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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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Gaunerschar.
    Und mehr nicht.
    »Dass du vergessen sollst!« Nill zog die Nase hoch. »Vergiss deine Vergangenheit. Und komm endlich ins Leben zurück.«
    »Ich soll vergessen? Soll ich etwa das Einzige vergessen, was ich … was ich geliebt habe?!«
    »Ich glaube dir nicht. Ich glaube dir nicht, dass du
je geliebt hast. Du hattest Recht, du liebst niemanden, weil du es gar nicht kannst! Du brauchst deinen Hass und deine Traurigkeit, damit niemand sich dir nähern kann! Du bist einsam, Scapa, so einsam und ängstlich …«
    Seine Augen wurden glasig, doch dann schritt er fest und entschlossen auf sie zu. »Ängstlich?«, zischte er. »Ich habe keine Angst! Vor niemandem!«
    »Aber du fürchtest dich vor dir selbst!«
    Er stand ganz dicht vor ihr, die Zähne zusammengebissen und die Fäuste geballt. Nill wollte ihn an-schreien, sie wollte ihm alles sagen, was ihm endlich jemand sagen musste, sie wollte ihn packen und ihn verletzen, wenn er schon nichts anderes fühlen konnte. Aber vielleicht war nicht er es, den Nill hasste.
    Die Wut in ihr war so unerträglich, weil sie geglaubt hatte, er sei etwas Besonderes. Weil sie geglaubt hatte, sie könnte in seinen Augen etwas Besonderes werden. Dabei interessierte Scapa sich nicht einmal für sie – ihn interessierte nichts, nur seine Rache. Sie hatte so falsch gelegen und sich selbst zum Narren gehalten, dass ihr Gesicht vor Scham glühte.
    »Du hast Angst davor, dass du nur ein Mensch bist! Ja, das ist es, was du fürchtest. Dass auch du verletzt werden kannst, wenn du anderen ein Stück von dir anvertraust! Du hast Angst vor der Wahrheit, denn in deinem Inneren bist du längst tot. Du bist tot und hast kein Herz und –«
    Plötzlich schob er die Hand an ihre Wange. Seine Lippen pressten sich auf ihren Mund.
Sie spürte seinen Atem auf dem Gesicht. Die Hand an ihrer Wange war warm und fest und unsicher.
    Nill stand vollkommen reglos da, bis ihre Lippen sich lösten. Sie schlug die Augen auf und sah ihn an.
    Seine Stimme schwankte. »Vielleicht … vielleicht hab ich ja doch ein Herz.«
    Einen Moment lang suchte Nill nach Worten, fand aber nicht einmal ihre Stimme. Dann berührte sie seine Hände und gab ihm den Kuss zurück.

    Es schneite nicht mehr. Arane lief nicht auf ihn zu.
    Sie löste sich auch nicht in wirbelnde Flocken auf, und er sah nicht mehr ihr Gesicht so nah vor sich, als stehe er ihr leibhaftig gegenüber. Und doch … Sie war da. Sie war ein stummes Pochen in seinem Hinterkopf, das immer gleichmäßig an- und abschwoll, ganz egal, was er sah.
    Er sah Nill. Sie war nicht so schön wie Arane, die in der unendlichen Finsternis schimmerte wie ein Stern. Doch der Duft von süßen Gräsern und warmer Sommerluft umgab sie, und als Nill lächelte, erfasste Scapa eine so tiefe Wärme, dass er am liebsten die Augen geschlossen und mit dieser Wärme zusammen im Erdboden versunken wäre. Die Wärme, das spürte er jetzt, war etwas Echtes, etwas Nahes, Greifbares und keine kühle Widerspiegelung der Vergangenheit.
    Er saß mit Nill in weiten Wiesen, die so grün und schimmernd waren wie ihre Augen, und hielt sie in den Armen, ganz leicht, ganz fest. Er versprach ihr, dass sie zusammenhalten würden, bis sie den Turm
des Königs erreichten, so wie er es schon am Anfang ihrer Reise getan hatte. Aber diesmal hatte es eine andere Bedeutung. Er schwor nicht seiner Rache Treue, sondern Nill, alleine Nill, und dem Ziel, das sie zusammen verfolgten. Doch das Versprechen galt nur, bis sie das Ziel erreichten. Nur bis zum Turm des Königs.

    Kaveh erwachte in vollkommener Dunkelheit. Erst als er die geschwollenen Augen öffnete, begann irgendwo in der Ferne ein verschwommenes Licht zu glimmen. Er lag auf kalten, feuchten Steinen. Der Geruch von Moder kroch ihm in die Nase.
    »Wo bin ich?«, hauchte er. Ein Schemen stand vor ihm. Er erkannte nur den Umriss, den das Licht um die fremde Gestalt malte. »Wer bist du?«, flüsterte er.
    »Endlich bist du wach. Ich weiß, wer du bist.« Die Stimme echote ihm lange in den Ohren, verzerrte sich und verebbte. »Du bist der Prinz der Freien Elfen. Meine Späher haben dich schon lange verfolgt.«
    Kaveh zog die Knie an den Bauch. Schmerz durchzuckte seinen Körper; längst wusste er nicht mehr, wie viele Schläge ihn getroffen hatten. Im Mund schmeckte er Blut.
    »Du bist ein Diener des Königs von Korr!«, flüsterte er.
    »Oh nein.« Stoff rauschte über den Boden. Die Gestalt ging in ein paar Schritten um Kaveh herum.
    »Nein.«

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