Ob das wohl gutgeht...
gewöhnlich als unordentlich bezeichnet, und wie durch Zauberei schienen sie immer wieder zu verschwinden. Diesmal hatten glücklicherweise die Bauarbeiter, die bis zuletzt an der Vervollständigung unseres Hauses gearbeitet hatten, eine reiche Auswahl von Werkzeugen in der Diele liegengelassen. Ich stieß mit dem Fuß die Glasscherben rund um den Werkzeugkasten weg, in dem die Werkzeuge so ordentlich wie in einem chirurgischen Besteckkasten beisammen lagen, und wählte dann einen Hammer, um zu entfernen, was von der Glasplatte noch übriggeblieben war.
Ganz in meine Arbeit vertieft, hämmerte und pochte ich, entfernte jedes Splitterchen, fegte die Scherben auf, welche ich in die Mülltonne warf (wie praktisch, dachte ich, daß sie vor der Tür steht, genau dort, wo man sie braucht!), und entdeckte ein Stück Pappe von der beinahe richtigen Größe, das ich in den Türrahmen nageln wollte, als ich merkte, daß man mich beobachtete.
Zwei Türen weiter, in Wirklichkeit aber nicht mehr als zehn Meter entfernt von unserem Eingang, lehnte ein Chauffeur in kastanienbrauner Uniform gegen einen Rolls-Royce von derselben Farbe. Als ich ihn zufällig anschaute, nahm er die verschränkten Arme herunter, hauchte auf den Kotflügel, gegen den er sich gelehnt hatte, polierte mit seinem Taschentuch an dem Fleck herum und kam dann auf mich zu.
»Dämliches Volk«, sagte er.
Ich schluckte nur und hielt die Papptafel vor mich hin.
»Erst heute eingezogen, nicht wahr?«
Ich nickte.
»Dämliches Volk. Is’n Arzt, nicht wahr?«
Ich wurde mir plötzlich meines Arbeitsanzuges bewußt.
Ich nickte nochmals.
Er sah auf die Uhr. »Überstunden, was?«
Ich nickte.
»Dämliches Volk.«
Die Unterhaltung begann eintönig zu werden.
»Was für ’ne Sorte is er denn? Doktor, meine ich.«
Ich stützte mich mit der einen Hand auf die Pappe und schob die Mütze zurück, die meinen Kopf so wirkungsvoll bedeckte.
»Oooh«, sagte er verstehend, »einer von denen.«
Ich war glücklich, daß die Botschaft angekommen war, und hoffte, er würde sie in der Nachbarschaft weitertragen. Ich wußte, daß es keine Ruhe geben würde, wenn erst einmal durchgesickert war, daß hier ein praktischer Arzt wohnte.
»Spezialist?« fragte er. »Ich meine, hat er sich auf etwas Bestimmtes spezialisiert?«
Ich blickte verstohlen die Straße hinunter.
»Sex!«
Er nahm die kastanienbraune Schirmmütze ab und wischte sich die Stirn mit dem gleichen Taschentuch, mit dem er zuvor den Wagen geputzt hatte. Dieses Wort gab bisher immer einer Unterhaltung eine neue Wendung. Diesmal war es nicht anders.
»Und sie schreibt«, sagte er kenntnisreich und beobachtete, wie ich die Papptafel in die richtige Position brachte. »Eine von diesen alten Schachteln mit Haarknoten und Rosenkranz, vermute ich.«
Ich hoffte nur, daß Sylvia nicht zuhörte.
»Meine ist beim Fernsehen«, sagte er mit lässigem Stolz. »Olivia Duke. Sie singt. Wette, Sie haben sie schon mal gesehen?«
Ich nickte, den Mund voller Nägel.
»Die ist in Ordnung. Er auch.«
Er drehte sich zu mir um und blickte die Straße ’rauf und ’runter. »Nicht verheiratet!« sagte er ebenso voller Mißbilligung wie Stolz. »Er läßt sich nicht von ihr scheiden. Alle denken, sie sind’s. Verheiratet. Aber sie sind es nicht. Er ist auf der Bühne. Shakespeare und
»Doch nicht Lionel Duke?« fragte ich überrascht und hätte beinahe einen Nagel verschluckt.
»Sie stehen wohl auf so was?« sagte er überrascht. »Ich hätte nicht gedacht, daß es viele Leute gibt, die das tun; nicht heutzutage. Trinkt. Nun, beide tun es, genau gesagt. Aber es geht mich ja nichts an. Zu mir sind sie sehr anständig, sehr großzügig. Tja, und im nächsten Haus, also zwischen meinen Leuten und Ihren, da sieht es verdammt anders aus...«
»Liebling!« Sylvias Stimme drang vom Obergeschoß hinaus auf die Straße.
Ich schlug mit aller Lautstärke einen Nagel ein.
»Liebling!«
Ich hämmerte noch lauter darauf los.
»Wette, sie hat ihren verdammten Bleistift abgebrochen!«
»Liebling!« Diesmal flog das Wohnzimmerfenster auf, und Sylvias schönes, aber böses Antlitz erschien und blickte direkt zu mir herunter. »Tut mir leid, deine Unterhaltung unterbrechen zu müssen. Bist du vielleicht taub oder so etwas? Es ist schon spät, und ich mache mir Sorgen wegen Eugenie...«
Als ich mich umschaute, war er bereits gegangen und lehnte mit gekreuzten Armen gegen den Rolls-Royce, als hätte er immer dort gestanden.
Eugenie
Weitere Kostenlose Bücher