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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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Fremden her.
    Der Mann im Wolfpelz drehte sich kein einziges Mal zu ihnen um, um nachzusehen, ob sie ihm folgten. Bald tauchten verschwommene Lichter vor ihnen auf. Erst im Näherkommen erkannten sie, dass es eine Holzhütte war: Durch ein kleines Fensterchen und die Ritzen im Türrahmen sickerte warmes Gelb in die Nacht. Nill war selig vor Erleichterung. Mochte der Fremde sein Gesicht auch nicht zeigen, mochte er wie ein Geist erschienen sein, das lockende Licht eines Herdfeuers konnte nicht trügen.
    »Gleich geht es dir besser, Herr der Füchse«, murmelte sie mit einem matten Blick zur Hütte hin, während sie näherkamen.

    Jahrhunderte hatten die Berge in Frieden vor sich hingeschlummert. Ihre felsigen Gipfel hüllten sich seit Anbeginn der Zeit in weiße, kalte Decken, die nur im kurzen Sommer sanft zerschmolzen, und wurden nie gestört. Allein das träge Wachsen der Fichten und Tannen, nur ein Fuchs, der sich verirrt hatte, brachte ab und zu ein zartes Aufglimmen von Leben in die reglose Schneewelt.
    Aber vor vierzehn Sommern und Wintern hatte etwas die Einsamkeit der Berge durchdrungen – Fußstapfen, die sich in den reinen, unberührten Schnee gruben.
Vor vierzehn Jahren war ein Vergehen besonderer Art unter den Moorelfen vorgekommen. Ihre Dörfer in den Marschen verstießen zwar nicht selten ein ab-trünniges Mitglied; aber etwas wie vor vierzehn Jahren hatte sich noch nie zugetragen. Welcher Moorelf würde schon so weit gehen, sich in der schlimmsten aller Untaten zu versuchen: den eigenen Vorteil über das Wohl des ganzen Volkes, über den König zu stellen? Nur einen hatte es gegeben, und der war versto-
    ßen worden, um sein Leben fern der Marschen zu fristen, so wie es das Schicksal aller Verräter war.
    Doch anders als erwartet war dieser Moorelf nicht nach Kesselstadt gezogen, um fortan ein Ganove, ein Säufer oder Hehler zu werden. Nein, er hatte sich entschieden, die Einsamkeit zu suchen und seine Machtgelüste dabei sterben zu lassen wie einen ersti-ckenden Fisch. Er hatte sich entschieden, in die ungestörten Berggipfel zu ziehen. Er zerriss die uralte Stille, brach die reinen Schneedecken mit Fußspuren und den Spuren der gefällten Bäume, die er hinter sich herzog. Dann errichtete er ein Haus inmitten der friedlichen Einsamkeit, baute und hämmerte und bohrte in die unberührte Erde, und schließlich entfachte er das Feuer, das noch nie die tiefen Nächte entweiht hatte. Dann schloss er die Tür seines Baus und verharrte in seinem Licht, bis der Hunger ihn hinaustrieb und zum Jagen zwang. Und war dies er-ledigt, verkroch er sich wieder in seinem kleinen Fleckchen Licht, und lebte immer so weiter, bis vierzehn Jahre verstrichen waren und abermals die Fuß-
spuren fremder Eindringlinge den Frieden der Berge störten. Fast war es, als atmeten Wind und Schnee erleichtert aus, als der Mann die Fremden zu sich in seine Hütte nahm und sorgsam die Tür hinter ihnen verschloss, sodass es wenigstens für eine Weile so war, als herrsche in den Gebirgen wieder stiller, unberührter Schlummer.

    Träume vom Schnee

    Scapa schien es, als breite sich die ganze Welt vor ihm aus. Das Land war eins mit dem Himmel, es war alles ein riesiger, stiller Ozean – und der goss sein kaltes dunkelblaues Licht über Scapa, tauchte seine Gedanken in den Glanz einer klaren Nacht kurz vor der Morgendämmerung. Seine Wahrnehmungen waren so intensiv, dass sie fast in den Augen schmerz-ten.
    Er wanderte durch die Unendlichkeit des reglosen Ozeans, lief und lief und war mit jedem Atemzug hundert Schritte weiter. Er fühlte sich dabei sehr leer und rein, war mal Scapa und mal der Herr der Füch-se, bis er am fernen Horizont einen weißen Flecken ausmachte. Er atmete drei Atemzüge und war dabei so weit näher gekommen, dass er in dem Flecken einen Menschen erkannte. Der Mensch näherte sich –
    aber immer erst dann, wenn auch Scapa auf ihn zuging.
    Die Gestalt strahlte immer heller, je deutlicher er sie hätte erkennen sollen. Der Ozean rings um ihn
begann zu pochen wie sein Herzschlag und wurde von einem Augenblick zum nächsten tintenschwarz.
    Und jetzt, in dieser Finsternis, wo es weder oben noch unten, fern noch nah gab, erkannte Scapa die weiße Gestalt und blieb stehen.
    Arane rannte auf ihn zu und weiße Funken erblühten unter ihren Füßen. Es waren Schneeflocken, die aus der Finsternis sprossen, sie wirbelten auf und schwebten um Scapa und Arane, bis sich alles vor seinen Augen in ein Flimmern aus Weiß und

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