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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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gelungen, all das anfertigen zu lassen, ohne dass die Menschen davon erfahren haben? Ich nehme nicht an, dass es eine Baugenehmigung gibt?“
    „Sind Sie von der isländischen Bauaufsicht oder von der Links-Grünen-Bewegung?“ Demjan schmunzelte und schwieg, da ein junges Mädchen eintrat, zierlich wie eine Puppe und mit so großen Augen wie eine Mangafigur. Sie verteilte eine Kaffeekanne, eine Flasche Mineralwasser und eine Karaffe Wein nebst Tassen und Gläsern auf dem Tisch, jeden Augenkontakt meidend. Erst als das Püppchen ohne ein Wort davongehuscht war, ergriff Demjan wieder das Wort.
    „Die Hauptgänge meiner Festung, wie ich diese Anlage gern nenne, sind schon mehrere Hundert Jahre alt. Ich habe das meiste vorgefunden, über viele Jahre hinweg ausbauen und nach und nach meinem persönlichen Stil angleichen lassen. Zu hundert Prozent von den Skröggandi, die im Übrigen dankbar waren, eine Arbeit gefunden zu haben. Südlich von hier ließ ich einen kleinen Fischereihafen umbauen, über den wir alle Werkstoffe unauffällig importieren. Glücklicherweise verfügte ich von Anfang an über ausreichend finanzielle Rücklagen für das Projekt, dennoch waren die ersten Jahre hart. Schließlich arbeitete ich zunächst mit vollkommen“, er rümpfte die Nase, „primitiven Geschöpfen, die im besten Falle vorher Bauern, Jäger oder Fischer gewesen waren. Seit ich meine Arbeitskräfte von früher Kindheit an gezielt zu Experten in den individuell erforderlichen Bereichen ausbilden lasse, hat sich alles zu unserem Vorteil entwickelt.“
    Nicholas las die Frage in Joanas Gesicht, und ebenso die Hemmung, sie auszusprechen, also tat er es:
    „Was meinen Sie damit, Ihre Arbeitskräfte gezielt auszubilden?“
    „Nun, ich kann sie kaum zur Schule schicken.“ Demjan lachte, offenbar hatte er einen Witz gemacht, den außer ihm niemand verstand. „Sie müssen das verstehen. Die Skröggandi mögen menschlich anmuten, aber das sind sie nicht. Es sind wilde Tiere, solange niemand sie in sinnvolle Bahnen lenkt und in ihre Schranken weist. Gerade die Jugendlichen geraten mir hin und wieder außer Kontrolle. Dann sind die Schafe der Nachbarn in ernster Gefahr.“
    „Mir kamen sie nicht gefährlich vor.“ Joana ignorierte den Wein, den der Russe ihr anbot, pustete stattdessen in ihren Kaffee, goss Milch hinein und ließ zwei Stücke Würfelzucker hinterherplumpsen.
    „Haben Sie keine Angst“, ließ Demjan sich vernehmen. „Normalerweise sind sie harmlos. Sie akzeptieren mich voll und ganz als ihr Alphatier.“
    Er lehnte sich über den Tisch und machte Anstalten, ihre Hand zu tätscheln. Jetzt war endgültig Schluss mit lustig. Nicholas warf Choskeih einen Blick mit der Aussage ‚letzte Warnung!’ zu. Der zog seine Finger zurück. Sein Glück. Er konnte diesen aufgeblasenen Gockel von Sekunde zu Sekunde weniger leiden.
    „Fakt ist aber“, sprach Choskeih eilig weiter, „dass sie konsequenter Führung dringend bedürfen. Sie bleiben dumm und oberflächlich, wenn man ihnen gestattet, sich wie Menschen breit gefächert zu bilden. Das Potenzial ihrer Gehirne ist dafür nicht ausgerichtet. Konzentriert man ihre Entwicklung aber von früher Kindheit an punktiert auf einen Bereich, werden sie wahre Experten auf ihrem Gebiet.“
    „Ähnlich dem Savant-Syndrom?“, fragte Joana, doch der Klugscheißer konnte mit dem Wort offenbar nichts anfangen, daher machte sie es ihm leichter. „Eine Inselbegabung?“
    „Ja, so könnte man es nennen. Man muss sie von klein auf an ihre spätere Aufgaben gewöhnen, sonst …“ Choskeih seufzte und Joanas Augenbrauen schossen in die Höhe.
    „Sonst?“
    „Sie können es an Tomte beobachten. Der Junge wuchs in Deutschland bei Menschen auf, die versuchten, ebenfalls einen Menschen aus ihm zu machen. Leider ist er dadurch von überwältigender Begabungslosigkeit und taugt nur zum Mädchen für alles. Was schade ist. Schade für ihn, denn sein Potenzial wäre sicher groß gewesen.“
    Nicholas warf einen Blick auf die Uhr und zog sein Zippo aus der Tasche, um es gelangweilt auf- und zuschnappen zu lassen. Klick-klack. Hübsch. Vor allem, da es Demjan zu nerven schien. Klick-klack, klick-klack.Dem Gespräch über die halbdämonischen Skröggandi wohnte er nur noch mit einem Ohr bei. Inzwischen war er überzeugt, dass der Wohltäter längst nicht so selbstlos war, wie er sich gab. Joana jedoch schien fasziniert, und so war zumindest dieser Teil seines Plans, ihr die Hölle für besser zu

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