sie von hier fortgeschafft werden sollte. Es gab Leute, die ihr geholfen haben«, erklärte ich, ohne etwas über Antoines wahre Identität oder ABEONAS ZUFLUCHT zu sagen. »Wenn sie Kontakt zu dir aufgenommen hätte, hätte sie damit alles aufs Spiel gesetzt.«
»Dann hat sie mich gar nicht …?«
»Nein, Ashley hat dich nicht im Stich gelassen. Candy, bitte. Wenn du weißt, wo sie ist …«
Ich warf Ema einen fragenden Blick zu, und sie hob den Daumen als Zeichen dafür, dass die Luft noch rein war. Als ich mich wieder zu Candy umdrehte, sah sie mich mit leeren,
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