Ob das wohl gutgeht...
überfahren hätte. Ich hatte nach einem Fußgänger Ausschau gehalten und erkannte ihn erst in letzter Minute, denn er mühte sich ab, seine imposante Gestalt, die Times unter dem Arm, auf einem uralten Fahrrad in Balance zu halten. Er dankte mir überschwenglich für sein Frühstück, brachte das Päckchen zusammen mit Regenschirm und Times (er hatte offensichtlich keine Fahrradtasche) in die richtige Lage und radelte die Straße hinunter. Ich fragte mich, ob wir nicht vielleicht doch in eine Siedlung von Verrückten geraten waren.
Ich hatte gehofft, daß Fred bereits die Hälfte der Patienten versorgt hätte. Zu meiner Überraschung entdeckte ich aber beim Einbiegen um die Ecke eine murrende Schlange wartender Menschen, die bis zu den Stufen des Wartezimmers standen, wo sich manche niedergesetzt hatten, jedoch kein Zeichen von Fred. Auf meine Fragen wurde mir ziemlich unfreundlich mitgeteilt, daß die Sprechstunde noch immer nicht begonnen habe, obwohl es beinahe zehn Uhr sei, und daß Dr. Perfect, wie einer der Wartenden meinte, zwar erschienen, dann aber sofort wieder verschwunden sei.
Ich schloß die Tür zum Wartezimmer mit meinen Schlüsseln auf, die ich glücklicherweise mitgenommen hatte, und lief, während die Patienten hereinströmten, durchs Haus, um Fred zu suchen.
Ich läutete an der Haustür, doch es kam keine Antwort. Ich läutete nochmals. Ich wurde ärgerlich. Ich hätte ihn doch nicht als Partner aufnehmen sollen, hätte ihm niemals das Haus verkaufen dürfen, hätte nicht umziehen dürfen, hätte niemals... Ich warf auch einen Blick in die Garage. Freds Wagen stand drin. Und in ihm saß Fred, in herzlicher Umarmung mit Barbara Basildon.
Auf das höchste verärgert, lief ich zornig durch das Wartezimmer in mein Sprechzimmer zurück und drückte auf den Knopf, um den ersten Patienten hereinzurufen.
Gegen zwölf Uhr, als wir eigentlich bereits unsere Visiten besprochen haben sollten, war das Wartezimmer endlich leer. Ich war völlig erschöpft und litt unter gräßlichem Kopfweh, und als Fred die Güte hatte, endlich aufzutauchen, fuhr ich auf ihn los. Er lehnte sich lässig gegen eine Reproduktion von Van Goghs »Apfelgarten in Arles«, während ich ihm vorwarf, daß er im Auto mit Barbara Basildon poussiert habe.
»Was habe ich gemacht?« fragte er erregt genug, um die Hände aus den Taschen seiner erbsgrünen Hosen zu nehmen.
»Poussiert. Ich könnte Sie wegen unmoralischen Verhaltens hinauswerfen.«
»Mann«, sagte Fred lachend. »Sie müssen sich mal richtig ausschlafen. Ich werde mich hier um die Praxis kümmern. Gehen Sie heim in Ihr kleines Lorbeerbaumnest und lassen Sie Fred nach allem sehen.«
»Einschließlich Barbara Basildon«, sagte ich und stand auf.
Er gab mir einen leichten Stoß. »Setzen Sie sich, Mann, und hören Sie mir gut zu.«
Ich stützte meinen schmerzenden Kopf auf die Hände.
»Um halb neun heute früh«, sagte Fred, »bekam Sandra Whites Blinddarm ein Loch. Ich lief aus dem Haus und warf in der Eile die Tür hinter mir zu, ohne die Schlüssel mitgenommen zu haben, weil ich nicht gewöhnt bin, sie bei mir zu tragen. Um Viertel nach neun, als sie mit dem Krankenwagen ins Hospital gebracht worden war -keine einfache Aufgabe übrigens, Mann -, kam ich zurück und fand hier die verärgerten Horden vor dem Wartezimmer vor...«
»Und was war mit Lulu?«
»Lulu hat Migräne. Ihr Mann rief an und entschuldigte sie.«
»Und weiter.«
»Ich hatte keine Möglichkeit, in das Sprechzimmer hineinzukommen. Deshalb beschloß ich, auf Sie zu warten, Mann. In der Zwischenzeit...«
»Zwischenzeit?«
»...habe ich so viele Patienten, wie ich nur konnte, im Wagen behandelt.«
Ich schnaufte.
»In dem Augenblick, als Sie hereinschauten und mich suchten«, sagte Fred, »habe ich vermutlich -gerade Barbara Basildon behandelt.«
»Ich vermute, daß Sie das taten. Worüber hat sie denn geklagt, daß sie solch intensive Behandlung brauchte?«
»Der Zufall wollte es«, sagte Fred, der nun wieder seine lässige Haltung eingenommen und die Hände in die Hosentaschen zurückgesteckt hatte, »daß ich in diesem Augenblick gerade ihr Ohr untersuchte.«
14
Rückblickend erscheint das alles ganz lustig. Aber damals war ich nicht in der Stimmung, darüber zu lachen. Ähnlich erging es Sylvia.
Als ich in das Lorbeerbaumhaus zurückkehrte, um das zweite Brathühnchen innerhalb von zwei Tagen zu verspeisen, merkte ich, daß etwas nicht stimmte. Sylvia zog >ihr Gesicht<. Es
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