Nybbas Nächte
wie sie seine Hände anstarrte. Sie räusperte sich und konzentrierte den Blick auf ein paar gerahmte Fotos an der Wand hinter ihm.
„Mir ist klar, dass du ‘ne Mordswut auf mich hast“, sagte Elias mit sanfter Stimme. „Ich möchte nur, dass du eines weißt. Nicholas glaubte, dass du ihn abgeschrieben hattest. Wir glaubten es beide.“
„Klar.“ Nur ein Wort, doch schon das schwächelte auf ihren Lippen.
„Ich habe den ersten Moment ausgenutzt“, fuhr er fort, „aber ich wollte keinen Keil zwischen euch treiben. Das wäre überflüssig, das macht ihr schon selbst. Ich hatte bis letzte Nacht nie eine Chance bei Nick. Und ich vermute“, seine Brust hob sich unter einem lautlosen Seufzen, „es wird auch keine weitere folgen. Falls ich irre, kann ich genauso gut warten.“ Ein Blitzen, man hätte es beinahe bösartig nennen können, ließ seine Augen funkeln. „Ladies first. Du verstehst.“
Joana spürte ihren Herzschlag in der Kehle. Elias hatte recht. Er musste tatsächlich nur warten. Irgendwann würde ihr Leben enden, spätestens dann hatte er freie Bahn. Absurderweise hatte nichts Höhnisches in seiner Aussage gelegen. Es war keine Drohung, nur eine Tatsache. In gewisser Weise tröstlich. Es würde jemand für Nicholas da sein, wenn sie es nicht mehr war.
„Joana, er will nur dich. Ich würde gern was anderes sagen, aber das wäre gelogen.“
„Glaubst du?“ Ihre Stimme klang bitter in ihren Ohren. „Warum hat er mir dann nicht vertraut? Warum hat er an mir gezweifelt?“
„Ist dir vielleicht einmal der Gedanke gekommen, dass er an sich selbst zweifeln könnte?“ Elias lächelte und sah dabei schrecklich traurig aus. „Er traut niemandem. Und er weiß sehr genau, wie schwer es dir fallen muss, es zu tun. Er ist ein Monster, und er weiß, dass Menschen keine Monster lieben. Auch wir leben nicht in einer Märchenwelt. Kein Wunder, dass er der Lüge auf den Leim ging, sie war nur eine logische Konsequenz auf das, was er ist.“
„Zwischen uns war nie etwas logisch.“
Elias’ Züge wurden weich, für eine Sekunde schien er an etwas Schönes zu denken. Dann hob er die Hände an. „Wie auch? Absolut nichts in dieser Welt ist logisch, und der menschliche Geist am allerwenigsten. Aber sag das einem Dämon.“
Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber es ging ihr besser, denn sie glaubte, Nicholas nun ein wenig mehr zu verstehen. „Ich wünschte, er würde selbst mit mir reden und es erklären.“
„Er ist manipulativ, wenn er mit Worten spielt.“ Elias stieß sich von der Wand ab und ging in Richtung Wohnzimmertür. „Vermutlich will er vermeiden, dich zu beeinflussen. Du musst selbst erkennen, was du willst. Daher bleibt unser Gespräch besser unter uns.“
Joana nickte. „Danke Elias.“
„Keine Ursache. Vertrau ihm. Aber vergiss nie, was er ist. Wenn jemand wie Nicholas auf die Knie geht, dann tut er das, weil er ein zusätzliches Ass am Boden versteckt hat.“ Mit undurchschaubarer Miene reichte er ihr eine Karte. Es war die Herz-Dame. „Aber uns beiden macht es nichts aus, seine Spielkarten zu sein, hm?“
Konfus blieb Joana zurück. Sie grübelte darüber, was er ihr hatte sagen wollen. Warum nahm er ihr Zweifel und schuf sofort neue? Sollte dies eine Warnung sein? Konnte sie ihm überhaupt ein Wort glauben oder war er es, der mit ihrer Wahrnehmung spielte? Ihr fiel keine Antwort auf diese Fragen ein.
Als Nicholas wenig später zurückkehrte, erwartete sie ihn an der Tür. Abwartend sah er sie an. Joana legte ihm eine Hand auf die Brust und spürte sein Herz schneller als normal gegen ihre Haut schlagen. Fragend legte er den Kopf schief.
„Du wolltest eben meine Hand neu verbinden, aber wir wurden unterbrochen“, sagte sie leise. „Könnenwir es noch einmal versuchen?“
Niemand wollte Zeit ungenutzt verrinnen lassen, daher begann Tomtes Einsatz am nächsten Vormittag. Zunächst hatte er Hella überreden müssen, bei der Intrige gegen den Boss mitzuarbeiten, was ihm nur durch eine beschönigte Variante der Wahrheit gelungen war. Doch er brauchte sie, denn ohne ihre überragenden Computerfachkenntnisse wäre er spätestens in Demjans Büro aufgeschmissen. Der Plan stand auf wackeligen Beinen, aber Tomte war zuversichtlich, dass er gelingen würde. Nicholas und Elias hatten ihn geschmiedet. Die beiden waren mächtige Dämonen, die sich gegenüber ihren Herrschern durchsetzten und sich dazu selbst mit Feinden verbündeten. Er vertraute ihnen, denn sie würden
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