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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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dafür mehr offenes Interesse. Es stand in ihren Emotionen, wie auch in ihren großen Augen, die jeden Schritt der Besucher verfolgten, sich jedoch schnell abwandten, wenn ihre Blicke erwidert wurden.
    Tomte führte sie diesmal einen anderen Weg entlang, einen schmalen, schwach beleuchteten Tunnel, der sich spiralförmig tiefer in die Erde schlängelte. Der Gang mündete in einem runden Raum. Parkettböden, mit Intarsien geschmückte Holztäfelung an den Wänden, eine gewölbte Decke und antike Möbel prägten das Bild. Im hinteren Bereich befand sich eine Tür, an der ein Metallschild mit kyrillischen Zeichen befestigt war. Nicholas besaß nur oberflächliche Kenntnis des Kyrilliza, doch es reichte aus, um zu entziffern, dass die Aufschrift den Durchgang für Unbefugte strengstens untersagte.
    An einem runden Massivholztisch saß Demjan Choskeih über eine Aufzeichnung gebeugt, schob diese jedoch beiseite, als sie eintraten.
    „Wie schön, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind, Nicholas“, tönte sein rollender Bass.
    Der Russe erhob sich und wandte sich Joana zu, der er sich formvollendet vorstellte, bevor er einen Handkuss andeutete. Ihr Misstrauen musste Nicholas nicht erspüren, es stand ihr im Gesicht geschrieben und schwang in ihrer Stimme. Sie sagte kein Wort mehr als ihren Namen, mit einem Zögern zwischen dem Vornamen und dem falschen Nachnamen.
    „Nicholas, mein Freund, Sie haben mir nicht erzählt, dass sie sich in so reizender Begleitung befinden. Wie konnten Sie mir diese bezaubernde Dame den ganzen gestrigen Tag verschweigen?“
    Zur Hölle. Musste der jetzt Süßholz raspeln? Nicholas war kurz davor, sich für den Dämon zu schämen. So hatte er sich das nicht vorgestellt.
    „Und ganz besonders begrüße ich, dass diese Begleitung auf freiwilliger Basis beruht. Verzeihen Sie das kleine Missverständnis meines Mitarbeiters.“ Er warf dem im Gang lehnenden Tomte ein knappes Nicken zu, und wandte sich dann an Joana. „Bitte legen Sie doch ihre Mäntel ab und setzen Sie sich.“
    Nicholas übergab Tomte seine Jacke und begutachtete, wie dieser Joana mit der freien Hand aus ihrem Mantel zu helfen versuchte, wobei er ihr nur im Weg war. „Kleiner“, raunte er ihm zu, „von gewissen Kleidungsstücken abgesehen, kann sie sich selbst ausziehen.“
    Tomte errötete bis in die Ohren und rauschte davon. Joanas langer Mantel schleifte fast am Boden, so kurz geraten war der Kerl.
    „Verzeihen Sie noch einmal etwaige Unhöflichkeiten“, fuhr Demjan gelassen fort, wobei er immer noch allein Joana ansprach. „Tomte ist ein skeptischer Junge. Wir haben selbstredend von dem besonderen Talent der Bewusstseinsmanipulation Ihres … Begleiters erfahren. Ich muss offen gestehen, dass mentale Versklavung von Menschen zu den Belangen gehört, die mir nicht geheuer erscheinen. Mehr noch“, er senkte die Stimme, „ich lehne dies vollkommen ab.“
    In Joanas Mundwinkeln spielte trotz aller Nervosität eine gewisse Zufriedenheit. Nun ergriff sie das Wort. „Das ist mir überaus sympathisch, Herr Choskeih.“
    „Ach bitte, nennen Sie mich Demjan. Kaum etwas ist mir so wichtig wie die guten Beziehungen zwischen Menschen und unserer Welt der Paranormalität.“
    ‚Welt der Paranormalität?‘ Nicholas zog eine Braue hoch. Das war ja brechreizerregend.
    „Wenngleich diese in der Regel diskreter verläuft als in Ihrem speziellen Fall.“
    Ach. Sollte dies eine Art Tadel darstellen? Wenn ja, konnte Demjan sich in Nicholas’ Kopf sogleich in dielange Schlange der Klugscheißer einreihen, deren Meinung man mit Klopapier bedeckt bestattet.
    Demjan hörte überhaupt nicht mehr auf, eine Schleimspur um Joana zu ziehen, was sie mit wachsendem Amüsement aufnahm.
    „Ihr Fall, werte Joana, ist eine Rarität, tatsächlich eine grandiose Rarität. Ein Mensch in enger emotionaler Verbindung zu einem reinblütigen Nicht-Menschen ist nicht so selten, wie sie annehmen mögen. Doch für gewöhnlich basiert diese Verbindung auf einer alternativen Wahrheit, bei der die wahre Herkunft des paranormalen Parts sorgsam geheim gehalten wird.“
    So sehr Nicholas sich von dem Gesülze angeekelt fühlte, so ergiebig waren die Informationen, die er zog. Der Russe wusste demnach nicht, dass Joana eine Clerica war. Oder er wollte sie glauben machen, es nicht zu wissen. Interessant.
    „Dieser Bau ist sehr eindrucksvoll.“ Joana sah an die gewölbte, mit Zierbalken versehene Decke. „So etwas habe ich noch nie gesehen. Wie ist es Ihnen

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