O diese Rasselbande
still.
Er spielt einen heiteren Tanz. Nun sieht er auch die Gesichter der Zuschauer. Er hat alle Unsicherheit verloren.
Wieder rauscht der Beifall auf. Er verbeugt sich und zieht sich langsam zurück. Zwischen den Kulissen stößt er gegen Herrn Weilands Bäuchlein. Der legt ihm sehr ernst für einen Augenblick die Hand auf den Kopf.
„Der Weg eines Künstlers ist sehr schwer“, sagt er, „aber du solltest ihn gehen.“
Fips sieht seinem Lehrer fest in die Augen.
„Ich werde ihn gehen“, antwortet er.
Schon bricht die Rasselbande über sie herein. Mit Hallo beglückwünschen sie ihn. Vaddi fischt sich ihn heraus. „Kommt, Kinder“, sagt er, „nach dieser Aufregung und diesem Erfolg wollen wir uns erst einmal stärken. In der Prima sind Erfrischungen für uns bereitgestellt.“
Das ist ein erlebnisreicher Abend, nicht nur für die Schüler, auch für ihre Lehrer und Eltern.
In der Zeitung steht am anderen Tag ein ausführlicher Artikel über den Elternabend mit dem Wunsch, daß noch viele solche Abende folgen mögen.
Und wieder geht es ein ganzes Stücklein weiter mit dem Bau.
IX
Es ist einer von den ganz friedlichen Sonntagnachmittagen. Seit langer Zeit ist die Rasselbande mal wieder in ihren Jagdgründen versammelt und tummelt sich auf der Spielwiese. Die Wochentage sind so angefüllt mit Ereignissen, daß ihnen keine Zeit für ihre Spiele auf der Wiese und im Wald geblieben ist. Auch nach den Großen Ferien sind sie während der Wochenenden am Neubau vollauf beschäftigt, denn sie lassen sich von ihrem Recht, überall mit dabei sein zu dürfen, nichts nehmen. Aber die Sehnsucht nach der Burg und den Plätzen, an denen sie ihre ersten glücklichen, freien Tage verlebten, ist doch immer größer geworden. Sie möchten einmal wieder ganz unter sich sein, ohne die vielen fremden Jungen, mit denen sie jetzt jede Stunde außerhalb der Schule Zusammenarbeiten.
Unter Leitung von Onkel übt eine Gruppe mit der Armbrust. Sie sind jetzt alle gute Schützen und treffen auf 40 Schritte immer noch ins Schwarze.
Timm und Jule üben für das Herbstfest einige besonders schwierige Übungen am schwingenden Reck, und Bodo trainiert auf Seidenhaar. Unermüdlich geht es um die Reitbahn herum und über die Hürde. Er ist immer mehr davon überzeugt, daß er zum Kunstreiter geboren ist.
Silke sitzt auf dem Söller und liest. Neben ihr liegt Bella, die Schnauze auf den Vorderpfoten; ihre sanften, braunen Augen sind unentwegt auf ihre kleine Herrin gerichtet.
Berry schnüffelt im Turmzimmer herum und sucht nach Dingen, die man zerreißen könnte. Es ist ihm zu langweilig geworden, sich auf Bella herumzuwälzen und ihr in die Ohren zu beißen. Bella ist heute nicht aus der Ruhe zu bringen, und Berry braucht etwas, woran er sich auslassen kann.
Helmut sitzt auf dem kleinen Hocker in Silkes Nähe und vervollkommnet die Skizze eines uralten Eichenbaumes, den sie ihm im Wald gezeigt hat. Er ist ganz vertieft in seine Arbeit. Silke schaut ab und zu über seine Schulter auf den Baum, der unter seinem Stift mit allen Feinheiten entsteht. Wunderschön, wie Helmut die mächtige Krone auf dem Blatt festgehalten hat.
Auf der Ballustrade sitzt Fips in luftiger Höhe, das geliebte Akkordeon auf den Knien, und unter seinen Händen klingt leise eine Melodie auf.
„Über die Heide geht mein Gedenken“
spielt Fips und schaut den weißen Wolken nach, die über ihnen dahin ziehen. Er kann den tollsten Hott auf das Parkett legen, darin ist er Meister. Man kann sich ganz schief und krumm lachen, wenn er so angibt. Aber manchmal, wenn alles so ganz friedlich um ihn und in ihm ist, überkommt ihn eine uferlose Traurigkeit. Vielleicht kommt es von der Sehnsucht, die ihn manchmal packt, aber er weiß nicht, wonach er sich sehnt und wohin es ihn zieht. Es ist nur da und es drückt ihm auf die Brust.
In solchen Stunden liebt er Löns, und es sind die zartesten Melodeen, die er dann aus dem Akkordeon hervorzaubert.
„Über die Heide geht mein Gedenken
Annemarie, Annemarie -“
Fips war noch nie in der Heide, aber er will einmal dorthin. Wie das wohl sein muß, wenn man ganz weit sehen kann, ganz weit, und kein Berg einem die Sicht versperrt? Gelben Ginster gibt es dort und schlanke Birken, die an der Landstraße stehen. Fips hat es schon auf Bildern gesehen. Bäume stehen in der Heide, wie man sie manchmal auf Friedhöfen sieht, und die Wolken hängen tief und schwer darüber. Man müßte sie greifen können, die Wolken.
Fips
Weitere Kostenlose Bücher