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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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aufstützte. Sie spürte die Kälte nicht. Schneeflocken rieselten ihr auf die Wange.
    Das Licht kam näher. Eine raue Hand streichelte ihren Kopf, ganz sachte.
    »Ich hasse die Menschen nicht«, hauchte Nill, oh-ne die Augen zu öffnen. In Gedanken sah sie Celdwyn vor sich, die verständnisvoll nickte. Ihre dünnen Lippen formten die Worte Ich weiß …
    Vielleicht war bereits viel Zeit vergangen. Vielleicht kniete Celdwyn aber noch immer neben ihr.
    Nill wollte sich nicht bewegen und aufstehen. Sie wollte hier, nah an die Erde gepresst, liegen bleiben.
    Erinnerungen und Gefühle durchzogen sie … Erinnerungen an Grenjo, an warme Sommertage, als sie klein gewesen war und noch nicht gewusst hatte, dass sie anders war als die anderen Menschen. Als sie durch die hohen, rauschenden Gräser gerannt war und über die Äcker, auf eine große Männergestalt zu, die schweren Schrittes aus dem Wald kam. Sie dachte an alle Menschen, die sie gekannt und geliebt hatte und die ihre Liebe nicht erwidert hatten. Agwin war ihr nie eine Mutter gewesen. Grenjo hatte sich nicht zu ihr bekannt. Im entscheidenden Augenblick hatte Scapa sie verlassen. Sie war so oft enttäuscht worden. Sie hasste sie nicht. Sie wollte sie lieben können. Sie wollte von ihnen geliebt werden.
Wieso hatte Scapa sie im Stich gelassen?
    »Nijù … Nijù! Bist du von allen guten Geistern verlassen?!«
    Lichter glommen auf, als Nill die Augen öffnete.
    Verschwommen erschien Kavehs Gesicht über ihr.
    »Was ist passiert? Bei allen Baumgeistern! Warst du bei den Hykaden?«
    Jemand griff so fest nach ihren Händen, dass sie das Gesicht verzog. Dann erst fiel ihr auf, dass der Griff nicht fest war – sondern heiß.
    »Du bist ja blau vor Kälte!«
    Zwei Arme schoben sich unter sie. Alles begann sich zu drehen, als sie hochgehoben wurde. Kavehs besorgte Stimme begleitete sie, während sie nach Hause getragen wurde und in den Schlaf glitt, und sie wachte erst wieder am Herdfeuer im Baumhaus des Königs auf.

    Wie still es war! Einzig das Heulen des Windes, der unaufhörlich um den Turm strich, drang durch die Glasfenster der
    Thronhalle. Es war, als hinge ein lang gezogenes Seufzen in der Luft, das mal lauter, mal leiser wurde, anschwoll und verebbte.
    Scapa stand vor der Thronempore und sah alles nachdenklich an. Arane war nicht da. Sie traf Vorbe-reitungen für ihren Aufbruch und war nun die meiste Zeit des Tages mit Offizieren der Tyrmäen und riesigen Landkarten in ihren Zimmern eingeschlossen.
    Während Scapa alleine war, hatte er viel Zeit zum
Nachdenken. Und jetzt, als er zur Thronempore auf-blickte, dachte er an eine Nacht, an die zu erinnern er sich in Aranes Gegenwart nicht getraut hatte. Eine Nacht, in der Nill und Kaveh bei der Empore gestanden hatten, ein Augenblick, in dem Scapa seinen Pfeil hätte feuern oder mitflüchten können … Er hatte nichts davon gehört, dass Arane sie wieder einge-fangen oder getötet hatte, aber das musste nichts bedeuten. Es war gut möglich, dass Arane es ihm verschweigen würde. Oder dass sie schlichtweg vergaß, es ihm mitzuteilen, angesichts der großen Dinge, die ihr sonst im Kopf herumschwirrten.
    Plötzlich hörte Scapa ein Trappeln auf dem Boden.
    Als er hinunterblickte, hopste ihm eine graue Ratte auf den Fuß und sah aus Murmelaugen zu ihm auf.
    »Kröte!« Er bückte sich und nahm die Ratte in die Hände, und ohne sich umdrehen zu müssen, wusste er, dass Fesco hinter ihm stand.
    »Hallo, Scapa«, sagte Fesco. Seine Stimme klang merkwürdig zittrig. Scapa wandte sich um.
    »Fesco! Ich hab dich lange nicht gesehen. Und, ahm, wie geht es dir so?«
    Fesco sah schrecklich blass aus. Er wirkte vollkommen verloren in den feinen Kleidern mit den Haken und Ösen und Knöpfen und bestickten Säumen, und die glatt gekämmten roten Haare schmei-chelten ihm nicht besonders.
    »Och, mir geht es gut«, sagte er schnell. Sein Blick irrte unruhig durch die Halle, und seine Schultern schienen ein Stück höher zu rutschen, als aber-
mals der Wind um den Turm heulte. »Die, äh, die Dienerinnen kümmern sich um alles, wirklich fabel-haft, ja. Also … ich muss gar nichts mehr tun!« Er lachte zu hoch und zu schrill. Kröte sprang Scapa aus den Händen und krabbelte auf Fescos Schulter.
    »Oh, Fesco«, murmelte Scapa. Er wollte es gar nicht; die Worte rutschten ihm so heraus.
    Fesco schien den Atem anzuhalten. Sein Kinn bebte einige Augenblicke lang, dann atmete er tief aus, und blanke Verzweiflung machte sich in seinem

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