Nybbas Nächte
einer Rotte verflohter Bastarde haben? Nein, da will sich jemand meine Firma unter den Nagel reißen. Dass Nicholas dahintersteckt und er mir nur vorspielt, für einen Höherrangigen zu arbeiten, schließe ich aus. Er weiß von dem Vorfall vor dreißig Jahren. Ja, glaub es ruhig. Er weiß, dass dieser verdammte Svalan bei der Sache draufgegangen ist. Hat mich eiskalt am Telefon gefragt, ob ich ihn umgebracht hätte, um die Fuchsfamilien zu einem großen Rudel zu einen. Gerade eben erst, kurz bevor ich dich anrief.“
Tomte perlte ein Tropften kalter Schweiß die Schläfe hinab. Nicholas hatte sein Versprechen also bereits wahr gemacht und versucht, etwas über Tomtes Vater Svalan in Erfahrung zu bringen. Er konzentrierte sich weiter auf Demjans Stimme und stellte sich die Frage, mit wem dieser telefonierte.
„Ich habe ihm die Wahrheit gesagt, was denkst du denn? Das alles ist Vergangenheit und wäre mir gleichgültig. Leider beweist seine Fragerei, dass er mit jemandem zusammenarbeitet. Ich habe mich über die Vergangenheit des Nybbas ausreichend schlaugemacht. Vor dreißig Jahren, als ich die Füchse vereinte, war er noch gebannt. Er wurde erst im Jahr darauf befreit und kam seither nie nach Island.“ Tomte sah, wie Demjan durch den Raum ging und die Hintertür aufschloss. „Nein, ich denke nicht, dass der Leviathan damit zu tun hat. Der Fürst baut auf meine Loyalität. Vielleicht ist die Dämonin, die vor einigen Jahren hier herumlungerte und meine Füchse dezimierte, seine Auftraggeberin.“ Seine Stimme wurde nun leiser, da er sich in die hinteren Räume zurückzog. „Ich bekomme es schon noch heraus. Notfalls werde ich seine kleine Freundin mal unter vier Augen befragen, die wird ohnehin noch eine Weile im Krankenhaus liegen. Verdammt, was will noch alles schief gehen dieser Tage?“
Die Tür schlug zu und Tomte und Hella warfen sich irritierte Blicke zu. Hella wies hektisch auf die Schachtverkleidung und Tomte beeilte sich, diese festzuschrauben und wiederholte in Gedanken das Gespräch, um keines von Demjans Worten zu vergessen. Es war Zeit für einen schnellen Rückzug.
Ein Knall weckte Joana abrupt aus tiefem Schlaf. Nachdem sie in der Nacht von Anfällen und Träumen heimgesucht worden war, hatte sie den ganzen Vormittag geschlafen. Nun fühlten sich ihre Augen verquollen und ihre Zunge pelzig an. Ein Blick aus dem Fenster sagte ihr, dass es Mittag sein musste, denn ein azurblauer Himmel spannte sich über Reykjavik und die Sonne brachte die Dächer der umliegenden Häuser zum Leuchten. Von der Straße aus grinsten Kinder unter bunten Wollmützen entschuldigend zu ihr hoch, ihr Fußball hatte offenbar die Fensterläden getroffen.
Nicholas war nicht da, doch er hatte ihre Sachen aus dem Hotel geholt. Im Koffer fand sie ihre Kleidung, das geliebte Black Beauty Buch und auch John-Boy, den Schrumpfkopf. Warum auch immer, aber seine Anwesenheit machte ihr Mut. Seit sie ihn besaß, war sie mehrfach als Mordopfer ausgewählt worden und es doch nie geworden. Er brachte Glück, ganz eindeutig.
Joana spielte mit dem Gedanken, ausgiebig zu baden, doch dann hörte sie im unteren Stockwerk Stimmen, die auf einen Streit hindeuteten. Zügig schlüpfte sie in Hose, Wollpullover und Socken, und ging die Treppen hinunter ins Erdgeschoss. Im Wohnzimmer diskutierten Rut, Nicholas und Elias. Sie redeten aufeinander ein, Elias schien verärgert, so blieb Joana stehen und lauschte zunächst, worüber sie sprachen.
„Du hast überhaupt keine Ahnung, worauf du dich einlässt, Nick. Du weißt nicht einmal, ob der Leviathan über die Macht verfügt, diese Verbindung zu kappen.“
„Dann werde ich es herausfinden.“ Nicholas’ Stimme.
Rut gab besorgte Laute von sich. „Der Leviathan ist der Herr über Invidia – den Neid. Du solltest dir deinen Plan noch mal gut überlegen.“
„Es ist nicht so, dass ich nicht nachgedacht habe, alte Frau“, knurrte Nicholas. Joana hörte Finger auf einer Tastatur klappern, vermutlich saß er an seinem Laptop. „Sein letzter bekannter Aufenthaltsort ist Moskau. Da werde ich es versuchen.“
Es folgten ein paar Schritte, dann wieder Elias’ Stimme. „Du verrennst dich. Das ist doch Wahnsinn, Mann!“
Auch Rut mischte sich erneut ein. „Das wird nie gelingen, Nicholas. Wir suchen einen anderen Weg.“
„Es gibt keinen anderen Weg. Gebt euch keine Mühe. Mein Flug ist gebucht.“
Elias stieß ein Schnauben aus. „Fuck! Du bringst dich für ein paar verdammte Jahre um Kopf
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