Nuramon
Varmulier sich nun enger mit den Helbyrnianern verbunden hätten und von Tag zu Tag neue Schrecken aus dem Osten bekannt würden. »Seit Nerimee wieder da ist und Krieger über die Albenpfade führt, hat sich die Lage gebessert.« Er schaute auf den schweren Beutel mit Dareens Stein, den Salyra und Lyasani zwischen sich trugen. »Habt ihr gefunden, was ihr gesucht habt?«, fragte er.
Nuramon tauschte einen Blick mit Nylma. »Das haben wir«, sagte er lächelnd.
Nachdem sie Pferde, die Merro ihnen anbot, abgelehnt, aber dankend dickere Mäntel angenommen hatten, machten sie sich auf den Weg nach Jasbor: aus der Festung hinaus, neben dem vereisten Pfad im Schnee der Steilküste folgend, hinab zur Mündung des Furjes und hinein in die Fischerdörfer. Dort begrüßten sie die Wachen mit den Worten »Willkommen in Yannalur!« Borugar hatte die Dörfer an der Küste demnach endlich zu einer Stadt gemacht. Sogar der Ansatz zu einer Stadtmauer war bereits gelegt.
Noch ehe Nuramon mit seinen Gefährten bei den Booten der Jasborer Garde angelangt war, wusste er vom Handelshaus der Alvarudorer und dass Nerimee heute dort gewesen war. Während der Überfahrt erfuhr er, dass Nerimee mit zwei Magiern zurückgekehrt war, und die Gerüchte besagten, dass sich unter dem Palast Magische Hallen in die Tiefe wanden.
Im letzten Licht des Tages schritt Nuramon endlich mit seinen Gefährten über den Hof des königlichen Anwesens und winkte den Ilvaru und den Königsgardisten zu, die sie rechts und links aus den Fenstern der beiden Garnisonen begrüßten. Im Palast gingen sie geradewegs in den Thronsaal, doch weil weder Borugar noch Jaswyra dort waren, folgten sie dem Weg, den er die ganze Zeit hatte gehen wollen: hinauf zu Daoramu. Dort fand er auch seine Schwiegereltern. Jaswyra hielt Daoramu im Arm und strich ihr durchs Haar, Borugar drückte ihre Hand. Sie schauten ihm, Yendred und den anderen entgegen, als wären sie aus dem Nichts erschienen.
»Ihr seid zu Hause!«, sagte der König und atmete weit aus.
»Und wir kommen nicht mit leeren Händen«, entgegnete Nuramon lächelnd.
Die Birkeneiche trug ihre roten Winterblätter, doch unter ihr herrschte noch der Sommer. Gras und Kräuter wuchsen hier, und der Duft erinnerte Nuramon an die Lichtung, an der Alaen Aikhwitan gestanden hatte.
»Was habt ihr erlebt?«, fragte Ceren, und die Unruhe und Neugierde in ihrer Stimme überraschten Nuramon. Er, Yendred und ihre drei Gefährtinnen berichteten ihr alles, was geschehen war, und sorgten auch bei seinen Schwiegereltern und Nerimee mit vielen Einzelheiten noch für Überraschung.
»Kennst du Dareen?«, fragte Nuramon schließlich. »Du wirkst so begierig. Und sie dürfte noch in Albenmark gelebt haben, als du meine Sippe beschützt hast.«
Ceren bewegte den Kopf ganz langsam hin und her. Zugleich raschelte es hoch oben in der Birkeneiche, und einige der rote Blätter schwebten zu ihnen herab. »Ich kenne sie nicht«, sagte Ceren. »Und doch kommt sie mir bekannt vor. Aber was sie sagte, trifft genau das, was ich spürte und spüre, und ebenso das, was du auf dem anderen Kontinent gesehen hast: eine magische Flut.« Sie wandte sich an Yendred. »Wo habt ihr den Stein?«, fragte sie ihn.
Yendred, Lyasani und Salyra gingen in den Palast. Sie kehrten kurz darauf mit dem Beutel zurück und legten ihn vor Ceren in die Kräuter. Selbst Nerimee hatte den Stein nur kurz gesehen und schaute nun kopfschüttelnd auf das Kleinod hinab, das Yendred und Lyasani aus dem Beutel holten und aus dem grauen Tuch schälten.
Der braune Stein war anders als die mächtigen Albensteine. Die Macht würde strahlen, wenn sie erst einmal durch den Stein floss. »Er ist wie eine Harfe mit hauchfeinen Saiten«, sagte Nuramon. »Man kann sie leise anspielen und erhält einen wunderbaren Klang. Doch auch wenn man sie mit aller Kraft spielt, halten die Saiten und der Klang ist laut und bleibt klar.«
»Es ist ein schwieriges Instrument«, sagte Ceren. »Aber wenn wir es meistern, wird es uns geben, wonach es uns verlangt. Es könnte sogar …« Ihre Miene erstarrte, dann blickte sie zwischen dem braunen Stein und Nuramon hin und her. »Dareen verfügt über mehr Weisheit, als ich je für möglich hielt«, flüsterte sie. Doch als Nuramon fragen wollte, was sie damit meine, sagte Ceren: »Ich werde dich nicht mit Vermutungen quälen.« Dann lächelte sie liebevoll und verschwand.
»Ceren!«, rief Nuramon ihr nach, doch sie kehrte nicht zurück. Was immer sie
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