Nur zu deinem Schutz (German Edition)
rauszukommen.
Also schaltete ich meine Vernunft aus, hörte ganz einfach auf zu denken und stürmte mit gesenktem Kopf die Treppe hoch.
Ich hatte nie wirklich Football gespielt, aber Dad und ich hatten uns jedes Spiel angeschaut, das wir über Satellitenfernsehen empfangen konnten. Dad war ein eingefleischter Fan der Jets und sagte einmal, dadurch hätte er gelernt, wie sich echte Enttäuschung anfühlt. Sie hatten nur ein einziges Mal den Super-Bowl gewonnen. Jetzt schwor ich meinen inneren Linebacker darauf ein, den Quarterback, dem wir gleich begegnen würden, über den Haufen zu rennen – koste es, was es wolle. Ich hatte gerade die letzte Stufe genommen, als Buddy Ray durch die Tür trat.
Er sah mich, riss die Augen auf und sagte: »Was zum …«
Weiter kam er nicht.
Ich rammte ihm ungebremst den Kopf in die Brust, sodass er rücklings umfiel und mich mit sich zu Boden riss, wobei mein Schädel mit solcher Wucht gegen seinen Kiefer knallte, dass ich hörte, wie seine Zähne knirschten.
Mir selbst war von dem Aufprall einen Moment lang so schwindelig, dass ich Angst hatte, wieder das Bewusstsein zu verlieren. Aber ein Blick auf Buddy Ray zeigte, dass es die Strapazen wert gewesen war. Aus seinem Mund quoll Blut. Das Adrenalin, das durch meine Adern strömte, mobilisierte meine letzten Kraftreserven. Ich ballte die Rechte zur Faust und rammte sie ihm in den Kiefer. Die Zähne, die vorher schon locker gewesen waren, gaben jetzt endgültig nach.
Ich wollte gerade zum nächsten Schlag ausholen, als Max plötzlich über mir auftauchte, mich packte und mir ein Knie in den Brustkorb stieß. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand ein Messer in die Lungen gebohrt. Er holte gerade erneut mit dem Knie aus, um mir endgültig den Rest zu geben, als ich sah, wie jemand meinem Angreifer auf den Kopf schlug, und zwar – wie ich später erfahren sollte – mit exakt dem Stuhlbein, das ich vor ein paar Minuten weggekickt hatte.
Ashley! Sie hatte es tatsächlich geschafft, sich von dem Kabelbinder zu befreien.
Max sank wie ein gefällter Baum neben mir zu Boden. Ich rollte mich seitlich weg und wollte aufstehen, doch der pochende Schmerz in meinem Kopf zwang mich wieder auf die Knie. Ashley versuchte, mir aufzuhelfen, aber ich verlor das Gleichgewicht und stolperte rückwärts.
»Los, Mickey! Stütz dich auf mich!«, rief Ashley.
Ich wollte mich nicht auf sie stützen. Ich wollte einfach nur, dass sie durch diese verdammte Brandschutztür floh und sich in Sicherheit brachte, aber ich wusste, dass sie niemals auf mich gehört hätte, wenn ich sie darum gebeten hätte. Also stützte ich mich auf sie und wankte neben ihr her auf den rettenden Ausgang zu, als ich einen brennenden Schmerz im Unterschenkel spürte.
Buddy Ray hatte sich aufgerichtet und mir seine Zähne, beziehungsweise das, was von ihnen übrig geblieben war, tief ins Fleisch geschlagen! Ohne Witz! Buddy Ray biss mich!
Ich brüllte auf, riss mich mit einem Ruck los und wollte weiterhumpeln, als plötzlich drei von seinen Jungs von draußen angerannt kamen und auch Max sich stöhnend wieder aufrappelte.
Die Männer bildeten blitzschnell einen Kreis um uns. Ashley presste sich zitternd an mich, während ich schützend einen Arm um sie legte. Klar, als hätte das irgendetwas gebracht.
Buddy Ray stand ächzend auf und lächelte mich mit blutverschmiertem Mund an. »Du«, sagte er und deutete mit dem Finger auf mich, »wirst dir bald wünschen, du wärst tot.«
Ich sackte in mich zusammen und tat so, als würde ich mich geschlagen geben. In Wirklichkeit konnte davon natürlich keine Rede sein. Mit gesenktem Kopf raunte ich Ashley ins Ohr: »Mir nach.«
Das mit dem Adrenalin ist schon eine erstaunliche Sache. Ich habe von Fällen gelesen, in denen Mütter aus Panik und Verzweiflung in der Lage waren, schwere Autos hochzuheben, unter denen ihre Kinder eingeklemmt lagen. Ich weiß nicht, ob diese Geschichten wahr sind. Aber ich weiß, dass das Adrenalin Schmerz betäuben und im entscheidenden Moment ungeahnte Kräfte verleihen kann. Und durch meinen Körper pumpte gerade jede Menge Adrenalin.
Ich stürmte auf Buddy Ray zu.
Er rechnete damit, dass ich mich erneut auf ihn stürzen wollte, und trat zur Seite.
Genau wie ich es erhofft hatte.
Ich rannte an ihm vorbei, Ashley mir hinterher. Weit würden wir nicht kommen, so viel war mir klar, aber das mussten wir auch nicht. Uns fehlten nur noch zwei Schritte.
Wir mussten nur zur Brandschutztür kommen.
Ich
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