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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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würde er je werden. Kein Volk würde er führen und nie würde er die Welt verändern.
    Aber doch hatte er seinen Teil zu allem beigetragen.
    Der Junge mit den dunklen Augen würde die Geschehnisse der Welt für ihn mitbewegen. Der Junge, in den Maferis ein Stückchen seiner selbst gepflanzt hatte.
    Der Junge, der Maferis war – denn was Maferis an Schmerz und Einsamkeit trug, das lebte auch im Inneren des Jungen. Und dieses Innere würde es sein, das die Welt zum Einsturz brachte. Und zum Erwachen.

Die Marschen
    Maferis hatte sich in seiner Kammer eingesperrt, als die Gefährten am nächsten Morgen erwachten. Vor seiner Tür lag ein Proviantpaket für sie bereit. Der Einzige, den diese wortkarge Aufforderung zu gehen, nicht überraschte, war Scapa.
Himmel und Erde … Würde er tatsächlich zwischen Luft und Boden hin und herirren? Hatte er es nicht in seinem ganzen Leben schon getan? Er kam aus den tiefsten, schmutzigsten Winkeln Kesselstadts, die gewiss auch die tiefsten, schmutzigsten Winkel der Welt waren, er war ein Nichts, ein Niemand, ein Straßenjunge gewesen, und mit einem Schlag hatte er den Fuchsbau bewohnt, war der mächtigste Dieb von Kesselstadt geworden – und hatte mit Aranes Verschwinden alles Glück wieder verloren.
    Aber was Maferis über sein Blut gesagt hatte – da lief Scapa ein Schauder über den Rücken. »Wir sollten gehen«, murmelte er und zog sich den Umhang über. »Fesco und ich sind wieder gesund.«
    »Sollten wir nicht noch Maferis danken?«, fragte Nill und blickte ratlos zur verschlossenen Schlaf-zimmertür.
    Scapa schüttelte den Kopf. »Das will er nicht. Wir müssen aufbrechen.« Und er hob den bereitgelegten Proviantbeutel auf. »Vielleicht kommt einer von uns irgendwann zurück und kann ihn besuchen.« Aber Scapa wusste, dass er es nicht sein würde. Für ihn gab es keinen Weg zurück.
    »Auf Wiedersehen«, murmelte Nill dem Holz der Tür entgegen. »Und danke!«
    Schweigend verließen sie die Hütte. Sobald Nill aus der Tür trat, brauste ihr ein eisiger Wind entgegen. Sie kniff die Augen zu und zog den Umhang enger um die Schultern. Kaum ein paar Schritte weiter hatten die flimmernden Flocken Maferis’ Haus
verschluckt, und den Gefährten war, als hätten sie die vergangenen vier Tage nur geträumt.

    Am Abend wurde der Schneefall schwächer. Sie suchten sich unter dichten Tannen Schutz und schliefen augenblicklich ein.
    Morgens, als ein fades Licht den Schnee durch-wirkte, zogen sie weiter. Das Scapa und Fesco wieder gesund waren, stimmte bei Weitem nicht. Noch immer hüstelten sie vor sich hin; aber sie waren doch wieder soweit bei Kräften, dass sie nicht das Voran-kommen der anderen behinderten.
    Als die Nacht anbrach, ging es endlich wieder bergab. Felsen brachen hier und dort durch die Schneedecken und boten den Gefährten einen trockenen Schlafplatz. Scapa verkroch sich in seinem Umhang und schloss die Augen. Er stellte sich das weite Dünenland vor, das Kesselstadt umgab. Er stellte sich vor, wie die trockene Sommerluft in der Ferne flimmerte. Er dachte an Tage in Kesselstadt, die so heiß gewesen waren, dass jeder Atemzug schwer wie durch ein Tuch ging, und daran, wie der Sandstaub in den Straßen aufgestiegen war, ohne dass ein Windzug wehte. Er dachte daran, wie er mit schweißverklebtem Nacken erwacht war, auf einer Schlafmatte in einem kleinen, heruntergekommenen Zimmer – erwacht durch den Lärm der Gassen und das Kitzeln blonder Locken, die auf seiner Schulter lagen. Und als Scapa in der Nacht im Schnee lag und einschlief, erwachte er hundertmal in Kesselstadt.
    Die Welt des Schnees blieb mit ihren eisigen Berg-gipfeln hinter den Gefährten zurück. Nach einigen Tagen fanden sie sich im hohen, flüsternden Wald wieder. Sie wanderten durch das Mosaik der Schatten und Sonnenstrahlen und lauschten dem Rauschen des Laubes … Es war unvorstellbar, dass hinter jedem Hang und Baum Graue Krieger lauern konnten.
    In manchen Augenblicken vergaß Nill sogar, dass sie nicht allein war, denn sie sprachen kaum miteinander. Sie fühlte, wie der Wald sie in sich aufsog, sie unsichtbar und leicht machte, und in einigen Momenten wunderte sie sich sogar, wenn der Blick einer der Gefährten sie streifte und ihr bewusst wurde, dass sie noch da und zu sehen war und nicht etwa ein durch-scheinender Sonnenstrahl.
    Gegen Nachmittag des dritten Tages bewölkte sich der Himmel und der Wald veränderte sein Gesicht.
    Dünne Fichten ragten in die Höhe, und mit einem Mal fühlte

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