Oase der Versuchung
Fruchtaromen angereicherten Tabak aus mit Wasser gefüllten Sheeshas.
Im angenehm warmen Licht vieler polierter Öllampen wallte der Rauch in Wolken – wie Geistererscheinungen, die sich zusammenfügten und wieder auflösten. Auf dem Boden lagen kostbare handgewebte Teppiche, und die Wände waren mit feinsten Arabesken verziert. Durch die Fenster, die teilweise geöffnet waren, drangen die kühle Abendluft und das silberne Mondlicht herein. In einem wahren Meer von Sitzkissen standen niedrige Holztischchen, tableyahs , auf denen bald gegessen werden sollte. Auf einem Podest an der anderen Seite des Raumes spielten die Musiker ihre rhythmusbetonte Musik, die ins Blut ging.
„Das Instrument, das wie ein Tambourin aussieht, wird reg genannt“, erklärte Hassan. „Und das doff entspricht in etwa einer Basstrommel. – Siehst du die hohen Trommeln, die an Vasen erinnern? Das sind darabukkahs …“
Fasziniert hörte Talia zu. Längst hatten die mitreißenden Rhythmen Besitz von ihr ergriffen. Sie fühlte sich beschwingt und wie berauscht. Während sie mit Hassan auf eine Kissengruppe zuging, spürte sie, wie die Musik ihren ganzen Körper belebte. Es war, als würde immer mehr Energie sie durchfluten, die sich mit aller Macht Bahn brechen wollte und sie förmlich dazu drängte, sich ausgelassen zu bewegen.
Plötzlich nahm Hassan sie bei der Hand und fing an, mit ihr zu tanzen. „Komm, ya nadda jannati. Feiern wir, dass wir noch am Leben sind. Und dass es hier so schön ist.“
Und dass wir zusammen sind, hätte sie am liebsten hinzugefügt.
Sie tanzte, wie aus Fesseln befreit, die sie ihr Leben lang behindert hatten. Mit ihm folgte sie dem schnellen Rhythmus und zugleich ihrer ureigensten inneren Melodie. Sein und ihr Herz schlugen im selben Takt.
Irgendwann befanden sie sich inmitten anderer Tänzer. Die jungen Männer wirbelten um die Tänzerinnen, die sich anmutig wie Blüten im Wind bewegten.
Talia empfand nichts so intensiv wie Hassans Nähe, und die Welt um sie herum schien zu verschwimmen. Seine Blicke und Berührungen sprachen sie so tief an. Und wie durch eine tiefe Übereinkunft harmonierten ihre Bewegungen miteinander, als wären sie abgesprochen.
Nach einer Weile bemerkte Talia, dass alle angefangen hatten zu singen. Kurz darauf sang sie mit. Weder die Melodie noch der Text bereiteten ihr Probleme, obwohl sie kein Wort verstand.
Hassan tanzte verhaltener und flüsterte ihr etwas ins Ohr – schon allein sein Atem jagte ihr wohlige Schauer über die Haut. „Alles, was vor dir war, zählt nicht.“
Talia durchzuckten diese Worte beinahe schmerzhaft.
Hassan zog sie näher an sich. „Koll shai gablek addaw daa.“
Das sangen sie. Er hatte nur übersetzt.
Nein! Er meint es wirklich. Auch wenn die wunderschöne Umgebung zu solchen Äußerungen verführt – ich weiß, dass er es nicht einfach so dahingesagt hat.
Als die Musik abrupt endete, setzte Stille ein und damit eine gewisse Ernüchterung. Doch Talia wollte, dass dieser glückliche Abend nie ein Ende nahm.
Aber natürlich wusste sie, dass das nicht ging. Sie konnte nichts weiter tun, als jeden Moment genießen, um nie wieder zu vergessen …
Sie sah Hassan an. Er erwiderte den Blick stürmisch und sehnsuchtsvoll. Seine Energie und Intensität irritierten sie einen Moment lang. Er beugte sich zu ihr und hob sie hoch.
Eifrige Menschen wiesen auf den Ehrenplatz, der für sie beide bestimmt war. Talia versuchte, wieder den Boden zu erreichen, aber Hassan ließ sie nicht herunter. Am liebsten hätte sie ihr Gesicht an seine Schulter geschmiegt, um der Situation zu entkommen. Was sollten die Leute denken, nachdem sie auch noch so wild getanzt hatte?
Als sie auf ihren Kissen saßen, reichte Hassan ihr Wasser und Rosenessenz, maward genannt. Dann schälte er reife Datteln und gab sie ihr zu essen, indem er sie ihr zum Mund führte. Talia musste sehr an sich halten, um nicht etwas Peinliches zu tun, wie zum Beispiel an seinen Fingern zu lecken und zu saugen. Oder die Hand tiefer gleiten zu lassen …
Als ihr von diesen Vorstellungen – und von ihrer Zurückhaltung – fast schwindlig wurde, sagte sie mit vollem Mund: „Du weißt aber schon, dass ich völlig wiederhergestellt bin und nicht verwöhnt werden muss, oder?“
„Du hast dich bei unserem Gewaltmarsch ziemlich verausgabt.“
„Ach was“, sagte sie, machte eine abwehrende Handbewegung und lachte. „Ich sammle schon Kräfte für das nächste Mal.“
Er lächelte, goss duftenden
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